Bloß keinen Munson hinlegen

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Auf einer Bowlingbahn entbrannte der Ärger. (Bild: dpa)

Auf einer Bowlingbahn entbrannte der Ärger. (Bild: dpa)

Warum zur Bassdrum zucken, wenn man auch 'ne ruhige Kugel schieben kann? Wir gehen bowlen.

„Er wird doch keinen Munson hinlegen?“ Im entzückend-dämlichen Bowling-Film „Kingpin“ muss der ehemalige Bowling-Champ und große Verlierer Roy Munson nach Jahren des Dahinvegetierens erfahren, dass sein Name längst sprichwörtlich geworden ist. Für einen, der freie, gut geölte Bahn hat. Aber dann trotzdem alles versemmelt.

Das können wir besser. Wollen wir wenigstens hoffen. Und geloben Sport statt gesundheitsschädlichen Clubbings. Das kann nicht Kegeln meinen. Kegeln ist schließlich nur saufen mit Kugeln. Bowling soll es sein, Alpha-Bowling. 16 breite Bahnen an der Luxemburger Straße 299. Tief führt die Treppe eine Miami-Vice-rosa Wand entlang in den Tempel der Pins. So heißen nämlich die Kegel beim Bowling, und es sind zehn, die darauf warten, umgerumst zu werden, nicht neun. Und auf eine Kugel entfallen bekanntlich drei Löcher. Außerdem, wo wir gerade dabei sind, heißt die Bowling-Kugel gar nicht Kugel, sondern Ball.

Ein Kollege erzählt sehr gerne die Geschichte von einem Freund, der seine angeschwollenen Finger nicht mehr aus den Löchern bekam. Am Ende musste sein Ball operativ entfernt werden. Aber wir wollen ja keinen Munson hinlegen, holen uns erst mal Rat beim Betriebsleiter Sven Lambertz. Bälle, erzählt der, gibt es von 6 bis 16 lbs. Das ist amerikanisch. Auf Deutsch heißt das: 2,7 bis 7,5 Kilo. Je schwerer die Kugel, desto größer die Löcher. Reingesteckt werden Daumen, Mittel- und Ringfinger. Der Zeigefinger muss draußen bleiben. Der Rest hört sich gar nicht so schwer an. Die Hand nach unten, den Ball nach oben und den Arm schön lang lassen. Ein Spin ist was für Profis, meint Lambertz und rät stattdessen: „So gut es geht, gerade mittendurch.“

Jetzt kommt das Schönste am Bowling: die Bowling-Schuhe. Auf der einen Seite blau, auf der anderen rot und mit elegant gleitenden Sohlen. Aus den Lautsprechern schubst mich sanft der beatbetontere Teil der Charts an. Abwurf. Mein 14-lbs.-Ball gleitet elegant in die Auslaufrille. Auch beim zweiten Versuch. Auf dem Bildschirm erscheint ein lustiges Kerlchen, dass sich einen Strick um den Hals gebunden hat. Wahrscheinlich ein Munson.

Dafür führt uns Sven Lambertz hinter die geölten Bahnen, wo große Räder die niedergemachten Pins - es gibt 21 pro Maschine - auffangen, und ein Laufband die schweren Bälle durch Tunnel nach vorne katapultiert. Ein mechanisches Meisterwerk. Aber wartungsintensiv. Jeden Vormittag kommt erst der Mechaniker, dann wird drei, vier Stunden lang die Bahn geölt. Damit es abends richtig rollt.

Wir fragen noch einmal bei den Profis auf der Bahn nebenan nach. Helge bowlt schon seit zehn Jahren. Er hat Bücher über Bowling gelesen. Seinen eigenen, perfekt angepassten Ball hat er auch. „Die richtige Bohrung ist ja allein schon eine Kunst.“ Helge bezeichnet sich noch als Hobbybowler. Profis wechseln alle drei Monate die Bälle. Denn: „Jeder Kratzer beeinflusst die Bahn.“ Jacqueline schiebt die Bälle sogar schon seit ihrem fünften Lebensjahr. „Mein Vater war Stadtmeister.“ Meiner leider nicht. Am Ende muss ich mich mit peinlichen 62 Punkten begnügen. Ein Munson, es führt kein Weg dran vorbei. Ich muss wohl nochmal nachts heimlich zum Üben vorbeikommen.

 www.ksta.de/nachtreporter

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