AltenpflegeEine Ausbildung mit 53 Jahren

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Bettina Schimmelschulze macht mit 53 Jahren noch eine Ausbildung zur Altenfachpflegerin. (Bild: Franz Schwarz)

Bettina Schimmelschulze macht mit 53 Jahren noch eine Ausbildung zur Altenfachpflegerin. (Bild: Franz Schwarz)

Köln – Bettina Schimmelschulze lässt sich nicht abschrecken. Nicht von der Aussicht, drei Jahre lang lernen zu müssen oder die Älteste in der Klasse zu sein. Schimmelschulze ist eine kleine, zierliche Frau mit einem starken Willen. Mit 53 Jahren hat sie sich dazu entschlossen, eine Ausbildung als Altenfachpflegerin zu absolvieren. „Das alles ist für mich eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle“, sagt sie. Sie nimmt an dem „Aktionsplan Altenpflege 2010“ teil, bei dem in Nordrhein-Westfalen zusätzlich 1000 Fachkräfte ausgebildet werden sollen. Vor allem Menschen ohne Arbeit sollen durch das Projekt gefördert werden und die Chance auf einen dauerhaften Arbeitsplatz bekommen.

Das Arbeitsministerium NRW und die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit haben das Projekt ins Leben gerufen. Denn die Gesellschaft altert, und bereits jetzt können nicht alle offenen Stellen besetzt werden. In Nordrhein-Westfalen blieben im vergangen Jahr 300 Stellen frei. Und der Bedarf wächst. Finanziert werden die Ausbildungen durch die Regionaldirektionen NRW. Sie stellen 20 Millionen Euro zur Verfügung. Dazu fließen in das Projekt 1,1 Millionen Euro aus dem ESF-Fond der Europäischen Union.

Von der Archäologie zur Krankenpflege

Auch Schimmelschulze war zuletzt arbeitslos. Sie hatte erst Archäologie auf Magister studiert und danach 24 Jahre in einem kleinen Buchhandel im Eigelstein-Viertel gearbeitet. Das Geschäft gibt es mittlerweile nicht mehr. „Die Händler leiden so sehr unter den Bestellungen über das Internet“, sagt Schimmelschulze. „Ich habe gesucht, aber auch in anderen Buchhandlungen keinen Job gefunden“.

Schimmelschulze absolviert ihre Ausbildung zur geprüften Altenfachpflegerin bei den Sozial-Betrieben Köln (SBK). Die Agentur für Arbeit wird ihr während der dreijährigen Ausbildungszeit weiter Arbeitslosengeld I zahlen. „Wir haben auch schon in den vergangenen Jahren viel ausgebildet, deswegen haben wir kein Problem unsere Stellen zu besetzen“, sagt Beatrix Harff, Leiterin des SBK-Fachseminars Altenpflege. „Aber wir bekommen häufig Nachfragen von anderen Betrieben, die nicht ausbilden und ihre Stellen nicht besetzt bekommen.“ An mangelndem Interesse, den Beruf zu erlernen, liege es nicht. „Wir hatten immerhin 250 Bewerbungen für 25 Stellen“, sagt Harff, „meiner Meinung nach wurden in den vergangen Jahren einfach zu wenig ausgebildet. Deswegen gibt es diesen Notstand.“

Gute Berufschancen als Antrieb

Die Erfahrungen, die Leiterin Harff mit den Menschen gemacht hat, die über die Arge die Ausbildung finanziert bekommen, sind bisher hauptsächlich positiv. „Die Abbrecherquote ist sehr gering, weil die meisten von ihnen bereits älter und erfahrener sind“, sagt sie. „Und die Menschen begreifen die Ausbildung als eine wirkliche Chance. Gerade weil die Berufschancen danach so groß sind. Es gibt praktisch keine arbeitslosen Altenfachpfleger.“ Auch für Bettina Schimmelschulze war das einer der Hauptgründe, sich noch mal für so eine Ausbildung zu entscheiden. „Die Arbeit mit alten Menschen hat mich vorher schon interessiert“, sagt sie. „Aber die guten Berufsaussichten waren entscheidend“.

Bevor Arbeitslose eine Ausbildung als Altenfachpfleger beginnen können, werden sie bei der Arbeitsagentur auf psychologische und kognitive Eigenschaften, Belastbarkeit und persönliche Stabilität getestet. „Das ist ein sehr schwieriger Job mit viel Verantwortung“, sagt Claudia Zimmermann von der Arbeitsagentur Köln. „Und der Umgang mit alten Menschen liegt auch nicht jedem.“

„Man bekommt viel zurück“

Vor fünf Monaten hat Schimmelschulze die Ausbildung begonnen. „Ich war keine so lerneifrige Schülerin früher, aber ich merke, wie viel Spaß mir das macht. Manche Themen vertiefe ich noch mal, weil sie so interessant sind.“ Der Umgang mit Menschen aber sei es, der ihr am besten gefalle. „Man bekommt so viel zurück. Das ist fantastisch“, sagt sie. „Die Höflichkeit vieler alter Menschen beeindruckt mich.“ Und Schimmelschulze ist von der Vielseitigkeit begeistert. „Die Vorstellung, dass man nur Hintern abwischt, ist völlig falsch.“

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