SplitterparteienMaaßens Werteunion ist keine CDU-Konkurrenz – aber sie bringt ein neues Problem

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Der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen strebt seine eigene Partei Werteunion an.

Der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen strebt seine eigene Partei Werteunion an. (Archivbild)

Mit der angestrebten Parteigründung der Werteunion ist die CDU zumindest Hans-Georg Maaßen los. Und dass die Partei eine bedeutende Konkurrenz zur Union darstellen könnte, glaubt kaum jemand in der CDU. Doch die Christdemokraten fürchten ein anderes Szenario.

Als bekannt wurde, dass die Werteunion eine Partei gründen will, war in der CDU erst mal Erleichterung zu vernehmen. Immerhin werde das Ausschlussverfahren gegen deren Chef, Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, dann schnell vorbei sein, hieß es. Die Partei will Maaßen schon länger loswerden.

Da das CDU-Statut die gleichzeitige Mitgliedschaft in einer anderen Partei verbietet, wird das Verfahren nun endgültig erfolgreich sein. „CDU-Mitglieder, die weiter der sogenannten Werteunion angehören, müssen die CDU verlassen oder haben mit einem Ausschlussverfahren zu rechnen“, sagte ein CDU-Sprecher auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).

Die Werteunion ist hochumstritten in CDU und CSU, stand bislang am rechten Rand der Union, ist aber keine offizielle Parteigliederung. Kann die mögliche Partei von Maaßen also eine bedeutende Konkurrenz zur CDU werden? Mit einem großen Potenzial rechnen führende CDU-Politiker nicht. Ein CDU-Landesvorsitzender sieht keine „Nische zwischen Union und AfD“. Auch der Meinungsforscher und Leiter des Forsa-Instituts, Manfred Güllner, sagte, es sei „zweifelhaft“, ob die Werteunion bei einer der anstehenden Wahlen mehr als 5 Prozent erreicht. „Hans-Georg Maaßen hat schließlich 2021 nicht mal sein Direktmandat gewinnen können“, erinnerte Güllner.

Zersplittern in verschiedene Parteien schadet

Eine große Konkurrenz besorgt CDU-Politiker tatsächlich nicht, dennoch machen sie sich über ein anderes Szenario Gedanken. Und das hat auch mit den diesjährigen Landtagswahlen im Osten zu tun. Sachsens Ministerpräsident und CDU-Landeschef Michael Kretschmer spricht von einem „mathematischen Problem“. Er sagte in der ARD: „Wer möchte, dass eine bürgerliche, eine konservative Kraft Verantwortung trägt, der wird feststellen, dass es durch dieses Zersplittern der verschiedenen Parteien nichts wird.“

Damit spielt Kretschmer auf folgendes Szenario an: Je mehr Stimmen an die „sonstigen“ Parteien gehen, die an der 5-Prozent-Hürde scheitern, desto weniger Stimmen werden für die Mehrheitsverhältnisse im Parlament herangezogen. Das würde bedeuten, dass die AfD weniger Prozentpunkte braucht, um eine absolute Mehrheit zu erreichen. Und wenn sie knapp darunter liegt, müssten mehr Parteien zusammenarbeiten, um gegen die AfD eine Regierung zu bilden – eine Mehrheits- oder eine Minderheitsregierung.

Davor warnt auch Meinungsforscher Güllner. „Durch Parteien wie die Werteunion oder BSW droht eine Zersplitterung des Parteiensystems und die Gefahr von erneuten Weimarer Verhältnissen in Deutschland“, sagte er dem RND. Deswegen wollen CDU-Politiker aus dem Osten nun die Wählerinnen und Wähler darüber aufklären. Unionsfraktionsvize Sepp Müller aus Sachsen-Anhalt betonte: „Wer Splitterparteien wählt, der bekommt eine Minderheitsregierung. Wer aber klare Verhältnisse will, der sollte Volksparteien wählen.“

Politische Mitstreiter sind enttäuscht

Ein Grund für dieses „mathematische Problem“ sind auch die Abgrenzungsbeschlüsse der CDU. Mit der AfD und mit der Linkspartei wollen die Christdemokraten nicht koalieren. Daran wird derzeit auch nicht von führenden CDU-Politikern gerüttelt. Sollte die Maaßen- oder Wagenknecht-Partei die 5-Prozent-Hürde nehmen, stellt sich auch bei diesen Parteien die Frage der Zusammenarbeit. Manch einer will das zumindest nicht ausschließen. „Die CDU darf nicht weitere Brandmauern aufbauen. Wir werden uns sonst einmauern“, sagte ein führender CDU-Mann. Dagegen schließt Kretschmer eine Zusammenarbeit mit Maaßen aus: Die Werteunion werde nie eine Machtoption haben, so der Regierungschef.

Unterdessen steht für die Werteunion schon vor der Parteigründung ein Streit mit politischen Mitstreitern ins Haus. Verschiedene Parteien, Politiker und Akteure aus dem Spektrum zwischen CDU und AfD befanden sich bereits seit Monaten in Gesprächen über einen gemeinsamen Antritt zu den nächsten Wahlen – darunter auch die 2022 gegründete rechtspopulistische Kleinpartei Bündnis Deutschland. Die Partei lud an diesem Montag zu einem Pressefrühstück in Berlin. Dort zeigte sich der Bundesvorsitzende Steffen Große enttäuscht von Maaßen.

Mit dem Schritt hin zur Werteunion-Partei habe dieser gegen bereits getroffene Abmachungen verstoßen. „Wir fühlen uns ein Stück weit getäuscht“, erklärte Große. „Wir sind auch insofern überrascht worden, weil wir glaubten, dass ein Wort unter Ehrenmännern auch was gilt.“ Statt sich gemeinsam im Feld zwischen CDU und AfD einzurichten, droht dem bundesweit wenig bekannten Bündnis Deutschland und Maaßens Werteunion nun ein Konkurrenzkampf, der für beide Parteien bei den anstehenden Landtagswahlen weit fernab der 5-Prozent-Hürde enden könnte. Auch beim „Bündnis für Thüringen“, einem Bündnis mehrerer kleiner Parteien und Vereine, das mit einer gemeinsamen Liste zur Landtagswahl antreten möchte, herrscht schlechte Stimmung. Maaßen und die Werteunion erklärten im vergangenen Jahr noch ihre Unterstützung für das Bündnis – treten nun aber offenbar in Konkurrenz dazu an.

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