„Das war völlig freiwillig“

Lesezeit 3 Minuten
Winnetou Guttenbrunner spricht über die Geheimdienst-Tätigkeit ihres Vaters Carl Zuckmayer.

Winnetou Guttenbrunner spricht über die Geheimdienst-Tätigkeit ihres Vaters Carl Zuckmayer.

Jüngst wurde bekannt, dass der Dichter während seiner Exilzeit den OSS mit Porträts im Dritten Reich verbliebener Deutscher beliefert hat. Harald Biskup sprach mit seiner Tochter Winnetou Guttenbrunner.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Frau Guttenbrunner, was hat Ihr Vater mit seinen Porträts für den amerikanischen Geheimdienst OSS bezwecken wollen?

GUTTENBRUNNER: Er war der Überzeugung, dass die Deutschen das Land nach dem Zusammenbruch kulturell selbst wieder aufbauen sollten. Ich weiss nicht, ob die Amerikaner auf seine Informationen angewiesen waren, aber ich nehme an sie wollten wissen, welche Leute man nach dem Krieg gebrauchen kann und auf welche man unter gar keinen Umständen bauen konnte.

Gehen Sie davon aus, dass vom OSS Druck auf ihn ausgeübt wurde?

GUTTENBRUNNER: Nein, das ist lächerlich. Wenn er es nicht hätte machen wollen, hätte er es nicht gemacht. Es hat keinen Psychoterror gegeben. Ich glaube, dass die CIA vielleicht etwas anders arbeitet, als die damals gearbeitet haben. Es wurde ihm angetragen, nahegelegt, aber es war völlig freiwillig. Gegen Druck hätte er sich gewehrt.

Anders als Thomas Mann war Ihr Vater kein Anhänger der Kollektivschuld-These. Wie hat sich diese Haltung herausgebildet?

GUTTENBRUNNER: Diese Haltung hatte er immer, die hat sich nicht neu bei ihm entwickelt. Er war von Anfang an der Ansicht, dass nicht alle Deutschen Nazis waren. Er kannte einfach viele Künstler und Intellektuelle, Peter Suhrkamp etwa, von denen er vollkommen überzeugt war, dass sie nie umfallen würden und immer zuverlässig sind.

Glauben Sie, dass jetzt wieder der Vorwurf hochkommt, der Zuckmayer war ein vaterlandsloser Geselle?

GUTTENBRUNNER: Wenn es kommt, kommt`s, da kann man nichts ma chen. Das wird schon noch irgend woher kommen, dass er ein Denun ziant war. Meine Güte, dann sollen sie's halt sagen.

Fürchten Sie, manche Anhänger könnten sich deswegen abwenden?

GUTTENBRUNNER: Das glaube ich nicht, aber wenn es passiert, ist es Pech. Manche haben ja umgekehrt in „Des Teufels General“ eine Nazi-Verherrlichung gesehen. Aber damit sind wir auch fertig geworden.

Trifft es zu, dass Sie vom Inhalt der Dossiers keine Kenntnis hatten?

GUTTENBRUNNER: Ja, natürlich, jedenfalls zu dieser Zeit nicht, und es wäre auch ein Wahnsinn gewesen, wenn er das herumerzählt hätte. Mit der Mutter wird er darüber gesprochen haben. Ich habe erst irgendwann in den 60-ern hier in Saas Fee davon gehört, mich aber nicht darum gekümmert. Mein Vater wollte sie die ganze Zeit nicht veröffentlicht haben, was ja verständlich ist. Es ging nicht ohne Kommentar, weil mein Vater sich ja auch in vielem geirrt hat, denn er war lange nicht selbst in Deutschland. Die Kommentierung geschieht nun ja durch die Herren vom Marbacher Archiv.

Haben Sie der Veröffentlichung erst jetzt zugestimmt, weil außer der Regisseurin Leni Riefenstahl, mit der er nicht so freundlich umgeht, keiner der Porträtierten mehr lebt?

GUTTENBRUNNER: Na ja, man muss ja nicht mit allen freundlich umgehen. Aber Sie haben Recht: Der Zeitfaktor spielt schon eine Rolle.

Warum ist Ihr Vater nicht nach Deutschland zurückgekehrt?

GUTTENBRUNNER. Wenn man viele Jahre weg war, fühlt man sich nicht mehr ganz zu Hause, oder? Es stimmt schon, es kränkte ihn, dass man die Ausbürgerung durch die Nazis nie zurück genommen hat. Aber das soll man auch nicht überbewerten. Er wäre bestimmt nicht nach Deutschland zurückgekehrt, auch wenn man ihn dazu aufgefordert hätte.

Sie heißen Winnetou Maria - eine seltene Namens-Kombination...

GUTTENBRUNNER: Mein Vater hat Karl May geliebt, und meine Mutter wollte einen Sohn, so einfach ist die Geschichte. Wenn man mich Maria ruft, reagiere ich gar nicht. Ich hatte nie einen Problem mit dem Namen, schon durch die Emigration nicht.

KStA abonnieren