MordprozessPhil Spector schuldig gesprochen

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Was hat dich bloß so ruiniert? Phil Spector vor Gericht mit seinem Anwalt Doron Weinberg. (Bild: dpa)

Was hat dich bloß so ruiniert? Phil Spector vor Gericht mit seinem Anwalt Doron Weinberg. (Bild: dpa)

LOS ANGELES - Sechs Jahre sind vergangen seit dem tödlichen Schuss in Phil Spectors Alhambra-Villa bei Los Angeles. Sechs Jahre lang beschäftigten sich Anwälte, Experten, Zeugen und zuletzt die Geschworenen mit der Frage: Was passierte in der Nacht zum 3. Februar 2003? War es ein Unfall? Beging Lana Clarkson Selbstmord? Oder hat der legendäre Musikproduzent selbst Blut an den Händen? Unbeantwortet blieb die Frage im September 2007, als der heute 69-Jährige Spector sich zum ersten Mal gegen die Anklage verteidigen musste, die Schauspielerin getötet zu haben. Damals blieb die Jury ein Urteil schuldig. Sie konnte sich nicht einigen.

Anders dieses Mal: Im zweiten Prozess vor dem Obersten Gericht in Los Angeles fanden die zwölf Geschworene nach fast 30 Stunden Beratung Spector des Totschlags für schuldig. Das Strafmaß wird Ende Mai bekannt gegeben - mindestens 18 Jahre Haft. Während die Verteidigung in Berufung gehen will, sprach der Anwalt der Familie der Verstorbenen den Geschworenen seinen Dank aus. „Mr. Spector muss nun die Verantwortung für seine Taten übernehmen", erklärte John Taylor. Fünf Monate hatte der Prozess gegen den Mann gedauert, der einst die Plattenszene beherrschte und mit den Beatles ebenso zusammenarbeitete wie mit Cher oder Leonard Cohen.

Wie schon vor eineinhalb Jahren argumentierte Verteidiger Dorton Weinberg, es seien weder DNA-Spuren noch Fingerabdrücke von Spector an der Tatwaffe gefunden worden. Man müsse also davon ausgehen, dass sich Clarkson in selbstmörderischer Absicht in den Mund geschossen habe. Die 40-Jährige Clarkson sei depressiv gewesen sei, weil ihre Karriere als Schauspielerin ins Stocken geraten war und sie ihren Unterhalt als Hostess in einem Nachtclub verdienen musste.

Spector beteuert seine Unschuld

Spector, der weder vor zwei Jahren noch jetzt vor Gericht aussagte, beteuerte seine Unschuld. Die Staatsanwaltschaft dagegen beschrieb Spector als Mann, der mit dem Leben von Frauen „russisches Roulette“ gespielt habe. Die Schießerei sei Teil eines Waffen- und Gewaltspiels gewesen, das Spector zuvor schon mit anderen Frauen inszeniert habe. Anklägerin Truc Do bezeichnete ihn in ihrem Abschlussplädoyer als „teuflischen Verrückten", der glaube, „dass alle Frauen eine Kugel in den Kopf verdienten". Fünf Frauen hatten vor Gericht ausgesagt, sie seien von Spector mit Waffen bedroht worden. Nach dem Vernehmungsprotokoll hatte Spector Clarkson im House of Blues, einem Nachtclub in Hollywood, kennengelernt. Beide fuhren danach zu seinem Haus im Vorort Alhambra. Am Ende der Nacht, um fünf Uhr morgens, saß die zweitklassige Schauspielerin hingestreckt von einem einzigen Schuss in den Mund in einem Sessel im Foyer. Ihre zerschossenen Zähne waren über den roten Teppich verstreut. Auf dem Boden lag ein .38 Revolver. Fünf Kugeln steckten noch im Zylinder.

Im Gästebadezimmer des „Castle Pyrenees" fand die Polizei später ein blutiges Handtuch. Und im Eingang einen vor Schreck erstarrten Hausbesitzer, der später gegenüber dem „Esquire"-Magazin behauptet, dass Clarkson „die Pistole geküsst“ habe. Spectors Fahrer hatte die Polizei alarmiert, als er den Schuss hörte. Und sagte später aus, Spector habe einen Revolver in der Hand gehalten und gesagt: „Ich glaube, ich habe jemanden getötet."

Erschwerend war sicherlich die Tatsache, dass der legendäre Plattenproduzent ein Waffennarr ist. Und ein Trinker, der sich selbst kurz vor dem Tod Clarksons gegenüber dem britischen „Daily Telegraph“ als „ziemlich wahnsinnig" beschrieb. Schon vor 40 Jahren protzte er in einem Interview mit Tom Wolfe, dass er 600 Dollar die Woche für einen Psychotherapeuten ausgebe. Sector - dreimal verheiratet, vier erwachsene Kinder - hat über sich gesagt: „Mein schlimmster Feind bin ich." Ausgebrannt war er bereits vor 30 Jahren, sein Genie wurde zu einer Exzentrik, die immer düsterere Geschichten produzierte. Zuletzt umgab sich der Mann, der die „Wall of Sound" konstruierte, selbst mit einer Mauer - mit einer Mauer des Schweigens.

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