Köln-Lindenthal - Dürener StraßeDer Bunker im Stadtwald

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Dürener Straße in Köln-Lindenthal.

Dürener Straße in Köln-Lindenthal.

Ich bin 1933 geboren. Wir wohnten damals in Lindenthal auf der Dürener Straße 246. Das Haus war früher ein Gutshof, später ein Ausflugslokal und wurde dann umgebaut zu einem Gemeindehaus der Neuapostolischen Kirche. Das Haus hatte viele Nischen zum Verstecken und einen großen Garten zum Spielen. Schräg gegenüber war der Stadtwald-Eingang. Oft ging ich mit meinen Freundinnen und unseren Puppenwagen in den Stadtwald. Dazu mussten wir die Dürener Straße überqueren und zweimal den Stadtwald-Gürtel, dazu noch unsere jüngeren Geschwister an der Hand. Es gab damals nicht so viele Autos, aber die Linie 1 und 2 und die Frechener Bahn fuhren über die Dürener Straße. Auf dem Gürtel fuhr damals schon die Linie 13. Natürlich gab es noch keine Ampeln. Im Stadtwald pflückten wir Gänseblümchen und Butterblumen auf der Wiese, immer mit wachsamen Aug auf den "Jäsch" (der Gärtner), denn da standen Schilder am Rand: Betreten des Rasens verboten. Am Stadtwald-Eingang stand in der Weihnachtszeit ein riesengroßer Weihnachtsbaum mit vielen Lichtern geschmückt. Dann stand ich abens immer ein Weilchen in der Haustür und sah auf die Pracht. Im Sommer stand da das Eismännchen mit seinem Karren. Von der Oma bekam ich sonntags 5 Pfennig geschenkt und da ging ich zum Eismann und sagte: "Für 5 Pfennig Bananeneis, aber gut gemessen!" So hatten mir die großen Nachbarsjungen das beigebracht. Ein bisschen verdrießlich kratzte das Männchen mit einer Spachtel gelbem Eis auf ein Waffelschiffchen. - Lecker, Bananeneis!!

Am Eingang stand auch ein Kamelle-Büdchen. So gerne hätte ich mal eine Zuckerstange gehabt, die man so schön spitz anlutschen konnte, aber Mutter kaufte nur Butterkeks, das war gesünder. Sonntags brachte der Opa Bonbons mit, das musste reichen. Am Eingang war auch ein großes Trafohäuschen mit einem Vordach und 2 Bänken drunter. An dem Häuschen stand oft der "lange Lambät". Das war ein großer, sehr schlanker Mann in einem feinen grauen Anzug. Er war wohl behindert. Er stand da stundenlang und guckte den Autos nach. Oft sah man ihn auch am Corso-Kino stehen, da gab es auch was zu gucken für ihn. Er gehörte einfach zum Stadtbild im Veedel. Und dann hatten wir Krieg und es gab keinen Lichterbaum mehr wegen der Verdunklung und das Eismännchen kam auch nicht mehr, wegen den Zuckermarken. Alles war rationiert. Am Stadtwald bauten sie nun einen Bunker. Große Betonröhren wurden in die Erde eingelassen und der Aushub kam darüber. Nun spielten die Jungen Krieg und bewarfen sich mit den Lehmbrocken, die vom Bunker runter rollten. Auf der einen Seite der Lindenthaler, auf der anderen die "Krieler Krade."

Nun schenkte die Oma mir sonntags 20 Pfennig für den Kölner Stadt-Anzeiger und ich ging ihn am Büdchen an der Ecke Lindenthal-Gürtel holen. Jeden Sonntag war in der Zeitung ein kölsches Verzällche vum Lis Böhle, die ich liebend gern las. Ich habe sie ausgeschnitten und sie in die Evakuierung mitgenommen und besitze sie heute noch.

Am Stadtwald-Eingang trafen sich nun die Jungen und Mädchen aus dem Jungvolk in ihren Uniformen. Sie mussten sich der Größe nach aufstellen und dann ging's immer zu viert in der Reihe über die Dürener Straße bis hin zum Maifeld im Marschtempo mit Gesang, dazu ging die Trommel bum, bum, bumterata bum und die Jungen knallten mit ihren genagelten Schuhen auf das Kopfsteinpflaster. Das Maifeld war am Aachener Weiher. Da stand ein riesengroßer Reichsadler aus Metallgitter. Heute ist dort ein Berg, der Monte Clamotto, man hat dort die Trümmer von Köln hingebracht und Gras drüber wachsen lassen. Als ich nach dem Krieg wieder über die Dürener Straße ging, war alles schwarz verbrannt, nur noch Ruinen. Auch das Corso-Kino war ausgebrannt. Die letzte Reklame vom Film war noch zu lesen: Es war eine rauschende Ballnach - wer stand da ? Der lange Lambert. Er hatte den Krieg überstanden. Gott sei Dank!

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