LebenswerkDer „Naturpapst“ geht in Pension

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Narzissenfest 1999: Dr. Wolfgang Schumacher (von rechts) begrüßte Bürgermeister Manfred Ernst, Gemeindedirektorin Regina Wildenburg, Ex-Kanzler-Gattin Loki Schmidt, Landrat Günter Rosenke, Pate Jean Pütz und Staatssekretär Dr. Thomas Griese. (Bild: Züll)

Narzissenfest 1999: Dr. Wolfgang Schumacher (von rechts) begrüßte Bürgermeister Manfred Ernst, Gemeindedirektorin Regina Wildenburg, Ex-Kanzler-Gattin Loki Schmidt, Landrat Günter Rosenke, Pate Jean Pütz und Staatssekretär Dr. Thomas Griese. (Bild: Züll)

Mechernich-Antweiler – Wenn man die Entwicklung des Naturschutzes im Kreis Euskirchen seit Beginn der 1970er Jahre betrachtet, dann kommt man an einem Mann nicht vorbei: Niemand hat den Kreisbürgern so sehr das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Erhalts seltener Flora und Fauna geschärft wie der Geobotaniker Professor Dr. Wolfgang Schumacher (66) aus Antweiler. Für ihn beginnt in Kürze der Ausstieg aus dem Universitätsbetrieb. Die offizielle Emeritierungsfeier findet am 16. April in der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn statt. Es werden allein 150 ehemalige Studenten erwartet. Doch der Übergang in den Ruhestand wird fließend sein. Zwei Jahre lang wird Schumacher noch begonnene Doktorarbeiten betreuen und, weil das Personal knapp ist, Vorlesungen an der Uni anbieten. Professor Wolfgang Schumacher ist verheiratet, hat zwei Kinder und drei Enkelkinder.

Dank seiner jahrzehntelangen Aufklärungsbemühungen wissen die meisten Menschen heute, dass Narzissen und Orchideen nicht nur im Gartenfachmarkt zu haben sind, sondern dass man sie in ihren ursprünglichen Formen in vielen Orten in der Eifel finden kann und dass sie ein Naturerbe sind, das es ebenso zu schützen gilt wie kulturhistorisch bedeutsame Bauwerke.

Enorme Artenvielfalt

Mehr noch: Wenn in wenigen Tagen in Bonn auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben wird, dass die Eifelregion in den Kreisen Euskirchen, Düren und Aachen als einzige das 2010-Ziel der Europäischen Union, den Stopp des Rückgangs der Artenvielfalt, nicht nur erreicht, sondern auch deutlich übertroffen hat, weil sich hier sogar neue Arten angesiedelt haben, dann wäre auch dies ohne die umtriebige Arbeit von Wolfgang Schumacher wohl kaum denkbar.

In dem 1944 in Antweiler geborenen Naturexperten finden zwei Talente zusammen, die man normalerweise nur einzeln antrifft: Die Freude an der wissenschaftlichen Arbeit und die Fähigkeit, deren Ergebnisse auch verständlich vermitteln zu können. „Der Schumacher kann mit den Bauern reden. Er überzeugt uns sogar von den Dingen, von denen wir gar nicht überzeugt werden wollen“, sagte einmal Friedhelm Decker, der Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes.

In der Tat hat Schumacher sehr früh begriffen, dass in einer landwirtschaftlich strukturierten Region wie der Eifel Naturschutz nur erfolgreich praktiziert werden kann, wenn man die Landwirte mit ins Boot holt. „Wenn man glaubt, man könnte als Einzelkämpfer Naturschutz betreiben, dann ist das ein Riesenirrtum“, erzählte Schumacher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Volksschuldienst

Sein Interesse für die Natur hat der Antweilerer in der Kindheit durch seine Lehrer vermittelt bekommen. Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass er selbst nach wie vor der Meinung ist, dass Schule Spaß machen und die Kinder motivieren muss, selber etwas zu lernen. „Lehrer zu sein, das ist ein ganz besonderer Beruf“, so Schumacher. Nach Abitur und Lehramtsstudium trat Schumacher im Januar 1967 zunächst selbst als Lehrer, genauer als Volksschullehrer, in Marmagen seinen Dienst an. Diese Zeit bezeichnet er heute noch als „spannend“.

Sein Einsatz für den Naturschutz in der Eifel fing bereits während seiner Zeit als Volksschullehrer in Marmagen an. „1968 / 69 machte ich dort mit meinen Schülern die erste Ausstellung zum Thema Natur und Landschaftsschutz im Kreis Schleiden“, erinnert er sich. Man habe gemeinsam Müll gesammelt und sich gegen das Spritzen der Straßenränder ausgesprochen. „Damals wurden allüberall noch Herbizide ausgebracht“, erinnert sich Schumacher. Schon damals ermutigte er seine Schüler, sich persönlich für den Naturschutz einzusetzen.

Doch eine regelrechte „Wellenbewegung“ für den Naturschutz sei dann erst im Jahr 1970 gestartet, als im Kreis das „1. Europäische Naturschutzjahr“ ausgerufen wurde. In Aachen gründete man damals eine von Hubert Schmitt-Degenhardt, dem damaligen Aachener Regierungspräsidenten, initiierte Interessengemeinschaft Biologischer Umweltschutz. Dieses Modell übernahm Schumacher für den Kreis Schleiden (später Euskirchen) und stellte eine gleichnamige AG auf die Beine, die Keimzelle des heutigen KNU (Kreisverband Natur- und Umweltschutz), dessen Gründungsversammlung 1971 in Marmagen stattfand. Der erste Vorsitzende war Armin Schmidt, später Lehrer am Gymnasium am Turmhof in Mechernich; Schumacher avancierte zum stellvertretenden Naturschutzbeauftragten.

Zahlreiche Pilotprojekte

Ab 1976 wurde Schumacher Vorsitzender des Landschaftsbeirates im Kreis Euskirchen. Diesen Posten hatte er 18 Jahre lang inne. „Damals befand sich die Untere Landschaftsbehörde des Kreises gerade erst im Aufbau, und der Beirat genoss eine starke Stellung“, berichtet er. Unter der Ägide von Schumacher initiierte der Landschaftsbeirat zahlreiche Pilotprojekte. Das erfolgreichste war sicherlich „Landwirte pflegen Biotope“. „Für dieses Projekt hatten wir in den besten Jahren eine Million DM zur Verfügung“, erinnert er sich.

Der Landschaftsbeirat war auch maßgeblich am Aufbau der Biologischen Station beteiligt. „Diese Einrichtung kümmerte sich schließlich professionell und dauerhaft um die Projekte wie beispielsweise meinem Lieblingsprojekt, dem Vertragsnaturschutz“, so Schumacher. Am Anfang sei es allerdings nicht leicht gewesen, die Landwirte von diesem Projekt zu überzeugen. In der Spitze hätten dann kreisweit aber über 200 Landwirte mitgemacht, die man habe überzeugen können, nicht zuletzt natürlich auch aufgrund der finanziellen Entschädigungen.

Überregional wurde Professor Schumacher vor allem für seinen Einsatz bezüglich der Narzissenwiesen am Perlenbach, im Fuhrtsbachtal und im Oleftal bekannt. 1979 feierte er dort das erste Narzissenfest mit Loki Schmidt, der Gattin des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt. „In diesem Jahr feiern wir dieses Fest zum 30. Mal“, freut sich Schumacher, der sich darüber hinaus intensiv für den Erhalt der Wacholderhänge bei Alendorf oder die Orchideengebiete in der Sistiger / Krekeler Heide und im Seidenbachtal bei Blankenheimerdorf einsetzte.

Lieblingspflanze

Viele dieser Projekte konnten nicht zuletzt durch den Ankauf von Flächen durch die NRW-Stiftung realisiert werden, die heute in der Eifelregion über 500 Hektar und landesweit über 5000 Hektar verfügt. Fragt man ihn, welche Pflanze er selbst am liebsten mag, dann fällt ihm die Antwort schwer. Der Rittersporn, so erfährt man aber dann, gehört auf jeden Fall dazu, aber auch die Kuhschelle und das Purpurknabenkraut.

Bei den Schmetterlingen haben es ihm besonders die Bläulinge angetan und unter den Bäumen der Speierling, dessen größtes Vorkommen er in NRW mit über 150 Bäumen im Eschweiler Tal entdeckte.

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