Lkw blinkt zum Spurwechsel – Autofahrer gibt Gas statt zu bremsen. Es kracht. Nun muss ein Gericht über den Autobahn-Zoff entscheiden.
SpurwechselAutobahncrash: Lkw blinkt, Pkw zieht durch – wer hat Schuld?

Unfallszenario landet vor Gericht: Ein Lkw will nach rechts einscheren, der Pkw gibt Gas - wer hat Schuld am Crash auf der Autobahn?
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Eine Szene, wie sie viele Autofahrer schon erlebt haben: Auf der Autobahn setzt ein Lkw den Blinker – soll man noch überholen oder besser abbremsen? Und zu welchem Zeitpunkt darf der Lkw tatsächlich die Spur wechseln?
Lkw blinkt zu spät – Fahrer haftet nach Crash auf der Autobahn
Mit genau solch einem Fall hatte sich das Landgericht Nürnberg-Fürth zu befassen. Dabei kam es in der Situation zu einem Unfall. Das Urteil, auf das der ADAC aufmerksam macht, fällt eindeutig aus: Wer den Spurwechsel zu spät ankündigt, trägt die Hauptverantwortung für einen anschließenden Zusammenstoß – selbst wenn der andere Verkehrsteilnehmer zuvor beschleunigt hat. (Az.: 8 O 4305/24)

Ein Polizist hält eine Polizeikelle für eine Kontrolle an der Autobahn 72. (Symbolbild)
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Die Unfallsituation war etwas ungewöhnlich: Ein Autofahrer war auf der mittleren Spur unterwegs, der Lastwagen befand sich auf der linken Spur (nicht etwa auf der rechten). Als beide Fahrzeuge auf gleicher Höhe rollten, setze der Lkw-Fahrer den Blinker nach rechts und wollte auf die mittlere Spur. Das Ansinnen erkannte der Autofahrer und reagierte: mit Gas geben. Er hatte die Hoffnung, dadurch einen Zusammenstoß noch zu verhindern – ohne Erfolg. Die Fahrzeuge stießen zusammen. Im Nachgang forderten beide Fahrer Schadenersatz von der jeweils anderen Versicherung.
Welche Rolle spielte das Verhalten des Autofahrers?
Der Lkw-Fahrer machte den Autofahrer für den Unfall verantwortlich: Dieser habe den Spurwechsel rechtzeitig erahnen können, jedoch stattdessen beschleunigt und damit den Zusammenstoß verursacht. Der Autofahrer wiederum widersprach: Das Blinksignal sei viel zu spät erfolgt, er habe durch das Beschleunigen noch versucht, eine Kollision zu vermeiden. Eine Einigung zwischen den Parteien kam nicht zustande – der Fall landete vor Gericht.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth sah es schließlich als erwiesen an, dass der Lkw-Fahrer den Wechsel der Fahrspur nicht rechtzeitig angezeigt hatte und wertete dies als einen schweren Verstoß.

Autos stauen sich auf der Autobahn 1 vor der Baustelle zur Leverkusener Rheinbrücke. (Symbolbild)
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Allerdings hatte sich auch der Pkw-Fahrer nicht angemessen verhalten. Da dieser keine Gefahrenbremsung eingeleitet, sondern beschleunigt hatte, wurde nach Ansicht des Gerichts die Gefahr einer Kollision erhöht. Denn: Wenn ein Fahrzeug in die Nebenspur einschert, verengt sich der vordere Bereich der Fahrbahn zuerst.
Der Autofahrer hätte demnach darauf vertrauen dürfen, dass die Fahrzeuge hinter ihm einen ausreichenden Sicherheitsabstand wahren und es durch ein Bremsmanöver von ihm nicht zu einem Auffahrunfall gekommen wäre.
So musste sich der Autofahrer ein Teil der Schuld zurechnen lassen: Das Gericht verhängte eine Haftungsquote von 80 Prozent zulasten des Lkw-Fahrers - mit den restlichen 20 Prozent musste der Autofahrer haften. (jag/dpa)