Genervte Mutter„Warum feiert keiner mehr einen normalen Kindergeburtstag?“

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Kuchen essen und danach spielen – reicht das nicht für einen Kindergeburtstag? 

Köln – Wochen vorher gibt es Gruppenchats mit detaillierten Geschenkelisten, der Kindergeburtstag selbst wird wie eine Großveranstaltung organisiert. Statt nach dem Kuchenessen „Reise nach Jerusalem“ zu spielen, geht es heute zum Wakeboarden oder Schwarzlicht-Minigolf. Unsere Autorin ist davon genervt und macht ihrem Ärger Luft.

„In meinem Handy befindet sich ein Gruppen-Chat. In diesem Gruppen-Chat geht es um die Geburtstagseinladung eines Freundes meines Sohnes. Der Freund feiert seinen neunten Geburtstag. Vor wenigen Wochen erfolgte die erste Whatsapp mit der eigentlichen Einladung. Es geht zum Bowlen, am 21. September. Um 16 Uhr. So weit so klar– die elf bis 15 Ab- und Zusagen ploppten in unregelmäßigem Rhythmus auf meinem Handy auf und rissen mich jeweils aus meinem analogen Tun.

„Ich brauchte mehrere Minuten, um mich durch den gesamten Chat zu scrollen"

Bald darauf folgte der Einladung zweiter Teil: Eine der Plopp-Nachrichten erkundigte sich nach Geschenke-Wünschen. Kurze Zeit später ploppte die präzise Whatsapp-Anweisung mit zugehörigen Links auf die entsprechende (meist Amazon) Website. Dann begann es wieder zu ploppen: In unrhythmischer Nervigkeit trudelten die unvermeidlichen Kommentare, bilateralen Subchats, Kaufbereitschafts- und Mitmachabsichtserklängen der elf bis 15 am Chat beteiligten Mamis ein. Ich brauche bereits mehrere Minuten, um mich von oben bis unten durch den gesamten Chat zu scrollen.

Es ist inzwischen üblich, per Whatsapp zu Kindergeburtstagsfeiern einzuladen. Alle paar Wochen ploppt so eine Einladung auf, die Geschenke-Verhandelei folgt mit einem mal mehr mal weniger komplizierten Prozedere stets auf dem Fuße. 

„Ich träume von Tagen, an denen nur zum Kuchen-Essen eingeladen wurde“

Ich träume inzwischen von den Tagen, in denen zwei bis fünf Kinder per handgeschriebener Einladung zum Kuchen-Essen geladen wurden. In denen die Kindergeburtstage nicht wie To-do-Listen im Job abgearbeitet wurden. Von Zeiten, in denen nicht zum Bowling, Geocaching, Wakeboarden, Maskenbasteln im Museum, Seilgarten, Jumphouse, Lasertag, Schwarzlicht-Minigolf oder sonstigen Verrenkungen eingeladen wurde, und man das Gefühl hat, sich die Teilnahme am Unterhaltungsprogramm durch die Geschenke-Kauferei erkaufen zu müssen.

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Unter-Zehnjährige besitzen heute bereits alles

Die Zeiten sind halt so, aber normal ist das nicht, oder? Mein Sohn weiß schon jetzt nicht mehr, was er sich von uns Eltern wünschen soll, geschweige denn, was ich seinen Gästen sagen soll, was sie ihm schenken sollen. Im übrigen: Mein Sohn und seine Freunde besitzen schon jetzt ALLES. Im Ernst: Wir sind umzingelt von materiell überversorgten Unter-Zehnjährigen, zuletzt schenkten wir einem Kind schon einen Gutschein vom Kaufhof. Gutschein! Für einen Neunjährigen!

Als ich meinen Sohn zuletzt fragte, wie und wo er seinen im Oktober anstehenden Geburtstag feiern möchte, sagte er, er will gar nicht feiern– Moment, auf meinem Handy ploppt es schon wieder –  vielleicht ahnt er ja was…. und möchte einfach in Ruhe seinen Kuchen essen – mit zwei oder drei Freunden, die mit ihm ein analoges Spiel spielen… Reise nach Jerusalem oder so….. Ich frag ihn nochmal….“

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