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„Ich war sehr optimistisch“Wie eine Kölner Brustkrebs-Patientin von einer neuen OP-Methode profitierte

6 min
Medizinisches Personal untersucht mit einer Mammografie die Brust einer Frau auf Brustkrebs.

Zur Vorsorge eignet sich eine Mammografie. (Symbolbild)

Die Diagnose brach mitten hinein in die Planung einer langen Reise. Wie die Kölner Patientin am Ende dennoch sagen konnte: „Wir hatten ein sehr schönes Jahr.“ 

Blühende Pfirsichbäume in rosa, Rosmarin in blau, tiefroter Mohn, später dann gelber Ginster, goldener Sand, Eis in sämtlichen Pastelltönen. Der März 2025 begann in Regines Kopf in den buntesten Farben. Schließlich hatte sie einen schönen Plan gefasst: Sechs Monate Europareise, beginnend in der Toskana, später dann Sardinien. Ein Sabbatical hatten Regine und ihr Mann beantragt, Geld gespart, die Route geplant.

Und dann kam der 19. März. Und alle Farbe schien erstmal verloren. Schon beim Eincremen war Regine einige Tage vorher ein kleiner Knoten in der Brust aufgefallen. Der Gynäkologe wollte nach dem Ultraschall schon Entwarnung geben, sendete dann aber doch eine Gewebeprobe ans Labor. Zur Sicherheit. „Eine halbe Woche später hatte ich das Ergebnis. Brustkrebs, aggressive Form, aber wegen meines jungen Alters gut heilbar“, erzählt Regine ein halbes Jahr nach der Diagnose, die sich wie Tinte auf einem Taschentuch über all die Tage in diesem Jahr ausgebreitet hat.

Kölner Brustkrebs-Patientin erzählt ihre Geschichte

Regine sitzt im Büro von Claudia Schumacher, Chefärztin des Brustzentrums im St. Elisabeth-Krankenhaus in Hohenlind. Regines Hals umschlingt ein schmales weißes Seidentuch. Auf dem Kopf trägt sie eine helle Kappe, ihr Gesicht ist ungeschminkt, überhaupt wirkt alles an ihr zart, wäre da nicht dieser Zug um den Mund, der signalisiert, dass da auch viel Zähes in der schlanken Gestalt zu Hause ist.

Regine ist 31 Jahre alt, sie heißt eigentlich anders, will aber ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen. Zu intim ist ihr die Diagnose. Erzählen will sie ihre Geschichte dennoch. Schließlich geht es darin gar nicht so sehr um Angst, Tod und Scham. Sondern vor allem um Mut, Innovation und Neubeginn. Denn Regine ist nicht nur Patientin, sondern auch Vorreiterin. Sie ist die erste Kölnerin, deren Brusttumor minimalinvasiv entfernt wurde. Deutschlandweit ist sie Dritte.

15.10.2025
Köln:
Brustkrebsmonat. Ein Gespräch mit Chefärztin des Brustzentrums Dr. med. Claudia Schumacher  vom Elisabeth-Krankenhaus in Köln und einer Patientin über neue Wege der Therapie, aber auch Auswirkungen des Krankenhausplans.
Foto: Martina Goyert

Die Chefärztin des Brustzentrums Dr. med. Claudia Schumacher vom Elisabeth-Krankenhaus in Köln übernahm die erste minimalinvasive Brustkrebs-OP der Stadt.

Die gute Platzierung hat sie auch Claudia Schumacher zu verdanken. Die hatte auf einem Kongress im Frühjahr von der „endoskopischen nippelsparenden Mastektomie“ erfahren und sich vorgenommen, das in Hohenlind auch anzubieten. „Ich freue mich, dass die Patientin mir vertraut hat, schließlich habe ich die Operation zum ersten Mal durchgeführt“, sagt Schumacher.

Neue OP-Methode bei Brustkrebs

Der Vorteil der neuen Eingriffsmethode: Geschnitten wird nicht unter der Brust oder gar quer darüber, sondern unter dem Arm. Von dort gelangt der Operateur mit einer Kamera und kleinen chirurgischen Instrumenten bis ins Drüsengewebe der betroffenen Brust und entfernt den Drüsenkörper mitsamt dem Tumor. Durch die kleineren Schnitte und den geringeren Blutverlust kann das Gewebe schneller heilen, es kommt seltener zu Durchblutungsstörungen.

Für die behandelte Frau spielt aber noch ein anderer Aspekt eine große Rolle: Die Narbe ist klein und später unter dem Arm quasi nicht mehr sichtbar. „Viele Brustkrebspatientinnen fühlen sich mit dem herkömmlichen Schnitt beispielsweise in der Sauna oder auch vor dem eigenen Partner stigmatisiert“, sagt Schumacher.

Vor der Operation im September musste Regine eine Chemotherapie durchlaufen. Sechs Zyklen strecken sich über einen Zeitraum von vier Monaten. Die Nebenwirkungen bezeichnet sie als erträglich, sie habe sogar stundenweise in ihrem Beruf als PR-Managerin arbeiten können. Schön war das alles dennoch nicht. „Man merkt eben sehr deutlich, dass dieses Medikament alle Zellen angreift.“ Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, der gefürchtete Verlust der Haare. Bis zur Achselhöhle reichten sie Regine einst. Darunter habe sie sehr gelitten. Büschelweise nach dem Haarewaschen und Kämmen. „Es sah schlimm aus. Als ich sie dann abrasiert hatte, war es wie eine Erlösung, dass sie weg waren. Eigentlich ging es mir dann besser.“

Die Narbe versteckt sich unter dem Arm

Die neue Methode, die laut Schumacher in Asien schon länger angewendet wird, kann künftig bei kleineren Brüsten immer dann zum Einsatz kommen, wenn die Haut und die Brustwarze vom Krebs nicht betroffen sind, aber das gesamte Drüsengewebe entfernt und ein Implantat eingesetzt werden muss. Regine hat sich dafür entschieden, da der Tumor im Verhältnis zur Brust relativ groß war und eine brusterhaltende Operation die Heilungschancen wahrscheinlich etwas verringert hätte. Das Ergebnis, das belegen Vorher-Nachher-Fotos anonymer Patientinnen, ist vom Originalzustand zumindest von vorne nicht zu unterscheiden. Lediglich von der Seite und bei nach oben gestreckten Armen, ist eine Narbe zu sehen.

Vor der Frage nach der Optik interessierte Regine nach dem Aufwachen aus der Narkose freilich vielmehr: Was hat die Pathologie ergeben? Denn schon während Schumacher noch arbeitete, untersuchten Mitarbeiter im Labor, ob im entnommenen Knoten noch Tumorzellen aktiv sind. „Da dachte ich: Ich habe es geschafft“, sagt Regine und ihr Mund macht sich vor lauter Glück ganz breit in ihrem Gesicht. Die gute Stimmung hat sie sich über die Durststrecke dieses Jahres hinweggerettet. „Ich war sehr optimistisch. Eigentlich die ganze Zeit über“, sagt Regina.

Auch eine Zerstörung mittels Laser wird im Rahmen einer Studie ausprobiert

Der Fortschritt könnte es in absehbarer Zeit zulassen, dass gewisse Anfangsstadien gar nicht mehr der Operation bedürfen. Am Brustzentrum in Hohenlind nimmt man derzeit an einer weltweiten Studie teil, für die Brusttumore mit einer Größe von weniger als zwei Zentimetern mit einem Laser bekämpft werden. „Gutartige Tumore zerstören wir durch das Erhitzen mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 Prozent“, sagt Schumacher. Nun versucht man dies auch bei kleinen Karzinomen. „Besonders bei älteren Patientinnen könnte das große Vorteile bieten, weil wir dadurch auch auf das Risiko der Vollnarkose verzichten können.“ Solange die Studie noch läuft, das betont Schumacher, würden die Teilnehmerinnen, um sicherzugehen, im Nachgang zusätzlich operiert.

Bislang fühlt sich Regines betroffene Brust noch taub an, aber innerhalb der nächsten Monate, so verspricht Schumacher, soll auch das Gefühl zurückkehren. So lange will Regine geduldig sein und auch noch eine Weile auf ihren geliebten Sport wie das Cycling und die Yoga-Stunden verzichten. Schließlich muss das Implantat erst gut einwachsen, vorher besteht laut Schumacher die Gefahr, dass es verrutscht. Auch eine Antikörpertherapie ist noch geplant. Sie soll verhindern, dass sich möglicherweise abgesprengte Krebszellen im Körper zu Metastasen auswachsen.

Im Dezember steht noch ein Konzert an. Carla Ahad singt im Helios. Es ist Regines erstes nach der Operation. Die ausgefallene Europareise will das Paar erstmal nicht nachholen. Da ist auch kein bisschen Wehmut über diese verpasste Chance in Regines Gesicht zu finden, wenn sie sagt: „Diese Monate haben uns sehr stark gemacht. Wir hatten ja trotzdem ein sehr schönes Jahr.“


Am 16. November findet der 16. Kölner Brustkrebstag von 9.30 Uhr bis 15 Uhr als Online-Kongress statt. Es gibt Erfahrungsberichte und Vorträge mit neuen Forschungsergebnissen. Anmelden kann man sich für den Live-Stream hier.