Nach 91 Jahren muss das Traditionscafé Zimmermann in der Innenstadt schließen. Der Eigentümer veranstaltete gestern einen Trödelmarkt und verkaufte das komplette Inventar.

Die Theke ist leer, die Stühle sind aufeinander gestapelt, und auf den Tellern befindet sich kein leckeres Stück Torte, sondern ein weißes Schild mit schwarzen Lettern: Verkauft. Mit¦tendrin tummeln sich ein paar ältere Damen, die ein Schnäppchen machen wollen. Aber sie sind zu spät. Am frühen Nachmittag bereits ist der Laden so gut wie leer geräumt. Nur ein paar alte Backformen stehen noch zur Auswahl. „Das ist alles direkt heute Morgen weggegangen“, erzählt Thomas Schütt, Eigentümer der Konditorei. Junge Unternehmer, die selbst ein Café eröffnen wollen, haben sich einen Großteil des Angebots geschnappt. Geschirr, Möbel, ja sogar der Backofen und die Rührmaschine wurden abtransportiert. „Ich hätte nicht gedacht, dass der Markt so gut läuft“, gesteht der Konditormeister mit bedauernder Miene. Denn das, was dort in nur ein paar Stunden veräußert wurde, hat schließlich eine fast 100-jährige Geschichte.

1911 hatte Schütts Urgroßonkel das Café in der Herzogstraße, einer Nebenstraße der Schildergasse auf Höhe von C & A, eröffnet. 1943 wurde das Gebäude im Krieg zerstört, erst sechs Jahre später bot der Konditor seine beliebten Sahnetorten wieder an. Anschließend übernahm der Großvater, später der Vater den Betrieb. Vor einigen Jahren ist Thomas Schütt in die Fußstapfen seiner Vorfahren getreten. Doch nun ist alles vorbei. Das Café trifft nicht den Geschmack von jungen Kunden - zumindest das Ambiente nicht. Die Spezialität des Hauses - die Havannatorte - wird von Jung und Alt gleichermaßen geliebt. Die wird es auch in Schütts neuem Café in Junkersdorf geben. Das ist etwas moderner eingerichtet und soll auch Jüngere locken.