StilkolumneWie entkommt man möglichst unfallfrei einer peinlichen Situation?

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Wie entkommt man einer peinlichen Situation am besten? Mit Humor!

  • Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  • Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  • Heute widmet sich Ingeborg Arians peinlichen Situationen im sozialen Miteinander – und wie man aus ihnen wieder herauskommt.

Peinlichkeiten entstehen auf zwei Wegen: durch eigenes Verhalten – nach dem Motto „jeder blamiert sich, so gut er kann“ – oder aber durch das Verhalten meines Gegenübers, das mir Anlass zum Fremdschämen gibt. Beides bietet Kabarettisten und Komikern ein unendliches Reservoir, bei dem alle gerne mitlachen. Wie aber kommt man möglichst unfallfrei aus einer peinlichen Situation heraus, in der man sich nicht ganz einfach unsichtbar machen kann? Was tun, wenn man komplett underdressed in Jeans und Turnschuhen zu einer eleganten Hochzeitsfeier erscheint? Oder kostümiert zu einer Prunksitzung im Kölner Karneval?

Erfahrungsgemäß hilft da nur eines: Augen zu und durch! Keine ausführlichen Erklärungen abgeben, keine wortreichen Entschuldigungen. Das macht das Ganze nur noch schlimmer. Stattdessen: das Fest loben, alles großartig finden – und bis zum Schluss gelassen durchhalten. So bleibt die Peinlichkeit weniger stark in Erinnerung.

Sofort reagieren und sich selbst vergeben

Nicht unnötig aufbauschen, das ist auch in anderen Fällen die goldene Regel für Peinlichkeiten. Wenn Sie zum Beispiel mit „feuchter Aussprache“ Ihrem Gegenüber einen Speiserest auf die Kleidung befördern, dann am besten schnell, entschlossen und beherzt entschuldigen, es dann aber auch gut sein lassen. Anderes Beispiel: Sie haben eine E-Mail mit mehr oder weniger kompromittierendem Inhalt an den falschen Verteiler geschickt. Auch dann heißt es: Sofort reagieren und sich, wenn die digitale Rückhol-Möglichkeit verwirkt ist, umgehend telefonisch oder schriftlich in kurzen Worten für den Irrtum entschuldigen. Wichtig ist, dass Sie sich die Peinlichkeit innerlich selbst vergeben. Rühren Sie nicht noch darin herum. Denn je mehr die Peinlichkeit betont wird, desto intensiver bleibt sie in Erinnerung, nicht nur bei Ihnen.

Die Engländer haben eine sehr angenehme Art, peinliche Situationen zu bewältigen: mit Humor. Ich durfte das selbst einmal erfahren, als ich bei einem Empfang in Liverpool als Protokollchefin des Kölner OB der Queen vorgestellt werden sollte. Dazu musste ich mir noch schnell einen Hut kaufen. Als ich nun mit dem guten Stück im Rathaus eintraf und von der Liverpooler „Lady Mayoress“ – so heißt in England die Ehefrau oder die offizielle Begleiterin des Oberbürgermeisters – begrüßt wurde, wäre ich am liebsten im Erdboden versunken: Wir trugen beide den gleichen Hut. Sie blieb indes sehr entspannt und sagte mit verbindlichem Lächeln: „Wir haben beide einen sehr guten Geschmack.“ Besser hätte man die Situation nicht auflösen können.

Anderen dezent heraushelfen

Merke: Wenn eine andere Person in eine für sie peinliche Lage gerät, sollte man ihr dezent heraushelfen. Der Klassiker: Jemand muss sich auf ungewohntem Terrain bewegen. Einladung zu einem Dinner, und es gibt – Hummer… Wenn Sie mit der Handhabung des Getiers vertraut sind, Ihr Tischnachbar aber nicht, dann machen Sie es unauffällig vor und verbinden das mit einer humorvollen Bemerkung über komplizierte Speisen, die man nicht jeden Tag vorgesetzt bekommt. Das Wichtigste ist, anderen die Angst zu nehmen, dumm dazustehen.

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Und wenn Ihr Gegenüber unwissentlich peinlich wirkt? Typische Konstellation: die Loriot-Nudel. Bloß nicht – wie Hildegard alias Evelyn Hamann in dem berühmten Sketch – auf das peinliche Moment fixieren, sondern für rasche Auflösung sorgen: Direkt, dezent und mitfühlend. Das ist die dreifache Devise. Sparen Sie sich etwaige Anflüge von Schadenfreude! Schon morgen kann die nächste Peinlichkeit Ihnen selbst widerfahren.

Aufgezeichnet von Joachim Frank

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