WirtschaftsstreitEU gibt Brexit-Handelspakt noch nicht auf - Johnson droht

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Brexit Abkommen

Im Streit über den Brexit-Handelspakt zwischen EU und Großbritannien

Brüssel/London – Im Streit über einen Brexit-Handelspakt will die Europäische Union eine von Großbritannien gesetzte Frist zur Einigung ignorieren und auch in den nächsten Wochen intensiv verhandeln. Dies geht aus einem Entwurf des Abschlussdokuments zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel hervor.

Der britische Premierminister Boris Johnson hält sich hingegen weiter offen, die Gespräche abzubrechen. Johnson hatte mit dem Rückzug vom Verhandlungstisch gedroht, falls bis 15. Oktober kein Kompromiss mit der EU gefunden ist - also bis zu diesem Donnerstag.

Johnson droht mit Rückzug aus Verhandlungen

Dabei geht es um einen Vertrag, der die wirtschaftlichen Beziehungen nach der Brexit-Übergangsphase ab 2021 regeln und so Zölle und Handelshemmnisse vermeiden soll. Von einer Übereinkunft ist man jedoch weit entfernt. Am Mittwoch ließ Johnson erklären, er werde nach dem zweitägigen EU-Gipfel entscheiden, ob Großbritannien weiter verhandele.

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Es seien in den vergangenen Tagen zwar Fortschritte erzielt worden, wie ein Regierungssprecher in London mitteilte. Doch gebe es immer noch Differenzen, vor allem bei den Fischerei-Rechten. Für Mittwochabend hatte Johnson ein Telefonat mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratschef Charles Michel vereinbart, um vor dem EU-Gipfel den Stand der Dinge zu klären.

„Wir sind an einem kritischen Punkt“ 

In dem vorbereiteten EU-Gipfeldokument hieß es, der Europäische Rat „nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass Fortschritte bei den für die Union wichtigsten Fragen unzureichend sind“. Die EU wolle weiter eine Einigung.

Unterhändler Michel Barnier sei gebeten, „die Verhandlungen zu intensivieren, um sicherzustellen, dass eine Vereinbarung ab 1. Januar 2021 angewendet werden kann“. „Wir sind an einem kritischen Punkt“, sagte ein EU-Vertreter am Mittwoch.

Brüssel fordert gleiche Wettbewerbsbedingungen

Brüssel erwarte von London Zusicherungen bei drei wichtigen Punkten: gleichen Wettbewerbsbedingungen im Gegenzug für britischen Zugang zum EU-Binnenmarkt, Fischerei und Instrumenten zur Schlichtung im Fall von Verstößen gegen das Abkommen.

„Wir sehen keine Bewegung auf der anderen Seite des Kanals“, sagte der EU-Beamte. Aus EU-Sicht muss ein Abkommen Ende Oktober stehen, damit Zeit zur Ratifizierung bleibt. 

Realistische Gefahr eines Scheiterns

Der Bundesverband der Deutschen Industrie rief gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden Frankreichs und Italiens nochmals zur Einigung auf. „Es besteht die realistische Gefahr, dass es zu keinem Abschluss kommt“, warnten sie in einer gemeinsamen Erklärung.

Beim EU-Gipfel beraten Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen auch den Vorschlag der EU-Kommission für ein neues Klimaziel. Demnach soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 gebracht werden. Merkel unterstützt dies, doch sehen einige Länder wie Polen und Tschechien Klärungsbedarf. Beschlüsse sind noch nicht geplant.

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Gipfelthema sind zudem die Beziehungen der EU zu Afrika und diverse außenpolitische Krisen. Griechenland will den Erdgasstreit mit der Türkei erneut zur Sprache bringen. Ankara treibt Erkundungen voran, die Griechenland und Zypern als illegal erachten.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich erst bei ihrem Gipfel vor zwei Wochen darauf verständigt, bei weiteren Provokationen der Türkei Sanktionen anzudrohen. Darüber soll spätestens im Dezember entschieden werden. (dpa)

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