Neesen-InsolvenzÄrger mit dem Eigenheim

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Das Ehepaar Stumpe vor seinem halbfertigen Neesen-Haus. (Bild: Meisen)

Das Ehepaar Stumpe vor seinem halbfertigen Neesen-Haus. (Bild: Meisen)

Kerpen – Denn die Kerpener Baufirma war gerade nicht nur dabei, den neuen Horremer Kindergarten zu bauen. Auch diverse private Bauvorhaben schienen gefährdet zu sein. Umso größer war sechs Wochen später die Erleichterung, als es sinngemäß hieß: „Auf allen Neesen-Baustellen geht es weiter.“ Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter, dank der Gründung einer Tochtergesellschaft und neuer Kredite, könne das Unternehmen wieder zuversichtlicher in die Zukunft sehen. Doch für Kerstin und Alexander Stumpe (beide 34) sind diese Worte nur „blanker Hohn“.

Das Ehepaar baut ein Haus an der Boisdorfer Straße in Horrem und hatte das Unternehmen Neesen beauftragt, dieses schlüsselfertig bis Ende Oktober zu errichten. Als die Firma zwischenzeitlich insolvent wurde, habe man telefonisch vom Insolvenzverwalter erfahren, dass das Haus nicht mehr weitergebaut werden solle. Mehrere Wochen lang habe man versucht, diese Aussage schriftlich zu bekommen und hierfür mehrfach den Insolvenzverwalter oder die Firma Neesen angeschrieben - ohne Resonanz. Auch eine durchgeführte Bauherrenversammlung habe man verpasst, „weil wir nicht eingeladen worden waren“. Da der Winter naht und man es nicht riskieren konnte, den Rohbau halbfertig weiter der Witterung auszusetzen, habe man Mitte Oktober den Bauvertrag mit Neesen kündigen müssen. Unter Leitung eines anderen Architekten und mit anderen Firmen werde das Haus nun vollendet.

Schaden zu groß

Doch der entstandene Schaden sei für sie groß und gehe in den Bereich von „mehreren 10 000 Euro“, berichten Kerstin und Alexander Stumpe: „Wir haben bei Neesen schon 70 Prozent unseres Hauses bezahlt, aber dafür nur 50 Prozent bekommen.“ Man wolle nun versuchen, den entstandenen Schaden im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Von der Firma Neesen sei man enttäuscht: Zwar habe das Unternehmen öffentlich verkündet, alle Bauvorhaben fortsetzen und private Bauherren absichern zu wollen, doch gehe es offensichtlich nur darum, aus rein finanziellem Interesse noch „möglichst viel Geld“ aus den geschlossenen Verträgen herauszuholen. „Vertragspartner, bei denen nichts mehr zu holen ist, werden im Regen stehen gelassen.“

Henning Moewes, Geschäftsführer der Firma Neesen, betont, dass man alle privaten und öffentlichen Bauvorhaben in Kerpen fertigstellen werde - bis auf das Haus des Ehepaares Stumpe. Leider sei er infolge der Insolvenz so beschäftigt gewesen, dass die Kontaktversuche des Ehepaares untergegangen seien. „Es hat ein Informationsdefizit gegeben.“ Er wolle nun alles versuchen, dem Paar noch zu helfen.

Insolvenzverwalter Dr. Rüdiger Werres entscheidet darüber, welche Bauvorhaben des Unternehmens Neesen fortgeführt werden oder nicht: Die Aussichten für das Unternehmen seien wieder gut. Es gebe nur ganz wenige Fälle, in denen Bauten nicht fortgeführt würden - so bei dem Ehepaar Stumpe: „Ich bin ans Insolvenzrecht gebunden. Wenn ich Bauvorhaben habe, bei denen ich sehenden Auges Verluste machen würde, würde ich alle Gläubiger schädigen.“ Allerdings gebe es jetzt ein neues Angebot an das Ehepaar Stumpe, den Bau noch zu vollenden. Dieses Angebot sei aber inakzeptabel, meint Kerstin Stumpe, da es mit immensen Mehrkosten verbunden sei. „Wir werden das ablehnen.“

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