Rätsel gelöstWarum strecken Kinder die Zunge raus, wenn sie konzentriert sind?

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Diese Geste sieht man überall: Der kleine Erik konzentriert sich mächtig und während er versucht Bausteine aufeinander zu stapeln, streckt er automatisch die Zunge raus. Auch bei der kleinen Helene sieht man die Zunge, während sie überprüft, ob Papas Schlüssel in ihr Spielzeugauto passt. Ein Forscherteam aus England und Schweden hat diese Phänomen untersucht und die Ergebnisse der Studie veröffentlicht.

Zunge raus beim konzentrierten Spiel

Die Wissenschaftler haben 14 schwedischen Kinder, acht Jungen im Alter von vier Jahren, verschiedene Aufgaben gestellt und sie bei der Lösung beobachtet. Bei allen Aufgaben, egal ob feinmotorischer, grobmotorischer oder kommunikativer Art, streckten die Kinder ihre Zungen heraus.

Aktivitäten von Hand und Zunge sind gekoppelt

Die Beobachtung, dass händische Aktivitäten (wie das Sortieren von Bauklötzen) von unkontrollierten Zungen-Aktivitäten begleitet werden, erklären Wissenschaftler mit der Sprachentwicklung. Bevor es die Sprechsprache gab, gab es schon Gesten. Die Geste des Zunge-Herausstreckens ist praktisch übriggeblieben. Sie liegt aber fest verankert in der linken Gehirnhälfte und wird – solange Kinder noch klein sind – bei bestimmten Aktivitäten, die Konzentration verlangen, abgerufen. Kleine Kinder können gar nichts dafür, sie machen diese Geste unbewusst.

Erst Gesten, dann Sprache

Die Forscher haben entschlüsselt, dass die Steuerung von Hand und Mund in der linken Gehirnhälfte verankert ist, dort ist auch das Sprachzentrum verankert. Christian Jarett kommentiert in einem Fachforum: „Das ist keine Schrulle von Kleinkindern, das Verhalten passt zur Theorie, dass sich die gesprochene Sprache ursprünglich aus Gesten entwickelt hat“.

Kulturelle Konvention: Erwachsenen strecken nicht mehr die Zunge raus

Warum strecken Erwachsene beim Kreuzworträtsellösen oder Grübeln ihre Zunge nicht mehr heraus? Die Forscher gehen davon aus, dass Erwachsene ihre Zunge unter Kontrolle haben, weil es die kulturelle Konvention gibt, die Zunge im Mund zu behalten. Kinder hören im Alter von sechs Jahren auf, ihre Zunge unbewusst herauszustrecken. Die Wissenschaftler sind begeistert von den Forschungsergebnissen, denn nun können sie anhand vom Zunge-Herausstrecken bei Kleinkindern die Evolution und Entwicklung von Sprache studieren.

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