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„Anne Will“ zu Sachsen-AnhaltAfD-Chef regt sich über Grüne auf – Habeck wird deutlich

Lesezeit 5 Minuten
Anne Will Habeck

Robert Habeck (r.) bei Anne Will

Die Wählerinnen und Wähler in Sachsen-Anhalt haben am Sonntag mit Abstand die CDU und Ministerpräsident Reiner Haseloff zum Wahlsieger gemacht. Sie wollten nicht das erste Bundesland sein, in dem die AfD die stärkste Kraft wird. Im TV-Talk mit Anne Will am Sonntagabend in der ARD wurde das Wahlergebnis besprochen – und debattiert, ob es als Stimmungsbild für die kommende Bundestagswahl im September herhalten kann.

Das Thema bei „Anne Will“

Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt gilt als Stimmungsbarometer für die im September anstehende Bundestagswahl. Welche Erkenntnisse und Folgen werden die einzelnen Parteien für die Bundestagswahl im September 2021 daraus ziehen? Und was bedeutet die Wahl in Sachsen-Anhalt für die Kanzlerkandidaten Scholz, Baerbock und Laschet?

Die Gäste

Der CDU-Politiker Volker Bouffier, Ministerpräsident von Hessen und stellvertretender Parteivorsitzender, betonte: „Das ist ein großer Erfolg für Reiner Haseloff und die CDU in Sachsen Anhalt. Das muss man uneingeschränkt sagen. Ich räume ganz offen ein: Ich hätte dieses Ergebnis so nicht erwartet. Das ist ein Schub, auch für die ganze Union.“

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Die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht (Die Linke) erklärte, warum ihre Partei in Sachsen-Anhalt an Stimmen verloren hat: „Wir haben da ja auch wirklich eine enorm couragierte Spitzenkandidatin gehabt, die hat einen wirklich guten Wahlkampf gemacht. Sie hat natürlich gegen einen negativen Bundestrend (...) keine Chance.“ Es sei ihrer Meinung nach jedoch nicht nur ein Ostproblem, dass sich viele Menschen in Deutschland von der Politik im Stich gelassen fühlen. Dass diese Menschen allerdings nun nicht für die Linke wählten, habe etwas mit dem „Label Links“ zu tun. Für viele stehe dieses nicht mehr für das Streben nach mehr sozialer Gerechtigkeit, sondern eher für Selbstgerechtigkeit.

Robert Habeck, Parteivorsitzender der Grünen, kommentierte das Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt als „gutes, stabiles Ergebnis“, das nicht auf die Bundesebene übertragbar sei. „Ein bisschen mehr hätte es sein können“, ergänzte er. Es sei „nicht außergewöhnlich“, dass andere Parteien auf den letzten Metern zugunsten der Amtsinhaber an Stimmen verlieren würden. „Die Debatte, wie sie geführt wurde, um den Benzinpreis, hat sicherlich nicht geholfen“, gestand Habeck zudem. Wichtiger finde er jedoch bei einer Diskussion um ein ostdeutsches Bundesland, wo sich die AfD als eine starke Kraft etablierte: „Deutschland hat noch keine Antwort auf diese sehr stark auseinanderfallenden gesellschaftlichen Debatten gefunden.“

„Das ist ein sensationelles Ergebnis, das wir erzielt haben“, sagte wiederum der Talkshowgast Tino Chrupalla, Parteivorsitzender der AfD und Spitzenkandidat für die Bundestagswahl. „Wir haben wieder über 20 Prozent erzielt, haben das Ergebnis fast gehalten. Sicherlich haben wir uns mehr gewünscht“, sagte er. Der Wählerwille sei seiner Einschätzung nach erkennbar: Die Bürger wollten ein Regierung zwischen CDU und AfD. Bei den Themen der Grünen sei nicht erklärbar, wie sich die Bürger „das“ noch leisten könnten, betonte Chrupalla darüber hinaus.

Auch eine Journalistin diskutierte mit: Nadine Lindner ist Korrespondentin im Deutschlandradio-Hauptstadtstudio. Die AfD habe „kein Konzept für den Osten“, die Partei „tut nur immer so“, hieß ihre Analyse unter anderem. Die wichtigste Erkenntnis für die CDU und die Grünen sei sei ihrer Meinung nach: „Der Abgrenzungskurs der CDU zur AfD zahlt sich auch machtpolitisch aus. Was die Grünen noch mitnehmen können: Man muss sich das noch einmal anschauen, welche Rolle diese handwerklichen Fehler von Frau Baerbock gespielt haben – Stichpunkt Lebenslauf, die Korrekturen, die es da gab.“

Das Zitat des Abends

Oftmals sind die Talkshowgäste nicht im Hier und Jetzt geblieben, sondern reflektierten über die vergangenen 30 Jahre deutsch-deutsche Geschichte. Herausgefordert hatte diese Überlegung nicht zuletzt eine junge Äußerung des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU): Ende Mai erregte er Aufsehen mit der Aussage, ein Teil der ostdeutschen Bevölkerung habe „gefestigte nicht demokratische Ansichten“.

Während die anderen Gäste bei den komplexen Themen rund um Westdeutschland, Ostdeutschland und welche Unterschiede es heute noch gibt, ins Straucheln kamen, sagte der CDU-Politiker Bouffier klipp und klar: „Ich halte immer dafür, dass wir die Menschen jetzt nicht einteilen – in die im Osten und die im Westen. Wir sind ein Deutschland.“

Emotionalster Moment

Die Diskussion blieb zunächst ziemlich ruhig. Gegen Ende der Sendung wurde es dann doch noch laut – als Habeck zu erklären versuchte, dass die Grünen auch Sozialpolitik können. Dafür erläuterte er das Konzept der Grünen dazu, wie den Bürgern die erhöhte CO₂-Steuer zurückgegeben werden soll. „Das wird für viele Haushalte ein Plus sein. Man kann dann, anders als heute, mit Klimaschutz Geld verdienen“, so Habeck. Wie dieses Konzept genau aussieht, war jedoch schwer zu verstehen – vor allem, weil ihm die anderen Gäste unentwegt ins Wort fielen.

Am lautesten der AfD-Politiker Chrupalla: „Aber wer soll das denn bezahlen?“ rief er dazwischen, oder „Das versteht doch niemand, was Sie erklären“. Daraufhin platzte es aus Habeck raus: „Sie haben ein doppeltes Problem: Erstens, Sie hören mir nicht zu und zweitens, Sie wollen es nicht verstehen“, schimpfte er. Auch Moderatorin Will sagte nun: „Ich hatte es verstanden, aber es ist keine knackige Formel, ehrlich gesagt“.

Fazit

Spannend verlief die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt – vor allem, weil sie nur wenige Monate vor den Bundestagswahlen stattfand. Für die Politiker waren die Wahlergebnisse aufschlussreich und auch für die Bürgerinnen und Bürger. Bei „Anne Will“ haben Politiker wie Robert Habeck Eingeständnisse zu ungeschickten politischen Äußerungen gemacht. Nun ist Handlung gefragt: Dass die Grünen auch Sozialpolitik können, könnten sie noch vor den nächsten großen Wahlen beweisen. CDU-Politiker Volker Bouffier zeigte sich wiederum entspannt und zuversichtlich – sicherlich durch den Erfolg in Sachsen-Anhalt.

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