Preussen DellbrückErinnerungen an einen Mythos

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Heimspiel der Preußen in Dellbrück (Bild: Herhaus)

Heimspiel der Preußen in Dellbrück (Bild: Herhaus)

Köln – „Schön ist das Fußballspielen, lacht uns im Kampfe das Glück, und ist der Gegner geschlagen, kehren wir ruhmreich zurück.“ Das sind die ersten vier Zeilen des Vereinslieds des SC Preußen Dellbrück, der in diesen Tagen ein ganz besonderes Jubiläum zelebriert. Denn am 4. Juni 1950 feierte der kleine Klub aus dem rechtsrheinischen Köln einen unfassbaren Erfolg. Die Preußen besiegten im Viertelfinale der Deutschen Meisterschaft den amtierenden Titelträger VfR Mannheim vor 40 000 Zuschauern in Frankfurt durch die Treffer von Walter Severin und Hermann Drost mit 2:1. Der große Nachbar 1. FC Köln hatte die Qualifikation für die Teilnahme an der Deutschen Fußball-Meisterschaft verpasst. Auch im Halbfinale waren die Dellbrücker gegen Kickers Offenbach wieder krasser Außenseiter. Im ersten Duell holten sie trotzdem ein beachtliches 0:0, in der Wiederholungspartie verloren sie 0:3 und verpassten den Finaleinzug.

Dennoch hat sich der Verein seinen Platz in allen Geschichtsbüchern des Fußballs gesichert. Eine Ausstellung in der Dellbrücker Volksbank mit zahlreichen Fotos soll an diese heutzutage unglaubliche Geschichte erinnern. „Wir wollen verhindern, dass dieser Mythos vergessen wird. Denn es waren damals wirklich wahnsinnig spannende Zeiten“, sagt Willi Hölzgen, Mitglied des Freundeskreises „Alte Preußen“, zu dem unter anderem auch Uli Herhaus zählt, Sportfotograf des „Kölner Stadt-Anzeiger.“

„Ich bin in Dellbrück geboren, deshalb ist es für mich eine Ehrensache, mich in diesem Projekt zu engagieren“, betont Herhaus.

Der mittlerweile 76-jährige Hölzgen war zu jener Zeit in der A-Jugend des Vereins aktiv und bei allen Spielen der ersten Mannschaft dabei: „Ich erinnere mich noch sehr gut an jenes fantastische Spiel in Frankfurt gegen Mannheim. An einem schönen Sommertag ist halb Dellbrück und Holweide in Zügen ins Waldstadion gereist und hat später den historischen Erfolg zusammen gefeiert.“ Der „Mythos Preußen“, wie er noch heute in Dellbrück oft genannt wird, hatte seinen Ursprung am 6. April 1912. An diesem Tag wurde der Fanclub Fußball Club Preußen Dellbrück bei einem fröhlichen Umtrunk auf einer Dampferfahrt gegründet. Kurz nach den ersten Meisterschaftsspielen in den untersten Ligen wurde die Mannschaft vom Ersten Weltkrieg gestoppt. Aber als sich die Lage wieder beruhigt hatte, nahm das Team den Spielbetrieb erneut auf. Zu jener Zeit wurde an der Bergisch Gladbacher Straße auch der Sportplatz gebaut, der später liebevoll „Et Höffge“ genannt wurde.

Das sportliche Geschehen nahm einen wechselhaften Verlauf: es folgten gefeierte Aufstiege, aber auch bittere Abstiege. Und dann kam der Zweite Weltkrieg. Im August 1945 musste der Klub wieder von vorn beginnen - aber die Mannschaft war stärker als jemals zuvor. Der Verein stieg einige Mal auf, und hatte 1950 völlig unverhofft die Chance auf die Deutsche Meisterschaft. Nach einem 0:0 im Hinspiel schied das Team jedoch durch ein 0:3 im Wiederholungsspiel des Halbfinales gegen Kickers Offenbach aus. Der Traum war vorbei. „Im Rückspiel lief vieles gegen uns. Wir sind sehr früh in Rückstand geraten, danach hat sich ein wichtiger Spieler verletzt“, erinnert sich Hölzgen. Das Problem: Auswechslungen waren damals noch nicht möglich. „Deshalb dann auch die relativ klare Niederlage.“

Dennoch war die Euphorie rund um den Vorstadtklub riesig. Mittlerweile war das Zuschauerinteresse so groß, dass „Et Höffge“ oft völlig überfüllt war. Ein Ausbau war wegen der angrenzenden Bergisch Gladbacher Straße nicht möglich. Auch die A-Jugend war inzwischen ein Aushängeschild des Klubs: Die Nachwuchsfußballer wurden 1955 westdeutscher Meister.

Nach diesen Höhepunkten ging es ziemlich schnell wieder abwärts mit den Dellbrückern. Es gab Probleme mit dem Heimplatz, deshalb mussten die Partien zunächst in der Riehler Radrennbahn und später in Müngersdorf ausgetragen werden. Die hohen Kosten für das Stadion und die gleichzeitig sinkenden Zuschauerzahlen wegen der langen und damals noch beschwerlichen Anfahrt waren eine verhängnisvolle Kombination, die den Klub in Schulden stürzte. Erste Spieler gingen weg, die Verantwortlichen sahen keine andere Möglichkeit als einer Fusion mit Rapid Köln und zum SC Viktoria Köln zuzustimmen. Damit war die ruhmreiche Ära des SC Preußen erloschen.

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