Bluna und Afri-ColaLimonaden des Wirtschaftswunders

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An der einzigen Stelle der Turiner Straße, wo jemals haushohe Werbung im amerikanischen Stil zu sehen war – am Stammhaus von Afri-Cola und Bluna –, soll bis Januar 2014 ein Marriott Courtyard Hotel mit 230 Zimmern entstehen. Alexander Flach, Sohn des Firmeninhabers Karl Flach, der das Kultgetränk mit dem hohen Koffeingehalt erfand, sieht den Abriss mit gemischten Gefühlen: „Da hängen für mich natürlich viel Emotionen dran. Immerhin haben wir schon als Kinder auf dem Gelände gespielt.“

Der Standort an der Turiner Straße setzte immer einen Akzent. Das lag auch an der geschwungenen Aluminiumfassade vor dem Gebäudekomplex, an deren Entstehung neben dem Architekten Hans Schilling auch der Fotograf Charles Wilp mitgewirkt hatte. Dieser war es auch, der in den sechziger Jahren Afri-Cola mit einer spektakulären Werbekampagne („Super-Flower-Mini-Pop-Op-Cola – alles ist in Afri-Cola“) zu einem hohen Bekanntheitsgrad verhalf. Die Vermarktung wurde als sensationell empfunden und machte die Kölner Limonaden zu den Kultgetränken der Wirtschaftswunderzeit.

Aufgegeben wurde die Produktionsstätte erst Ende der 90er Jahre. Die Gebäude wurden vermietet, ebenso wie die große Reklamewand, die für die neuen Blowup-Werbetransparente wie gemacht erschien. Jetzt soll hier ein neuer Anfang mit einem Geschäftshotel gemacht werden. 28 Millionen Euro werden investiert.

In dem Hotel soll natürlich auch Afri-Cola ausgeschenkt werden – selbst wenn Maximilian Flach heute nicht mehr alleiniger Herr über die sechsblättrige Palme ist. In ihren besten Zeiten hatte die Firma 150 Lizenznehmer in aller Welt gehabt, darunter in Saudi Arabien, in Afrika und – Triumph! – sogar in Seattle in den USA, der Heimat von Coca Cola.Von dort hatte Karl Flach die Idee zu seinem 1932 entwickelten Produkt mitgebracht, und von dort kam natürlich auch die stärkste Konkurrenz. „Als Kinder“, erinnert sich sein Sohn, „haben wir uns immer die Augen zugehalten, wenn ein fremder Cola-Wagen vorbeifuhr.“

Dass es auf die Dauer nichts nutzte, die Augen zu verschließen, merkte Flach schon bald, nachdem er mit 23 Jahren die Firma übernommen hatte. Trotz Rationalisierungen musste er unter dem Konkurrenzdruck der übermächtigen Amerikaner zunächst die Produktion von Bluna abgeben.

Dann kam in den 90er Jahren noch einmal eine „unerwartete Renaissance“ von Afri-Cola. In der Techno-Szene war das stark koffeinhaltige Getränk als „Mutter“ aller neueren Wachmacher wie Red Bull wiederentdeckt worden. In Köln, Berlin und Hamburg verkaufte sich das Getränk, das nun in extra kleinen Flaschen abgefüllt und in gammligen alten Lastwagen vor die Raver-Clubs gefahren wurde, wie rasend. Doch 1997 war der Afri-Cola-Rausch endgültig verflogen.

Die alleinige Lizenz wurde an die Mineralbrunnen Überkingen-Teinach AG vergeben, die schon Bluna übernommen hatte. „Das ist mir unheimlich schwer gefallen“, gesteht Flach, der nach wie vor Eigentümer der beiden Marken ist.

Dort, wo jetzt das Marriott entstehen soll, ist niemals wirklich Afri-Cola in Flaschen abgefüllt worden, obwohl die meisten das annahmen. Was hier zusammengemischt wurde, war die Grundessenz, mit der die lizenznehmenden Braustätten beliefert wurden. Das galt auch für Bluna. „Nach dem Krieg haben wir eigene Apfelsinenschälerinnen gehabt“, sagt Flach, „da haben wir dort ein Halbfertigprodukt destilliert und gemischt.“

Von seiner Firma sind nach der Entschuldung vor allem Immobilien übrig geblieben. Unter anderem die Abfüllstätten am Neusser Wall und der Oskar-Jäger-Straße, wo heute der Firmensitz ist. An einem anderen Produktionsort bei Bochum ist inzwischen ein Gartencenter eröffnet worden, und wo früher die Abfüllanlagen in Salzburg braune Brause produzierten, steht heute ein Einkaufszentrum.

Und noch etwas ist übrig geblieben – die „Febena-Pharma“, die wie Afri-Cola aus den 30er Jahren stammt, und unter anderem „Siozwo“-Nasensalbe herstellt. Für Flach ist das Nebeneinander nicht weiter verwunderlich: „Vom chemischen Standpunkt her ist es kein großer Unterschied, Essenzen für die Nahrungsmittelproduktion oder Tinkturen für den Pharmabereich herzustellen.“

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