Eine Ode an den urkölschen Adel

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Thomas Helmer (l.) und Stefan Steinacker

Thomas Helmer (l.) und Stefan Steinacker

Die Schmitzens sind allgegenwärtig in Köln. Sie füllen allein fünf Seiten des Telefonbuchs. Und sie haben schon immer hier gelebt. „Die Wurzeln der Dynastie reichen fast zwei Jahrtausende zurück“, sagt Stadtführer Thomas Helmer lächelnd. Im ersten nachchristlichen Jahrhundert nämlich sollen sich einer Legende zufolge blonde Ubiermädchen mit dunkelhaarigen römischen Legionären auf einer Rheininsel zum Stelldichein getroffen und die inzwischen weit verzweigte Familie gegründet haben. Eine amouröse Fortführung der schon länger praktizierten ubisch-römischen Bündnispolitik: Es waren die Welteroberer aus Rom, die den germanischen Stamm im Linksrheinischen ansiedelten, nachdem sie die dort lebenden Eburonen vernichtet hatten.

An die Entstehung des Kölner „Stammbaums“ erinnert ein Denkmal auf dem Platz vor der Kirche Groß St. Martin: die Schmitzsäule, welche allen Vertretern des uralten Geschlechts gewidmet und auch Lieblingsort von Thomas Helmer ist. „Der typisch kölsche Humor kommt hier schön zur Geltung“, findet der 32-Jährige. Die Menschen hier nähmen sich gern selbst auf die Schippe und betrachteten auch die Stadthistorie mit Augenzwinkern. So verrät eine Inschrift auf der Stele, dass sich dort die liebeslustigen Römer und Ubierinnen zum Tête-à-Tête verabredet haben sollen. Denn wo sich heute die Altstadt ausbreitet, lag vor Jahrhunderten das von einem Rheinarm umspülte Eiland. Erst später wurde es durch Aufschüttung mit Colonia verbunden.

Noch viel später, 1969, wurde das vom Bauunternehmer Jupp Engels gestiftete Schmitz-Denkmal vollendet. „In dem Jahr, als Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat - mit dem linken Fuß“, sagt der Stadtführer. Der Vollständigkeit halber wurde auch dieser Hinweis in den Stein gemeißelt sowie die Information, dass 389 994 Kilometer plus 100 Meter zwischen dem Monument und dem Erdtrabanten klaffen. An solch kleinen Absurditäten hat Thomas Helmer Spaß. So wie sein Kompagnon Stefan Steinacker, mit dem er eine kabarettistische Führung durch die Altstadt anbietet. Verkleidet als Tünnes und Schäl, interpretieren sie die kölsche Geschichte auf ihre Weise. Helmer spielt den Schäl, sein Mitstreiter den Tünnes, der - natürlich - ebenfalls mit Nachnamen Schmitz heißt.

Mit Wonne nehmen sie sich gegenseitig auf den Arm, aber in einem sind sich beide Stadtführer einig: Die „Schmitzens“ werden zu Recht als urkölscher Adel verehrt, auch ohne Titel. Nicht nur wegen ihrer bis in die Antike reichenden Tradition. Sondern ebenso, weil viele Vertreter der Dynastie sich ums Gemeinwohl verdient machten. Zum Beispiel jener Herr, der sich zu Zeiten des 30-jährigen Krieges liebevoll um vereinsamte Damen in Köln gekümmert haben soll, während viele andere Männer im Kampf fielen. „Jeden seiner Nachkommen hat er offiziell anerkannt“, ergänzt Helmer.

Damals konnte sich die Fraktion der Schmitzens über reichlich Zuwachs freuen. Und inzwischen ist sie noch größer geworden. Thomas Helmer rechnet sich dazu, auch wenn sein Nachname nicht darauf hindeutet. „Meine Mutter ist ebenfalls eine gebürtige Schmitz“, verrät der Stadtführer.

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