Geschützte Monumentalität

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Mitten im Gerling-Viertel: Der Breker-Brunnen auf dem Gereonshof

Mitten im Gerling-Viertel: Der Breker-Brunnen auf dem Gereonshof

Der erwogene Umzug der Versicherung lenkt das Interesse auch auf die Architektur, an der Arno Breker mitgewirkt hat.

Eigentlich kamen sie ganz gut an, die zahlreichen Häuser, mit denen der Kölner Versicherungskonzern Gerling nach dem Zweiten Weltkrieg den Firmensitz in einem ehemaligen Wohngebiet im Gereonsviertel vergrößerte. Erst die höchst opulente, aber nicht öffentliche Feier, mit der im September 1958 der Abschluss der Bauarbeiten am Gereonshof gefeiert wurde, sorgte für einen Wandel in der öffentlichen Meinung. „Da schlug die Stimmung um“, sagt die Kunsthistorikerin Hiltrud Kier - in ihrer Amtszeit als Stadtkonservatorin wurde der Gebäudekomplex unter Denkmalschutz gestellt. Seit den Feierlichkeiten sprach man gerne von der „Kleinen Reichskanzlei“ und betonte die Rolle, die der im Dritten Reich hoch geschätzte Bildhauer Arno Breker bei Entwurf und Bau des Komplexes gespielt habe.

Tatsächlich hat sich Breker in den Gerling-Bauten verewigt: So stammen die Figuren auf dem zentralen Brunnen am Gereonshof von ihm, genauso mehrere an den Wänden der Gebäude angebrachte Reliefs. An den Bauten selbst dagegen war er, so Hiltrud Kier, weit weniger beteiligt, als häufig angenommen wird. „Sein Entwurfsanteil an ist wesentlich geringer als der des Bauherrn Hans

Gerling und der anderen beteiligten Architekten.“ Zu diesen gehörten etwa Kurt Groote, Karl Piepenburg, Helmut Hentrich und Hans Heuser - sie alle waren, wie bei vielen Bauaufgaben der Nachkriegsjahre üblich, bereits im Dritten Reich offiziell tätig gewesen.

Für Gerling bauten sie zunächst einmal so, wie es gerade für Versicherungen typisch ist: Eher traditionell, repräsentativ, dabei gerne mit Werksteinfassaden, die die Solidität des Unternehmens betonen sollen. Das 1953 fertig gestellte Hochhaus am Gereonshof sollte, so hieß es, den stetig steigenden Platzbedarf des Konzerns auf kleiner Grundfläche befriedigen. Auf die benachbarte Basilika St. Gereon wurde dabei wenig Rücksicht genommen. Gegenüber entstand bis 1958 eine neoklassizistische, für Köln vergleichsweise kleine und bis heute nicht

wirklich angenommene Platzanlage vor einem fünfgeschossigen Gebäude mit Seitenflügeln.

Es ist nun gerade dieser Platz, dem das Etikett „Nazi-Architektur“ anhängt. Dabei steht tatsächlich ein ganz anderes Gebäude in der Tradition der Architektur des Dritten Reichs: Der 1951 fertig gestellte Mittelbau an der Von-Werth-Straße „ist tatsächlich mit den Merkmalen versehen, wie wir sie in den 30er Jahren bei offiziellen Bauten haben“, so Hiltrud Kier. Dazu gehören die Monumentalisierung des obersten Geschosses durch eine Reihe von Pfeilern, dazu gehören die scharf eingeschnittenen Fenster- und Türöffnungen des Hauses. Kurt

Groote, der dieses Haus für Gerling entwarf, war Architekturmitarbeiter der SS-Zeitschrift „Das Schwarze Korps“ und ab 1944 im Wiederaufbaustab von Düsseldorf tätig.

Bruno Paul dagegen, der Architekt der beiden anschließenden, bereits in den 30er Jahren entstandenen Flügel, hatte zuvor das hochmoderne Dischhaus in der Innenstadt gebaut und musste sich im Dritten Reich mit Privataufträgen durchschlagen. Der vornehmlich einheitlich wirkende Komplex hat also durchaus unterschiedliche Seiten, bis hin zum erst 1966 zur Straße „Im Klapperhof“ hin errichteten Rundbau der Architekten Sobotka und Müller. Allen Gebäudeteilen gemein ist jedoch der gute Zustand: „Es ist immer ausreichend saniert worden“, weiß Hiltrud Kier.

Was aus den Bauten wird, ist noch unklar. Bleibt Gerling, gibt es einen neuen Büro-Mieter - oder werden tatsächlich Wohnungen aus dem zentral gelegenen Komplex? Mit einer Umnutzung hätte die Denkmalschützerin Hiltrud Kier keine Probleme: „Die Stadt würde ein einstiges Wohnviertel wieder dem Wohnen zurückgeben - es ist eine hervorragende, ruhige Wohnlage.“ Ein Umbau sei auch unter Denkmalschutzbelangen absolut möglich, zu retten seien dabei die Treppenhäuser, die Platzanlage samt Brunnen „und das Büro von Gerling, vielleicht sogar samt Ausstattung“.

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