Ein Dolmetscher in Krisenzeiten

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Je gebildeter die Paare sind, desto schwieriger ist ihr Umgang miteinander, so die Erfahrung einer Paar-Beraterin.

Wenn es kriselt, suchen manche Paare auch externe Hilfe. Zum Beispiel bei Martina Gummich, Sozialpädagogin, die seit 13 Jahren Paare in Konfliktsituationen berät. Ein Dauerthema: sexuelle Unlust. Während vor Jahren vorwiegend Frauen darunter litten, hat diese jetzt auch die Männer erwischt. Die Gründe erfährt Martina Gummich in ihren Beratungsstunden: zu starker Druck im Beruf und sozialem Umfeld, zu hohe Erwartung an Leistung und gesellschaftliche Mobilität. „Die Psyche ist viel langsamer, als wir denken“, sagt die 40-jährige Sozialpädagogin. Folglich sei die Sehnsucht bei Männern und Frauen, sich zu entspannen, weitaus größer als die Lust auf Sex.

In schwierigen Phasen schaffen Paare es oft nicht mehr allein, wieder zueinander zu finden, sagt Martina Gummich, selbst verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Beide brauchen einen „Dolmetscher“. Gummich sieht eine Chance für eine gute Paarbeziehung nach der ersten Phase des grenzenlosen Glücks nur, wenn „Mann und Frau Freunde werden, pfleglich miteinander umgehen und Verständnis füreinander haben.“

Die Frauen, so Gummichs Erfahrung, neigen eher dazu anzuklagen und tun sich schwer zu sagen: „Ich wünsche mir . . .“ Sie fürchten, angreifbar zu werden und verletzlich, so die Erfahrungen aus ihrer eigene Praxis ihrer Arbeit im Kölner Familienforum Südstadt. Männer nehmen, haben sie erst einmal den Schritt zum Berater getan, dessen Empfehlungen positiver und schneller auf. Zu diesen Empfehlungen gehört, dass beide in einer stabilen Beziehung eine gute Portion unverplanter Zeit benötigen. Hinzu kommt, dass die Probleme gelegentlich größer werden je höher die Bildung ist. „Ungebildete Schichten haben traditionelle Rollenverteilungen“, sagt Gummich. „Je gebildeter, desto differenzierter und schwieriger der Umgang miteinander.“

Daher erstaunt es nicht, dass „eher die Besserverdienenden zur Beratung kommen“ - ob mit Trauschein oder ohne. Der hat, so meint die Sozialpädagogin, allerdings eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. „Wer sich traut, die Ehe einzugehen, der hat sich damit meist intensiv auseinander gesetzt. Wer diesen Schritt nicht macht, der sollte sich schon fragen, welche Vorbehalte und Ängste er hat und warum er nicht ganz einfach »Ja« sagen kann.“

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