Der ADFC Köln beklagt trotz einiger Verbesserungen aggressives Verhalten gegenüber Radfahrenden. Klar ist: Die Zahl der Verunglückten nimmt nicht ab.
Aggression, Pöbeleien, UnfälleWie gefährlich ist es wirklich für Radfahrende in Köln?

Radfahrende auf den Kölner Ringen: Trotz Fahrradspur ist es hier oft eng, der Radweg ist zugeparkt.
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Jede oder jeder, der auf Kölner Straßen mit dem Rad unterwegs ist, kennt die typischen Situationen: Auf ausgewiesenen Fahrradstraßen wird man von Autofahrenden, die sich ausgebremst fühlen, beim Überholen geschnitten und angehupt. Vor Kreisverkehren drehen einige Pkw-Fahrende noch einmal richtig auf, um schnell vorbeizukommen und müssen dann gefährlich abrupt abbremsen. Fahrradstreifen sind immer wieder von Autos zugestellt. Fährt man auf der Straße, weil nur ein handtuchschmaler Radweg vorhanden ist, wird man häufig angepöbelt.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) beklagt, dass es auf deutschen Straßen immer rauer zugeht, es gebe immer mehr Aggressionen von Autofahrenden gegen Radfahrerinnen und Radfahrer. Diese Gruppe sei besonders gefährdet, denn sie sind „ohne ein schützendes Chassis und oft auf kaputten, viel zu schmalen oder ganz fehlenden Radwegen unterwegs“. Vielerorts sei der Radverkehr nicht ausreichend vom Autoverkehr getrennt, dies beeinträchtige das Sicherheitsgefühl und erhöhe die Unfallgefahr, so der ADFC-Bundesverband auf eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Nötigung nimmt auf deutschen Straßen zu
In der Tat bestätigen Studien beispielsweise der Unfallforschung der Versicherer oder des Deutschen Verkehrssicherheitsrates aus den vergangenen Jahren den Trend, dass Verkehrsteilnehmende offenbar zunehmend gereizt reagieren. Die Fälle von Nötigung im Straßenverkehr nehmen zu: 2024 konnten 37.614 Fälle nachgewiesen werden, eine Zunahme von 3,5 Prozent im Vergleich zu 2023. Allerdings geht es hier um eine Entwicklung, die nicht einseitig von Autofahrerinnen und Autofahrern ausgeht, sondern auch Radfahrende, Fußgängerinnen und Fußgänger oder auch E-Scooter-Fahrende betrifft. Viele Menschen verlieren im Straßenverkehr also die Nerven – unabhängig davon, wie sie unterwegs sind.
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In überproportional vielen Fällen scheinen Radfahrende allerdings die Opfer von Unfällen zu sein. Die Zahl der getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer stieg nach Angaben des Statistischen Bundesamtes innerhalb von zehn Jahren um 11,4 Prozent. 2024 starben 441 Radler bei Unfällen in Deutschland, damit war jeder sechste Verkehrstote ein Radfahrer oder eine Radfahrerin. An einem Großteil (67,7 Prozent) der 92.882 Fahrradunfälle mit Personenschaden waren weitere Verkehrsteilnehmende beteiligt. In mehr als 70 Prozent der Fälle handelte es sich um eine Autofahrerin oder einen Autofahrer.
Ein Großteil der Kölner Radfahrenden fühlt sich unsicher
Dass viele Radfahrerinnen und Radfahrer sich nicht sicher fühlen, bestätigt der Fahrradklima-Index des ADFC. In NRW haben dies 64 Prozent der Radfahrenden bei der jüngsten Umfrage angegeben. In Köln sind es sogar 85 Prozent. Insgesamt verbesserte sich die Stadt beim Fahrradklima-Index zwar und liegt im Mittelfeld der zehn größten deutschen Städte. Positiv bewertet wurde, dass immer mehr Einbahnstraßen geöffnet werden oder mehr Leihräder zur Verfügung stehen.
Beim subjektiven Sicherheitsgefühl kann Köln jedoch nach wie vor nicht punkten, und auch die Zahlen verändern sich laut Unfallstatistik der Polizei Köln kaum. 2024 wurden fünf Radfahrende im Stadtgebiet getötet, 2023 gab es „nur“ eine tote Person, 2022 dafür aber ebenfalls fünf tödlich verunglückte Radfahrende. Die Zahl der bei Unfällen insgesamt verunglückten Radfahrenden ist ebenfalls mit mehr als jeweils 2000 (mit Ausnahme von 2021) in den vergangenen Jahren gleichbleibend hoch, lediglich die Zahl der schwerverletzten Radfahrenden sank etwas von 264 im Jahr 2022 auf 206 im Jahr 2024.
131 schwerverletzte Radfahrer bis August 2025 auf Kölner Straßen
Auch für das laufende Jahr deutet sich laut einer Auswertung für die Monate Januar bis August keine Trendwende an. Verglichen mit dem gleichen Zeitraum der Vorjahre liegt die Zahl der Unfälle mit Personenschaden, an denen Radfahrende beteiligt waren, 2025 nur minimal darunter. Gleiches gilt für die Zahlen der insgesamt verunglückten und die der schwerverletzten Radfahrenden. Bis August gab es bereits 131 Schwerverletzte. Zwei Radfahrende starben in diesem Jahr auf Kölner Straßen.
Diese Zahlen sagen noch nichts über die Schuldfrage aus. Christoph Schmidt vom ADFC Köln räumt ein, dass es durchaus auch Radfahrende gibt, die sich „danebenbenehmen“. Er sieht die signifikante Differenz allerdings im Gefahrenpotenzial, das ein völlig anderes sei, wenn sich die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer nicht an die Regeln halten. Auf dem Rad sei man generell vulnerabler.
Typische Gefahrenquellen für Radfahrende in Köln
Ein Beispiel für Stellen in Köln, an denen Radfahrende besonders gefährdet sind, ist laut Schmidt der Radfahrstreifen zwischen Geradeaus- und Rechtsabbiegerspur an der Kreuzung Innere Kanalstraße/Venloer Straße. Eine Gefahr geht auch von parkenden Autos aus, da das unachtsame Öffnen einer Autotür zu schweren Verletzungen führen kann. An der Luxemburger Straße habe es hier sogar einen Todesfall gegeben.
„Was mir Sorgen macht, ist, dass wir immer mehr Autos bei Rot fahren sehen“, ergänzt Schmidt. Im Juni fuhr beispielsweise ein Lkw an der Feuerwache an der Nord-Süd-Fahrt in hohem Tempo über zwei rote Ampeln. Der Radfahrer hatte keine Chance, auszuweichen. Er wurde schwer verletzt.
ADFC Köln berichtet von gezielten Aggressionen
Zum Thema Aggression und Pöbeleien sagt Schmidt: „Im Auto regt man sich in der Regel über Unbequemlichkeiten auf, als Radfahrer über eine reale Gefährdung“. Zudem sei der Autofahrende durch die Karosserie anonymisiert und fühle sich damit sicherer, das gelte für Radfahrende in der Regel nicht.
Schmidt betrachtet die Dinge mit zwiegespaltener Haltung: Zum einen bemerkt er zahlreiche Verbesserungen in Köln. Das betrifft die Rad-Infrastruktur, aber auch das Verhalten von Autofahrenden. So habe er beispielsweise den Eindruck, dass die meisten Autofahrenden inzwischen auf genügend Abstand beim Überholen achten.
Allerdings berichtet Schmidt auch von immenser Aggression, die Einzelne gegen Radfahrende ausüben. Dies gelte für gefährliche Fahrmanöver, aber auch für die häufige Zerstörung von Rad-Reparatursäulen im Stadtgebiet. „Offenbar fühlen die Menschen, dass sich etwas verändert, aber können damit nicht umgehen“, lautet Schmidts Fazit.

