ProzessGefangenen offenbar furchtbar gequält

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Verteidiger Thomas Ohm (links) mit seinem Mandanten. (Bild: Sprothen)

Verteidiger Thomas Ohm (links) mit seinem Mandanten. (Bild: Sprothen)

Euskirchen/Rheinbach – Der heute 28-jährige Junkie teilte mit den beiden Mithäftlingen nur anderthalb Monate eine Zelle in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach. Aber diese Zeit muss für den Mann aus Süddeutschland, der wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz einsaß, ein Martyrium gewesen sein.

Im Gegensatz zu seinen damaligen Mitgefangenen aus Bonn und Hennef, die derzeit in Aachen beziehungsweise Rheinbach langjährige Haftstrafen unter anderem wegen Gewaltdelikten verbüßen, ist das mutmaßliche Opfer mittlerweile auf freiem Fuß. Am Montag erschien der 28-Jährige als Zeuge vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Dr. Fabian Krapoth. Allerdings derartig traumatisiert, dass er nur mit dem Beistand von Rechtsanwalt Albert Stumm und unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen wollte. Das Gericht folgte diesem Antrag, zeitweise wurden sogar die beiden Angeklagten von der Verhandlung ausgeschlossen.

Die dreieinhalbstündige Aussage des 28-Jährigen wurde anschließend auszugsweise von Richter Krapoth verlesen. Die Qualen begannen demnach noch vergleichsweise harmlos. Das Trio hatte sich in der Zelle die Zeit mit Kartenspielen vertrieben. Bei den Spielen ging es nicht um Bargeld, der Verlierer musste vielmehr körperliche „Strafen“ hinnehmen. „Und ich war immer der Verlierer“, wurde der Zeuge von Krapoth zitiert. Zunächst kam der „Loser“ nach eigenem Bekunden noch mit Schlägen auf die Finger davon. Später eskalierte die Situation. Von Ende April bis zum 5. Juni vergangenen Jahres dauerten die mutmaßlichen Misshandlungen. Unter Androhung von Schlägen soll der 28-Jährige, der seinen vermeintlichen Peinigern körperlich weit unterlegen war, dazu gezwungen worden sein, die Exkremente der beiden Mithäftlinge zu essen und deren Urin zu trinken. Mit Bedrohungen sollen die beiden ihr Opfer auch dazu gebracht haben, sich jeden Morgen ihr Handy mitsamt Ladegerät selbst rektal einzuführen. „Insgesamt rund 40 Mal“, so der Zeuge, der damit als lebendes Versteck für das in Justizvollzugsanstalten verbotene Mobiltelefon herhalten musste.

Mit den Worten, „wir werden dich vergewaltigen“, sollen die beiden Angeklagten ihr vermeintliches Opfer auch noch mit einem Besenstiel rektal gequält haben.

„Mindeststrafe fünf Jahre“

Nach dieser Aussage gab es vom Euskirchener Schöffengericht eine kaum zu überhörende Klatsche für die Bonner Anklagebehörde. Die Staatsanwaltschaft hatte die Taten als gefährliche Körperverletzung und Nötigung eingestuft und zunächst vor einem Einzelrichter des Amtsgerichts Rheinbach verhandeln wollen, dessen Strafgewalt nur bis zu zwei Jahren reicht. Das Euskirchener Schöffengericht, das bis zu vier Jahre verhängen darf, reichte das Verfahren am Montag aber gleich wieder durch. Nach der Vernehmung des Zeugen stelle sich der Sachverhalt als gefährliche Körperverletzung und schwere Vergewaltigung dar. „Mindeststrafe fünf Jahre“, so Richter Krapoth. Dafür sei das Bonner Landgericht zuständig. Die beiden Angeklagten, die von dem Bonner Strafverteidiger Thomas Ohm und dessen Kollegen Frank Klingbeil aus Siegburg vertreten wurden, machten von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

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