Psychologin gibt TippsWie Paare es schaffen, sich weniger über Geld zu streiten

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In Deutschland streitet sich laut einer Elite-Partner-Umfrage jedes zehnte Paar häufig wegen Geld.

  • Darüber spricht man nicht: Geld ist bei vielen Paaren ein größeres Tabu als Sex.
  • Das ist schlecht, denn dadurch entstehen häufig Konflikte und die haben gar nicht immer etwas mit dem Geldausgeben zu tun.
  • Eine Psychologin und ein Finanzexperte erklären, warum man sich schon früh für das Gehalt seines Partners interessieren sollte und welche Fehler Paare vermeiden können.

Köln – Der 31-Jährige Fadel gönnt sich gerne mal was. Der angehende Arzt achtet nicht so sehr auf seine Ausgaben. Das sorgt gelegentlich für Streit mit seiner Frau Zehra. Wie etwa bei der Diskussion, ob das neueste iPhone für 1.000 Euro wirklich nötig ist. Ist es nicht, findet Zehra. Die 32-jährige Projektmanagerin ist eher sparsam und bodenständig. Er arbeitet neben dem Medizinstudium im Krankenhaus und verdient 24.000 Euro brutto, sie fast 40.000 Euro brutto im Jahr. Wie Zehra* geht es einigen Frauen in Deutschland – jede fünfte findet ihren Partner laut einer Umfrage von Elite-Partner zu verschwenderisch. Was läuft falsch?

Liebe und Finanzen scheinen sich nicht sonderlich gut zu vertragen. Wie auch? Schließlich sind Finanzen ein trockenes Thema und bei der Liebe geht es um Gefühle. Und viele Liebende haben den Satz verinnerlicht: „Über Geld spricht man nicht.“ Laut der Umfrage sprechen nur vier von zehn Paaren offen über Geld. Über Sex spricht dagegen mehr als die Hälfte. Warum es so wichtig ist, das Thema in der Beziehung nicht auszusparen und wie man Streit darüber vermeidet, erklären die Kölner Paartherapeutin Katharina Grünewald und der wissenschaftliche Referent für Finanzen der Verbraucherzentrale NRW, Thomas Hentschel.

Paare wissen zum Teil nicht, was der Andere verdient 

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Thomas Hentschel.

Wer nicht über Geld spricht, macht schon den ersten Fehler. „Viele wissen nicht einmal, was eigentlich der oder die andere verdient“, sagt Thomas Hentschel. Spätestens beim Einzug in eine gemeinsame Wohnung sollte auch besprochen werden, wie hoch Einkommen und Ausgaben sind. Auch Schulden müssen zur Sprache gebracht werden. Wichtig ist nicht nur der Status quo, auch die eigenen Vorstellungen zum Umgang mit Geld müssen besprochen werden.

Regina und Pascal haben das gemacht ­­­– sie haben ihre Finanzen genau im Blick. Das Paar (29 und 30 Jahre alt) kennt sich seit der Schulzeit und lebt schon einige Jahre zusammen, 2017 haben beide geheiratet. Die Personalreferentin und der Ingenieur haben genau besprochen, was sie mit ihrem Jahreseinkommen von je rund 60.000 Euro brutto machen wollen. Einen Teil sparen sie für das Alter und für größere Anschaffungen. Teure Markenprodukte sind ihnen nicht wichtig, lieber investieren sie in Reisen. 

Geld kann in einer Beziehung für viele Dinge stehen

„Finanzen sind ein wichtiger Fakt über den Partner, den man kennen sollte. Genauso wie etwa den Beruf”, meint Katharina Grünewald. Doch gerade Verliebte interessiert das erstmal nicht. „Wenn ich eine Liebesbeziehung eingehe, bin ich nicht so sehr bei dem finanziellen Haushalt, sondern bei meinem Seelenhaushalt.“ Über einen Ehevertrag zu sprechen, wirkt dann falsch. „Viele denken dann, dass ein solches Dokument die Liebe empfindlich stört, schließlich vertrauen sie sich ja.“ Die Expertin erklärt aber, dass „die Liebe erst frei sein kann, wenn Rahmenbedingungen wie finanzielle Angelegenheiten geklärt sind“.

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Katharina Grünewald

Warum ist es für viele Paare so schwierig, ihre Finanzen ganz nüchtern zu besprechen? Grünewald hat dafür eine einfache Erklärung: „Für Geld kann ich mir alles kaufen, kann es gegen viele Sachen eintauschen. Und so passiert es auch in der Beziehung – Geld kann für viele andere Dinge stehen.” Für Macht und Potenz, für Trost oder Anerkennung. Das birgt ein großes Konfliktpotential: In Deutschland streitet sich laut der Elite-Partner-Umfrage jedes zehnte Paar häufig wegen der Finanzen.

Für Regina und Pascal hat Geld die gleiche Bedeutung

Regina und Pascal gehören zu denen, die sich nicht über Geld streiten. Vielleicht liegt es daran, dass sie so gut organisiert sind, oder es die gleiche Bedeutung für sie hat. „Geld ist nicht das Wichtigste“, sagt Regina. „Es ist nur ein Mittel zum Zweck“, beschreibt es Pascal. 

Doch auch ein unterschiedlicher Umgang mit Geld muss laut Psychologin Grünewald nicht zwangsläufig zu Streit führen. Häufig kann man die Einstellung des anderen durchaus schätzen oder ein Paar ergänzt sich gut. Nach dem Motto: „Damit ich weiterhin großzügig das Geld ausgeben kann, brauche ich zwischendurch vielleicht die Sicherheit durch einen Partner, der manchmal auf die Bremse drückt.“ So ist es auch bei Zehra und Fadel. „Ich überlege mir, ob mir Sachen einen Streit wert sind oder ich lieber auf einen Streit verzichte und noch das Geld in meiner Tasche habe“, sagt Fadel. 

Umgang mit Geld im Elternhaus gelernt

Was aber zu Konflikten führt, ist die Vermischung von emotionaler und finanzieller Ebene. Oft nutzen wir im Erwachsenenalter Verhaltensweisen, die wir schon im Elternhaus gelernt haben. Etwa Geld als Trostpflaster, oder Wiedergutmachung einzusetzen, schildert Grünewald.

Ich kann auf der Liebesebene etwas verhandeln und sagen, dass ich meiner Freundin, wenn ich sie versetzt habe, einen Ring als Wiedergutmachung schenke, nennt Grünewald einen Fall. Die Partnerin aber sagt: „Du hast mich versetzt, das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun!“ Das kommt in der Beratung der Paartherapeutin häufig vor. Die Frau in diesem Beispiel pocht also darauf, dass die Verletzung des Partners auf emotionaler Ebene geklärt werden muss und nicht mit einem materiellen Wert. 

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Mit dem Partner abrechnen

Es kann also sein, dass sich ein Paar eigentlich gar nicht über Geld streitet, sondern es eigentlich ein Problem auf der Liebesebene gibt. Katharina Grünewald erklärt: „In Trennungs- und Scheidungskriegen ist gut zu beobachten, dass Kränkungen und Verletzungen vorliegen, die die Partner versuchen über finanzielle Dinge auszugleichen – sie wollen mit dem Partner abrechnen.“ Geld heilt jedoch keine emotionalen Wunden aus der zerbrochenen Partnerschaft. Damit es nicht soweit kommt, rät die Therapeutin dazu abzuklären, was im Falle einer Trennung mit dem Vermögen passiert, solange die Beziehung intakt ist.

Für Fadel und Zehra hat sich ihr Alltag nach ihrer Hochzeit 2016 stark verändert, sie sind von der Junggesellenbude und der Wohngemeinschaft in ihre erste gemeinsame Wohnung gezogen. Sie hat ihr Studium abgeschlossen, ihre erste Vollzeitstelle angetreten. „Nach der Hochzeit haben wir nicht viel an unseren Finanzen umorganisiert. Er bekommt sein Geld auf sein Konto und ich mein Geld auf mein Konto“, beschreibt Zehra. Sie wisse auch gar nicht so genau, wofür er sein Geld ausgibt. Für Restaurantbesuche oder Lebensmitteleinkäufe zahle mal sie und mal er.

Haushaltsbuch für einen Überblick der Finanzen

Finanzexperte Thomas Hentschel empfiehlt Paaren, ein Haushaltsbuch zu führen. „Dann wundert sich am Ende des Monats niemand, wenn die Haushaltskasse leer ist. Das klinge spießig, sei aber durchaus sinnvoll, damit beide ein Gefühl dafür bekommen, was wie teuer ist und wo Kosten gespart werden können.“ Ob Paare sich für ein gemeinsames Konto, getrennte Konten oder drei Konten entscheiden, ist eine individuelle Entscheidung. Wichtig sei es für ein Paar zu wissen, ob sie ihre Einkünfte als gemeinsames Einkommen ansehen. Hat ein Paar getrennte Konten, empfiehlt der Experte, dem Partner eine Vollmacht für das eigene Konto auszustellen.

Zehra und Fadel sind sich immerhin einig, dass sie zwar nicht reich werden wollen, sich aber für ihre geplanten Kinder finanzielle Sicherheit wünschen. Katharina Grünewald rät dazu, eine nüchterne Kosten-Nutzen-Bilanz aufzustellen, wie viel Arbeit in der Partnerschaft oder der Familie verrichtet werden muss und wie viel Geld benötigt wird. „Das hat noch nichts mit Liebe zu tun, sondern wie ein Paar die Familie auf die Beine stellen kann und sich jeder gut dabei fühlt.“ Sonst entsteht in der Beziehung schnell ein Machtgefälle oder Ungleichgewicht, gerade wenn ein Partner weniger verdient. Paare müssen abklären, wie sie unbezahlte Arbeit und Geld verrechnen und ob zum Beispiel der Mehrverdiener automatisch auch mehr bezahlt.

*Namen der Protagonisten wurden durch die Redaktion geändert

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