Galerie-WerkstattHandwerk trifft auf Kunst und Kuchen

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Eine selbst gezimmerte, fantasievolle Theke, Bistrotische und Kunst laden in der „Galerie-Werkstatt No. 16“ zum Verweilen ein. (Bild: CA)

Eine selbst gezimmerte, fantasievolle Theke, Bistrotische und Kunst laden in der „Galerie-Werkstatt No. 16“ zum Verweilen ein. (Bild: CA)

Bergisch Gladbach – Eigentlich kennt man Achim Culmann als Obermeister der Schreinerinnung Bergisches Land und als exzellenten Restaurator von alten Klavieren, Tischen, Schränken. Ehefrau Corinna hat sich als Goldschmiedin einen Namen gemacht. Doch seit vergangenem Mai haben sich Laden und Werkstatt mächtig gewandelt: Es gibt dort eine selbst gezimmerte, fantasievolle Theke mit historischen Pin-up-Bildern, Bistrotische mit bunten Intarsien und Schellackversiegelung, Lüster aus alten Weingläsern, zudem Kunst und alte Spiegel an den Wänden. „Vieles hab' ich aus dem Sperrmüll gefischt und aufgearbeitet“, sagt Culmann über den frischen Stilmix zwischen Omas Küchenstuhl und Bugholzstuhl à la Thonet.

Der Blick aus dem Schaufenster fällt auf eine kleine, gepflegte Parkanlage mit breiten Wegen. War die nicht vor kurzem noch zugewuchert?

Nur Insider wissen, was sich in der Wilhelm-Klein-Straße 16 getan hat. „Wir machen keine Werbung - unser Konzept spricht sich rum“, sagt Achim Culmann, der dem Beruf als Handwerker noch einen Zweitjob als Wirt angehängt hat.

In der ersten Wochenhälfte - montags, dienstags und mittwochs - wird in den Werkstätten Holz gesägt und geschliffen sowie Gold und Silber gelötet; donnerstags, freitags und samstags gibt es in den Räumen von 11 bis 23 Uhr etwas zu essen und zu trinken. Vielversprechend sind die Mascarpone-Torte und der Cappuccino, aber es locken auch herzhafte Antipasti, Toasts und Frikadellen. Im Mittelpunkt stehen bei den Gästen jedoch nicht kulinarische Genüsse, sondern Begegnungen in einer pittoresken, unkonventionellen Umgebung.

„Wir Freundinnen treffen uns jetzt hier zum Plaudern. Und hier sind immer nette Gäste, mit denen man angeregt diskutieren kann und von denen man was Neues erfährt“, sagt eine ältere Dame. Sofort entwickelt sich ein Gespräch über die Werke der Windecker Künstlerin Krines, die Culmann noch bis Mitte Dezember präsentiert: skizzierte Kreuze, ausgemalt mit mythischen Szenen und archaischen Figuren, deren Gestalten an alte Höhlenzeichnungen, aber auch an Comics erinnern. Man muss immer wieder hinschauen, bis sich der Blick auf den oft mythologischen Inhalt öffnet - ein Geheimnis.

Doch wie kommt die eigenwillige Krines, die ganz zurückgezogen mit Deerhounds und Araberpferd auf einem Anwesen lebt, das man nur über Stock und Stein erreichen kann, in Culmanns Galerie-Werkstatt? Seit Jahren hat die Künstlerin nicht mehr ausgestellt. Doch der Tischler hat ihr die Werke, die in der Einöde entstanden, entlockt. „Und jetzt ist sie glücklich über die Resonanz hier bei unseren Leuten in Refrath“, berichtet Achim Culmann, der vor Jahrzehnten zusammen mit Krines die Tischlerlehre absolvierte.

Krines studierte freie Malerei und Bühnenbildnerei bei Marx in Köln und wurde Künstlerin. Culmann wurde Meister und spezialisierte sich auf Restaurierung, hatte aber immer auch Kunst, Kultur und das Miteinander im Visier. Im Keller betreibt er noch eine Schwarz-Weiß-Dunkelkammer, in der er seine Street-Fotografien aus London vergrößert - im alten Stil mit Fotopapier, Entwickler und Fixierer. Auch die eigenen Werke stellt er im Bistro aus, wenn gerade mal kein Künstler zu Gast ist. Lesungen und Musik sind angesagt. Ein altes aufmöbliertes Klavier steht im Durchgang. „Eine Kundin hat es mir überlassen, nachdem es lange nach dem Umzug unter der tröpfelnden Dachrinne gestanden hatte. Ich habe es restauriert, es klingt wieder ausgezeichnet“, freut sich Culmann. Wer will, kann darauf spielen - ganz spontan.

Ein Programm oder gar eine Broschüre gibt in der Galerie-Werkstatt nicht. Und auch keine offiziellen Einladungen. „Wir schreiben per E-Mail, was bei uns los ist und setzen auf Mundpropaganda“, informiert Achim Culmann und lässt sich die E-Mail-Adressen von seinen Gästen geben.

Die Sache läuft - im Sommer feierte der Arbeitskreis der Künstler Bergisch Gladbach (AdK) hier sein Sommerfest. Inzwischen haben viele die Galerie-Werkstatt entdeckt. „Unsere Gäste reichen vom Generaldirektor bis zum Kanalarbeiter. Und Frauen schätzen, dass sie hier auch allein hinkommen können“, so Culmann. Im Frühjahr werfen wieder die Boule-Spieler auf dem Wege im Mini-Park ihre Kugeln.

Boule war übrigens der Auslöser für die zweite Existenz der Culmanns. „Doch der Park war total zugewuchert. Da haben wir mit der Stadt vereinbart, dass wir die Fläche in den Urzustand versetzen, darauf aufpassen und im Gegenzug die Freifläche nutzen dürfen - für die Bewirtung und zum Boule-Spielen“, erinnert sich Achim Culmann an die Anfänge. Zurzeit hocken ein goldener Rabe und ein bronzener Ikarus draußen auf dem Plateau, auf dem im Sommer die Gäste an den Bistrotischen sitzen.

Beim Abschied ist im Hintergrund ein Chopin-Walzer auf dem Flügel zu hören. Direkt neben Culmanns ist die neue Franz-Liszt-Akademie. Es tut sich was in der Wilhelm-Klein-Straße.

Galerie-Werkstatt No. 16, Wilhelm-Klein-Straße 16, Informationen: 02204 / 6 29 50.

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