LegendeMarilyn Monroe mangelt es an Liebe

Lesezeit 3 Minuten
Weitere Bilder im Bildband: Marilyn Monroe. Fotografien einer Legende. Schwarzkopf & Schwarzkopf, 29,90 Euro. (Bild: Schwarzkopf & Schwarzkopf)

Weitere Bilder im Bildband: Marilyn Monroe. Fotografien einer Legende. Schwarzkopf & Schwarzkopf, 29,90 Euro. (Bild: Schwarzkopf & Schwarzkopf)

Wenn Marilyn Monroe die Liebe spüren wollte, dann brachte sie absichtlich die Termine ihrer Verabredungen durcheinander und lud zwei Galane zur selben Zeit zu sich. Wenn dann die Herren mit ihren Blumensträußen vor ihrer Tür standen und reichlich verwirrt waren, entschied sich Marilyn für den vielversprechendsten - was Stunden dauern konnte - und vertröstete den anderen charmant. Marilyn Monroe, die in diesen Tagen 83 Jahre alt geworden wäre, war eine Frau, die Zeit ihres Lebens nicht damit fertig wurde, dass es in ihrer Welt an Liebe mangelte. Wenn einer in der Wüste fast verdurstet wäre, wird er niemehr ohne Wasserflasche aus dem Haus gehen. Marilyn Monroe, die als Tochter einer psychisch kranken Mutter und eines abwesenden Vaters bei Nachbarn und Pflegefamilien aufwuchs und mit acht Jahren schließlich ins Heim kam, ging Zeit ihres Lebens nie mehr ohne Mann aus dem Haus. Bevor das passierte, bestellte sie sich lieber zwei.

Ihr Leben war eine Aneinanderreihung von Schicksalsschlägen. Als sie 13 Monate alt war, soll ihre ebenfalls psychisch kranke Großmutter versucht haben, das Kind zu ersticken. Mit acht Jahren - so erzählt die kleine Norma Jeane Baker ihrer Pflegemutter - ist sie von einem Untermieter missbraucht worden. Weil ihr niemand glaubt, kommt sie ins Heim. Mit 15, sagt sie, habe sie ein Baby bekommen, das die Krankenschwester ihr weggenommen habe. Vielleicht war alles aber auch ein wenig anders. Marilyn Monroe, die lächelnde Verführerin, deren Körper auf Bildern immer aussah, als könne man sein Fleisch anfassen, kam schon früh der Realitätssinn abhanden. Vielleicht hat sie das Baby auch selbst zur Adoption freigegeben. Vielleicht hat sie es gar nicht bekommen. Von ihrer Mutter erzählte sie fälschlicherweise, sie sei gestorben als Marilyn noch ein Kind war. Ihr Leben war ein Teppich aus Fantasie, Irrglaube und Lüge.

Nach dem echten Leben hat sie sich wahrscheinlich nie gesehnt. Eher nach einem Traum von Harmonie und Geborgenheit. Sie verließ ein Zuhause, nur um sich in ein anderes zu flüchten. Sie ging immer an der Hand eines Mannes durchs Leben. Wenn sie die Hand des einen losließ, griff sie mit der anderen schon bei einem anderen zu. Ihre glücklichste und längste Ehe soll die mit dem Dramatiker Arthur Miller gewesen sein. Der intellektuelle Miller begeisterte die kulturhungrige Marilyn, die immer darunter gelitten hat als Pinup wahrgenommen zu werden, wo sie doch nichts anderes sein wollte als eine ernst zu nehmende Schauspielerin. Auch Miller war für die Platinblonde eine Vaterfigur. Aber das, waren eigentlich alle Männer in ihrem Leben.

Am 5. August 1962 starb Marilyn Monroe mit 36 Jahren an einer Überdosis Schlafmittel. Für Arthur Miller war ihr Tod nur der folgerichtige Schluss aus der Diskrepanz zwischen ihrer Selbst- und der Fremdwahrnehmung. "Sie war eine Dichterin an einer Straßenecke, die versuchte ihr Werk vorzutragen, während die Leute an ihren Kleidern rissen." Vielleicht war Marilyn Monroe nicht realitätsfern genug.

Marilyn Monroe. Fotografien einer Legende. Nick Yapp. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2009. 29,90 Euro.

KStA abonnieren