Scholz zu Besuch bei BidenReden über das republikanische „Raubtier“

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Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) im Gespräch mit US-Präsident Joe Biden

Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) im Gespräch mit US-Präsident Joe Biden

Scholz tritt mit selbstbewusster Ansage auf: Die USA müssten mehr für die Ukraine tun. Die Aufforderung richtet sich aber nicht an Joe Biden.

Olaf Scholz hat den Spieß zu Beginn seines USA-Besuchs einmal umgedreht. Nicht wie so oft in der Vergangenheit ruft Washington Berlin zu größeren verteidigungspolitischen Anstrengungen auf, sondern umgekehrt. Bei seinem kurzen Arbeitsbesuch wirbt er eindringlich dafür, dass die Verbündeten die von Russland überfallene Ukraine weiter massiv unterstützen.

Was die USA betrifft, richtet sich das allerdings nicht an Präsident Joe Biden, sondern an die von Donald Trump gelenkten Republikaner im US-Senat. An ihnen ist ein Gesamtpaket für Grenzschutz sowie Ukraine- und Israel-Hilfen gescheitert – und damit vorerst die Bereitstellung von 60 Milliarden US-Dollar für die Ukraine, auf die deren Präsident Wolodymyr Selenskyj zur Rettung seines Landes so dringend angewiesen ist.

Mögliche Trump-Rückkehr sorgt für Unruhe

Trump, Trump, Trump – Scholz trifft den Ex-Präsidenten nicht, der vermutlich gegen Biden bei der Wahl im November antreten wird. Aber dessen mögliche Rückkehr ins Weiße Haus sorgt schon jetzt für Unruhe unter Verbündeten. Trump wird nicht nur zugetraut, dass er im Falle seiner Wiederwahl die USA aus der Ukraine-Hilfe abzöge, sondern auch aus Teilen der Nato. Dann hat Europa ein Problem. Zwei Drittel der Nato-Leistungen liefern immer noch die USA.

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Es ist Scholz´ dritter Besuch als Bundeskanzler bei Biden. im Weißen Haus. 24 Stunden ist er in der Stadt, Das Verhältnis der beiden Politiker gilt als freundschaftlich und vertraut. Scholz schätzt Biden als verlässlichen und weitsichtigen Partner. Die enge Abstimmung mit ihm in internationalen Fragen ist dem Sozialdemokraten enorm wichtig. Und Deutschland ist für die USA seit dem EU-Austritt Großbritanniens erste Anlaufstelle innerhalb der Europäischen Union.

Scholz´ eher ruhige Art Politik zu machen, liegt Biden. In Washington wird gesehen, dass Deutschland mit Abstand der größte Unterstützer der Ukraine in der EU ist. Die Bundesregierung beziffert ihre Militärhilfe auf insgesamt 30 Milliarden Euro seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022, Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre eingeschlossen.

Biden leistet sich erneuten Lapsus

In einem bemerkenswerten Gastbeitrag für das „Wall Street Journal“ ermahnt er die europäischen und amerikanischen Verbündeten, alles zu unternehmen, um einen Sieg Russlands über die Ukraine zu verhindern – sonst werde die Welt noch bedrohlicher sein als zu Zeiten des Kalten Krieges. In für ihn ungewöhnlich drastischen Worte schreibt Scholz zudem: „Weitere Länder würden Gefahr laufen, einem nahen Raubtier zum Opfer zu fallen.“

Dass Biden in jüngster Zeit mehrfach mit Versprechern aufgefallen war, macht die Bundesregierung tunlichst nicht zum Thema. Der 81-Jährige hatte etwa Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron mit François Mitterrand verwechselt. Er korrigierte sich zwar schnell – Mitterrand ist vor fast 30 Jahren gestorben. Aber er hatte ihn auch noch als deutschen Staatschef bezeichnet. Der zweite Lapsus unterlief ihm, als er Angela Merkel und Helmut Kohl durcheinander brachte. Am Donnerstagabend bezeichnete er auch noch den ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi als „mexikanischen Präsidenten“.

Die Gesprächsthemen neben der Ukraine sind der Nahost-Konflikt, die Angriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz gegen Handelsschiffe im Roten Meer, das 75-Jahr-Jubiläum der Nato im Juli in Washington und die massiven Investitionen und Subventionen der USA in die eigene Wirtschaft. In Europa wird darin eine Gefahr gesehen, dass Firmen abwandern, weil sie in den USA Konditionen vorfinden, die ihnen ihre eigenen Länder nicht bieten können.

Scholz bei Diner mit Trumps Republikanern

Am Donnerstagabend traf sich Scholz zum Diner mit Kongressabgeordneten von Trumps Republikanern und Bidens Demokraten. „Der Bundeskanzler hat überhaupt keine Berührungsängste gegenüber prominenten republikanischen Abgeordneten, auch nicht gegenüber solchen, die weiteren Hilfen für die Ukraine kritisch gegenüberstehen“, hieß es in Regierungskreisen. Am Freitagmorgen stand ein Frühstück mit hochrangigen Unternehmerinnen und Unternehmern auf dem Programm.

Einige Bekannte US-Politiker wird Scholz schon in einer Woche wiedersehen: Zur international renommierten Münchner Sicherheitskonferenz wird eine große Kongressadelegation erwartet. Und Scholz auch. Hauptthema wird die Hilfe für die Ukraine sein. (rnd)

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