Schlechtes Gewissen?Warum es in Ordnung ist, an Weihnachten einfach Geld zu schenken

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Geld verschenken Weihnachten

Geld, nicht das kreativste Weihnachtsgeschenk

Köln – Es gibt Menschen, die haben ihre Pakete, die sie zu Weihnachten verschenken, schon seit Wochen im Schrank liegen. Jedes einzelne ein Unikat für sich. Und dann gibt es die, denen das mit dem Schenken nicht so leichtfällt. Ideenlosigkeit führt zu frustriertem Aufschieben und schließlich zu Panik, wenn am 24. Dezember der Wecker klingelt. Hastig Mütze, Schal und Jacke übergeworfen, ab in die Stadt, Geschenke kaufen. Aber was denn eigentlich? Irgendetwas muss es doch geben, der Gedanke an Gut- und Geldscheine unter dem Weihnachtsbaum lässt das schlechte Gewissen zwischen Mütze und den ratternden Kopf kriechen. Zurecht?

Klar, der Anblick macht etwas mit einem. Während Geschwister, Eltern und vor allem Oma und Opa ganz stolz große, wunderschön verpackte Geschenke unter den Tannenbaum wuchten, liegt der eigene Beitrag bei drei, vier Umschlägen. Das hat was vom Sportunterricht in der Schule, als man immer als Letztes gewählt wurde. Der Sinn dieses mühevoll geschmückten Baums, untergraben vom Gutschein fürs Schuhgeschäft.

Der Rahmen des Schenkens

Geschenke seien mehr als nur die bloße Übergabe von Gegenständen, sagt der Philosoph und Buchautor Wilhelm Schmid. „Vielmehr entsteht ein inniges Zusammensein, eine vertraute Atmosphäre, die den Prozess des Schenkens umrahmt.“ Große Worte, kann denen ein einfacher Geldschein gerecht werden? Gegen die geschnitzte Holzfigur von dem kleinen Strandladen aus dem Ort, an dem die Eltern vor Jahren ihre Flitterwochen verbracht haben, kommt der Gutschein über ein Wellness-Wochenende nicht an. Und der ist noch das Höchste der Gefühle im Vergleich zum lose im Umschlag liegenden Fünfziger.

Geld und Gutscheine, da kann sich jemand weder viele Gedanken gemacht, noch viel Mühe gegeben haben. Mag man glauben. Doch gerade diejenigen, die so vermeintlich langweilig schenken, haben sich oft tagelang den Kopf zerbrochen. Während die kreativen Weihnachtsmänner und -frauen bereits fleißig einen Hit nach dem anderen verpackt haben. Wem auf Teufel komm raus nichts einfällt, oder wer wieder erst an Heiligabend merkt, dass man viel zu spät dran ist, sollte sich für seine Geld- oder Gutschein-Wahl aber nicht schämen. Denn als Notlösung sieht man das eigene Geschenk oft nur selbst. Vielmehr kommt es auf die Art und Weise an, wie Geld oder Gutschein bei den Beschenkten landen.

Mit Liebe einpacken oder selber basteln

Wer den zerknitterten Geldschein nackt oder mit ein paar hingekrakelten Grußworten in einen hektisch geschlossenen Umschlag stopft, den plagt das schlechte Gewissen eines Geldgeschenks zurecht. Jede Verzierung hilft, noch besser sind ein paar schöne, persönliche, im Idealfall sogar zum Schmunzeln anregende Worte auf einer Karte. Psychologin Julia Scharnhorst betont, bei einem Geld- oder Gutscheingeschenk sei es wichtig, „alles hübsch zu verpacken. Denn beim Schenken ist der emotionale Teil ja eigentlich der wichtigere.“ Wer etwas mit Liebe einpackt oder einen Gutschein selber bastelt, kann Wertschätzung ausdrücken und zeigen, dass er sich etwas überlegt hat.

Der selbstgebastelte Gutschein ist wohl die Königin unter den immateriellen Geschenken. „Am besten legt man einen konkreten Warenwert und Zweck fest“, sagt Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale NRW dazu. Zum Beispiel: Diesen Betrag darfst du in genau dem Geschäft ausgeben. Der Laden sollte natürlich mit Sinn und Verstand gewählt sein, Supermarkt oder Kiosk würden jegliche guten Absichten torpedieren. Oder aber auch so: Davon gehen wir auf ein Konzert deiner Lieblingsband. „Dann ist das Geld nicht weg, wenn der Laden insolvent gehen sollte“, sagt Husemann. Und man muss seinem Geld nicht nachrennen, falls das Event nicht stattfindet.

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Denn das muss man ja ebenfalls beachten: Auch über Weihnachten 2021 schwebt diese dunkle Gewitterwolke, die sich Corona-Pandemie nennt. Selbst die eingangs beschriebenen Kreativköpfe unter den Schenkenden lässt das teilweise scheitern. Weil Waren ausverkauft sind, weil globale Lieferketten, anders als so manche Infektionsketten, zerrissen sind. Geld schenken ist also nicht nur vollkommen in Ordnung, es mag bislang kaum ein besseres Weihnachten zum Verschenken von Geld und Gutscheinen gegeben haben als das diesjährige. Wenn man es denn richtig anstellt. (mit dpa)

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