Klappern, schleifen, wackelnWann das Fahrrad in die Werkstatt sollte

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Ein Mechaniker führt in einer Fahrradwerkstatt eine Inspektion durch und schaut sich dabei die Kette sowie das Hinterrad an.

In einer Fahrradwerkstatt wird der Drahtesel auf Herz und Nieren geprüft.

Das Fahrrad sollte man regelmäßig warten. Bei gewissen Anzeichen sollte es in eine Werkstatt – manches kann man aber auch selbst erledigen.

Manchmal fängt es fast unmerklich an. Erst ist ein leichtes Schleifen zu hören. Dann wird das Geräusch immer lauter. Schließlich greift die Bremse nicht mehr richtig. Spätestens jetzt ist es Zeit, eine Fahrradwerkstatt aufzusuchen. „Wenn Metall auf Metall schleift, habe ich ein Sicherheitsproblem“, warnt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Manchen Schäden kann selbst vorgebeugt werden, aber wenn wichtige Teile verschleißen, sind in der Regel Profis gefragt.

Um zu testen, ob am Rad etwas locker sitzt, sollte es hochgehoben und dann auf die Reifen gefallen lassen werden, erklärt Udo Wöll, Sprecher des Verbund Service und Fahrrad (VSF). Am Geräusch lasse sich erkennen, ob etwa Schrauben nachgezogen werden müssen. Um diese vor allem an sportlichen Rädern nicht zu überdrehen, rät Filippek dazu, einen Drehmomentschlüssel zu verwenden. Er empfiehlt außerdem, alle beweglichen Teile zu ölen. „Aber nicht zu viel, weil das Schmutz anzieht.“

Was kann selbst erledigt werden?

„Der Antrieb muss regelmäßig gepflegt werden, ansonsten rostet er und das Treten fällt schwerer“, ergänzt Thomas Geisler vom Pressedienst Fahrrad (PD-F). Für den Fahrkomfort ist es außerdem sinnvoll, etwa alle zwei Wochen den Druck der Reifen zu prüfen und diese bei Bedarf aufzupumpen – am besten mit einer Pumpe mit Manometer, die den Luftdruck anzeigt.

Hochwertige Fahrräder besitzen zunehmend wartungsarme Technik wie Scheibenbremsen. Deren Beläge sind allerdings für Laien vergleichsweise schwer auszutauschen. Das Gleiche gilt für Riemen statt Ketten. Einen Schlauch zu flicken stellt hingegen für die meisten Radfahrerinnen und Radfahrer keine Herausforderung dar – im Gegensatz zu Reparaturen etwa an der Lichtanlage oder an hydraulischen Bremsen: „Dafür muss man schon ein wenig versiert sein“, sagt Filippek.

Wann sollte eine Werkstatt aufgesucht werden?

Alarmzeichen seien aussetzende Bremsen oder Motoren, sagt Wöll. Auch wenn dauernde Geräusche wie ein Schleifen zu hören sind, der Lenker wackelt, Speichen brechen oder das Vorderrad Spiel besitzt, sollte die Ursache schnell herausgefunden werden. „Alle Arbeiten an der Elektronik sollten grundsätzlich von geschultem Personal übernommen werden“, betont Geisler. Eine Gefahrenquelle stelle insbesondere der Akku dar.

Wöll rät dazu, einmal im Jahr eine Wartung vornehmen zu lassen, um das Fahrrad auf einem guten Niveau zu halten. Werde wenig geradelt, genüge auch ein Zweijahresrhythmus. Geisler weist darauf hin, dass bei Leasingrädern Inspektionen in bestimmten Abständen vorgeschrieben seien. Bei E-Bikes zeige das Display an, wann eine Wartung erfolgen sollte. „Wenn ich Dinge selber machen kann, verlängern sich die Intervalle“, sagt Filippek. Regelmäßige Wartungen schützen vor Folgeschäden. Wird beispielsweise die Kette rechtzeitig ausgetauscht, halten Ritzel und Kettenblatt länger.

Was zeichnet eine gute Werkstatt aus?

In der Regel wird ein Termin vereinbart. Wartungen sollten möglichst im Herbst oder Winter angemeldet werden, wenn die Wartezeiten kürzer sind. „Dann passiert im Sommer relativ wenig mit dem Fahrrad“, sagt Wöll. Bei der Abgabe des Rades sollte ein gründlicher Check vorgenommen werden: „Der Profi sieht in sieben bis acht Minuten alles.“ Anschließend erfolgt ein detaillierter Kostenvoranschlag. Sollten später versteckte Mängel etwa am Tretlager oder an der Nabenschaltung erkannt werden, muss die Kundin oder Kunde informiert und die Zusatzkosten transparent gemacht werden.

Qualifizierte Werkstätten seien an Siegeln etwa vom VSF, ZEG oder Bico zu erkennen, erklärt Geisler. In der Regel greifen sie auf eine Arbeitswerteliste zurück, die genau definiert, wie viel Zeit für welche Arbeit anfällt. Dafür gelten dann Fixpreise, zum Beispiel 5 Euro pro sechs Minuten. Nach der Corona-Zeit hat sich die Situation bei den Fahrradwerkstätten entspannt. „Engpässe gibt es nicht mehr, aber nicht jede Werkstatt hat jedes Ersatzteil“, sagt Wöll. Mitunter müsse darauf einige Tage gewartet werden. Wer selber schrauben wolle, könne eine Selbsthilfewerkstatt aufsuchen. Eine Alternative seien auch mobile Werkstätten, die zum Kunden kommen.

Welche Arbeiten fallen in der Regel an?

„Einstellen, schmieren, reparieren“ laute die Devise bei einer Wartung, erklärt Filippek. Oft sind dafür mehr als 100 Arbeitsschritte erforderlich – von der Einstellung der Schaltung über das Zentrieren von Laufrädern und das Entlüften von Hydraulikbremsen bis zum Update für die Elektronik. Typische Verschleißteile sind laut Wöll Ketten, Bremsbeläge und Reifen. Nach einigen Jahren oder nach intensivem Gebrauch müssen oft auch Ritzel und Tretlager erneuert werden. Moderne LED-Leuchten halten lange, allerdings gibt es regelmäßig Probleme mit der Verkabelung. Nach einer Inspektion sollte das Rad sicher und störungsfrei fahren, betont Filippek.

Wie hoch sind die Kosten?

Das sei sehr unterschiedlich, sagt Wöll: „Je nachdem, wo man wohnt, kostet eine Wartung zwischen 75 und 110 Euro.“ Auf dem Dorf gebe es diese auch schon mal für 40 Euro, ergänzt Filippek. Hinzu kämen Ausgaben für Ersatzteile. Geisler beziffert die Kosten für typische Verschleißteile wie Bremsbeläge auf ab 15 Euro pro Bremse. Eine Kette gibt‘s ab 15 Euro, ein Reifen oder ein Kettenblatt koste mindestens 25 Euro. Dabei gilt: Je hochwertiger die Komponenten, desto teurer.

Wann lohnt sich eine Reparatur nicht mehr?

Das sei in der Regel der Fall, wenn die Reparaturkosten den Restwert des Fahrrades überstiegen, meint Geisler: „Wenn zum Beispiel Bremse, Antrieb und Gabel getauscht werden müssen, dann ist ein Neukauf oftmals günstiger.“ Während bei billigen Rädern schon früh das Risiko eines Totalschadens bestehe, könnten hochwertige Räder noch lange repariert werden, sagt Filippek. Aber auch bei diesen lohnt sich irgendwann eine Reparatur nicht mehr. „Ab zehn Jahren wird‘s eng“, so Wöll. (rnd)

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