Klezmer und ein Sack Salz

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Das Kölner Klezmer-Tov-Ensemble um den Geiger Igor Epstein spielte im Straßenbahn-Museum.

Das Kölner Klezmer-Tov-Ensemble um den Geiger Igor Epstein spielte im Straßenbahn-Museum.

Die alte Pferdebahn im Straßenbahn-Museum Thielenbruch passt wunderbar zu den Geschichten von Alexander Kostinskij im Rahmen der 3. Jüdischen Kulturtage. Der Münchner Erzähler nimmt seine Zuhörer mit auf eine Zeitreise. Er fabuliert mit Ruhe und Liebe zum Detail. Da kann man den Tee mit den hauchdünnen Zitronenscheiben fast riechen. Den gab es einst in Kiew bei Großvater Josef. Das Leben mit ihm, einem Schneider und Erzähler, war für die Großmutter schwierig, „ein Leben mit einem Sack Salz“, schmunzelt der Enkel. „Aber ohne Salz können wir nicht leben.“ Kostinskijs Sprachfehlerchen passen gut zu seinen Helden und Fantasten, zu dem Tischler, der mit dem Wind redet, und zu dem Pechvogel, dem das Brot immer mit der Butterseite zu Boden fällt. In den Geschichten stecken ein Hauch Melancholie und leise Selbstironie. Da folgt man gern dem Träumer, der nach Odessa reist, um dort von dem Schatz daheim im eigenen Garten zu erfahren. Was aber ist der Schatz? Ein Papierchen mit dem Rat: „Willst du glücklich sein, dann du musst glauben ab und zu an einen Traum.“ Die Komik dieser Erzählungen verlacht niemanden, auch nicht den Schneider, der sich partout nicht von seiner löchrigen Mütze trennen will. Er weiß, dass viele schöne Dinge Löcher brauchen. Zum Beispiel Instrumente wie Geige, Klarinette, Bassklarinette, Gitarre und Piano. Die spielt das sehr unterschiedlich besetzte Kölner Klezmer-Tov-Ensemble um den Geiger Igor Epstein. Die Musik reicht von Medleys über ostjüdische Lieder bis zu Tänzen wie Horrah, Bulgar, Kasatschok. Manchmal schleicht sich eine leise Melodie schon in Kostinskijs Liebeserklärungen ein. Solche Ruhe bringt der Geiger nur selten auf. Er imponiert zwar mit virtuosen Passagen, setzt aber auf krasse Wechsel, auf extreme Tempi und Lautstärkegewitter. Da kommt Hektik auf. Besser passt zu Kostinskijs weisen, ruhevollen Geschichten das Spiel des erfahrenen Klarinettisten Laslo Dömötör, er kann mit hauchzarten Tönchen verzaubern und einer kleinen Melodie ihre ganz eigene Seele geben.

Dieser Abend „Klangvolle Erzählungen“ war ein Kölner Bonbon im Programm der Jüdischen Kulturtage, die Paul Spiegel, der verstorbene Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, 2002 ins Leben gerufen hat. Diesmal sind 17 rheinische Städte beteiligt. Weitere Veranstaltungen bis 1. April findet man im Internet.

 www.juedische-kulturtage-rheinland.de

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