Abo

Wenn Stress auf den Darm schlägtSo unterstützen Sie Ihre natürliche Bakterienflora

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Die Bakterienflora im Darm ist wichtig für den ganzen Körper und die Psyche.

  • In seiner Kolumne „Aus der Praxis” schreibt Dr. Magnus Heier wöchentlich über ein wichtiges medizinisches Thema.
  • Heute beschäftigt er sich mit der Bakterienflora im Darm und welchen Einfluss diese auf Infekte und die Psyche haben kann.
  • Wie Stress auf die Darmflora wirkt und man die natürlichen Bakterien unterstützen kann, verrät der Mediziner hier.

Ruminokokken sind sehr empfindliche Wesen. Die Bakterien leben im menschlichen Darm – und reagieren auf Stress. Niederländische Wissenschaftler haben diese Bakterien nun zum Indikator eines klugen und äußerst witzigen Versuchs gemacht: Es ging um ein stressiges oder stressfreies Weihnachtsfest.

Vor und nach den Weihnachtstagen gaben 28 Probanden, 14 Frauen und 14 Männer, Stuhlproben ab. Untersucht wurde die Darmflora, konkret die Vielfalt der Bakterien. Und tatsächlich waren die Unterschiede vor und nach dem Fest bei den verschiedenen Probanden unterschiedlich: Bei einigen hatte die Vielfalt der Bakterien gelitten, einige Gattungen waren zurückgegangen.

Die Bakterienflora im Darm und die Psyche korrelieren

Das Originelle: Das waren genau die Probanden, die Weihnachten im Kreis der Schwiegereltern verbracht hatten. Vor allem die Bakteriengattung Ruminococcus hatte in diesen Fällen gelitten. Ruminokokken reagierten offenbar auf Stress besonders empfindlich!

Nun ist eine gesunde Skepsis angebracht und man kann man schon einige zweifelnde Fragen stellen. Vor allem die, ob Schwiegereltern wirklich für alle Probanden anstrengender sind, als die eigenen Eltern. Aber der Versuch zeigt auf amüsante Weise, wie empfindlich das Ökosystem im Darm eigentlich ist. Und dass es sich innerhalb weniger Tage massiv verändern kann – nicht nur durch Stress, nicht nur über Weihnachten. Und das hat Auswirkungen: Längst ist bekannt, dass die Bakterienflora im Darm, das so genannte Mikrobiom, auf die Psyche des Trägers wirkt. Man weiß, dass etwa depressive Patienten weniger dieser Bakterien im Darm haben als Gesunde.

Und ähnliche Beobachtungen gibt es auch für anderer Krankheiten und andere Bakterien: Das Mikrobiom  – Tausende von Milliarden von Bakterien im Darm – ist eine empfindliche Mischung. Gerät es aus dem Gleichgewicht, können Krankheiten folgen. Auch Infekte, wenn die „bösen“ Bakterien von den anderen nicht mehr in Schach gehalten werden. Das Immunsystem kann geschwächt sein, die Psyche verändert.

Wenig Antibiotika und gute Ernährung: So unterstützen Sie die Bakterienflora

Was Ursache ist und was Wirkung, ist noch nicht abschließend erforscht. Allerdings ist das lebensnotwendige Bakterienorgan im Darm zu wichtig, um es zu ignorieren. Antibiotika etwa, Mittel gegen Bakterien, wirken auch im Darm – und ausdrücklich nicht nur gegen gefährliche, sondern auch gegen lebensnotwendige Bakterien. Die beliebte Einnahme von Antibiotika bei Schnupfen oder Grippe ist nicht nur sinnlos (die Krankheiten werden durch Viren ausgelöst, gegen die Antibiotika keinerlei Wirkung haben) – die Einnahme ist auch gefährlich, weil das Mikrobiom im Darm sich verändern kann.

Man kann aber etwas für die Mitbewohner tun: etwa durch eine vielfältige Ernährung. Und durch Ballaststoffe, die einige Bakterien unterstützen. Die richtige Ernährung hat erstaunliche Wirkung: Es gibt Naturvölker, die als Jäger und Sammler leben. Und die haben, verglichen mit uns, eine erheblich größere Artenvielfalt im Darm. Vermutlich aufgrund ihrer ballaststoffreichen Ernährung. An fehlender Auswahl im Supermarkt sollte es nicht scheitern. Noch ein guter Vorsatz für 2020!

KStA abonnieren