RechtsfrageWir bezahlen die Nachbarin (16) fürs Babysitten, ist das Schwarzarbeit?

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Ein Mädchen gibt einem Baby am Tisch eine Flasche.

Wenn die Nachbarstochter zum Babysitten kommt, kann das auch Nachbarschaftshilfe sein (Symbolbild).

Ab wann Tätigkeiten unter Bekannten Schwarzarbeit sind, darüber klärt Rechtsanwalt Martin W. Huff in unserer Rechtskolumne auf.

Unsere 16 Jahre alte Nachbarstochter, Schülerin, kommt manchmal bei uns zum Babysitten vorbei. Wir bezahlen sie dafür stundenweise. Ist das eigentlich Schwarzarbeit?

Das ist eine gute Frage, die sich gar nicht so ganz einfach mit einem bloßen „Ja“ oder „Nein“ beantworten lässt. Geregelt ist die Frage, was unter Schwarzarbeit zu verstehen ist, im „Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung“. Dort heißt es in Paragraf 1, dass das Gesetz keine Anwendung findet – und jetzt wörtlich – „für nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtete Dienst- oder Werkleistungen, die im Wege der Nachbarschaftshilfe erbracht werden“.

Eine konkrete Grenze für das Entgelt ist im Gesetz bewusst nicht gezogen worden

Wenn also beispielsweise ein Jugendlicher gelegentlich den Rasen seiner Nachbarin mäht, so geschieht dies in der Regel nicht mit fortdauernder Gewinnerzielungsabsicht. Eine konkrete Grenze für das Entgelt ist im Gesetz bewusst nicht gezogen worden, weil die „nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht“ in jedem Einzelfall variiert. Wenn der besagte Jugendliche nun allen Nachbarn das Rasenmähen gegen Entgelt und womöglich sogar mit einer Vertretung im Fall seiner Verhinderung anbietet, ist die Grenze schnell überschritten.

Es muss ein besonderes Verhältnis bestehen zwischen jemandem, der Hilfe leistet, und der Person, der sie zugutekommt.
Martin W. Huff

Als ein typisches Beispiel für verbotene Schwarzarbeit führt der Zoll, der für die Bekämpfung der Schwarzarbeit zuständig ist, folgende Situation an: Ein Mann erledigt regelmäßig samstags für seine Nachbarin Garten- und sonstige häusliche Arbeiten und erhält dafür jeweils 20 Euro für drei Stunden. Auch wenn das Entgelt gering ist, liegt hier aus Sicht des Zolls doch eine Gewinnerzielungsabsicht vor. Folglich handelt es sich um Schwarzarbeit.

Eine „Nachbarschaftshilfe“ liegt regelmäßig dann vor, wenn Hilfeleistungen von Personen, die zueinander persönliche Beziehungen pflegen und in gewisser räumlicher Nähe wohnen, unentgeltlich oder gegen geringes Entgelt erbracht werden. Unter Nachbarschaftshilfe fällt nicht nur die Unterstützung von Wohnungs- und Hausnachbarn desselben Straßenzugs oder Ortsbereichs, sondern auch zwischen Personen, die persönliche Beziehungen zueinander pflegen, etwa weil sie Mitglieder im gleichen Verein sind. Kurz: Es muss ein besonderes Verhältnis bestehen zwischen jemandem, der Hilfe leistet, und der Person, der sie zugutekommt.

Mit zunehmender räumlicher Entfernung müssen die Beziehungen zueinander enger sein. In der Regel wird man Nachbarschaftshilfe insbesondere dann annehmen können, wenn der Beistand wiederum unentgeltlich oder gegen geringes Entgelt geleistet wird, auf Gegenseitigkeit beruht oder eine solche zumindest unterstellt werden kann und wenn sich die Unterstützung nicht als Beihilfe zu einer gewerblichen Tätigkeit erweist.

Für Ihre konkrete Frage bedeutet all das: Mit einer Jugendlichen aus der Nachbarschaft, die Sie persönlich kennen und womöglich auch unabhängig von der Kinderbetreuung treffen, haben Sie beim bezahlten Babysitten kein Schwarzarbeits-Problem. Umso weniger, wenn es sich wirklich nur um gelegentliche Hilfe handelt und Sie dem Mädchen vielleicht auch selbst einmal unter die Arme greifen – es zum Beispiel mit dem Auto zu einem Termin fahren. Genau das ist es nämlich, was man unter gesetzlich erlaubter und gesellschaftlich sogar erwünschter Nachbarschaftshilfe versteht.

Dieser Text ist eine Folge unserer Rechtskolumne „Recht & Ordnung“. In dieser Serie schreiben Staatsanwältin Laura Hollmann (Düsseldorf), Rechtsanwalt Martin W. Huff (ehem. Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln) und Rechtsanwältin Helga Zander-Hayat. Sie leitet bei der Verbraucherzentrale NRW den Bereich Markt und Recht. In ihren Kolumnen geben sie Auskunft zu oft kniffligen Fragen des Rechts, können aber keine Rechtsberatung bieten oder in konkreten Fällen den Gang zu einem Anwalt ersetzen. Haben Sie eine Frage an unsere Experten? Dann schreiben eine Mail an: recht-und-ordnung@dumont.de

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