Elvis, Revolver-Tilly, KriegWie das Weltgeschehen sich nicht um Rosenmontag scherte

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US-Soldat in Deutschland 1960: Elvis Presley 

Köln – Dieser Rosenmontag ist vom Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine überschattet. Aber auch in der Vergangenheit hat sich das Weltgeschehen um das Bedürfnis nach Kamelle und Strüßjer in Köln oft nicht geschert. Ein Rückblick.

Rosenmontag 1960

An diesem Schalttag malt Pablo Picasso „Das Frühstück im Grünen“. Nikita Chruschtschow sagt Njet zu einer Volksabstimmung beider deutscher Staaten über ihre Zukunft. Das Motto des Kölner Rosenmontagszugs lautet „Jedem Dierche sei  Pläsierche!“. Das Pläsier von Sergeant Elvis S. Presley heißt Priscilla Beaulieu. Dieser Rosenmontag ist für den 24-jährigen „King“ der letzte Tag als US-Soldat in den „Ray Barracks" der Kaserne Friedberg.

Die Reporter warten. Einem verrät er: „Kaum jemand kennt sie. Sie ist gerade mal 16 (tatsächlich ist sie erst 14), aber sehr erwachsen und intelligent. Ich hab‘ ne Menge Mädchen in Deutschland getroffen, deutsche und amerikanische, aber Priscilla ist definitiv das schärfste.“

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Drei Jahre muss Priscilla warten. Im Sommer 1963 holt Elvis sie nach Graceland. 1967 heiraten sie.

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Rosenmontag 1961

Das Kölner Zugmotto heißt „Meer Weetschaffswunderkinder“. Zu denen will auch der 25jährige Tuchweber Bernhard Kimmel gehören, nebenberuflich Anführer der Halbstarken-„Al-Capone-Bande“, die über Monate hinweg Kaufhäuser und Tresore erleichtert hat. An diesem Rosenmontag stellen sich Kimmel und seine 19-jährige Braut, genannt Revolver-Tilly, in Lambrecht in der Pfalz der Polizei.

Vier Tage lang sind sie von mehr als 1000 Polizisten im Pfälzer Wald gejagt worden. Jetzt sind sie durchgefroren, schmutzig, hungrig und sehr müde. Der „Schinderhannes“ wird zum Medienstar. Franz Peter Wirth dreht den TV-Film „Al Capone im deutschen Wald“ mit Rainer Werner Fassbinder. Martin Walser setzt sich für Kimmels Rehabilitierung ein. Nach der Haft aber erschießt der einen Polizisten, der Frau und zwei Kinder hinterlässt. Kimmel stirbt 2019 in einem Seniorenheim.

Rosenmontag 1962

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Charles de Gaulle

Im August 1962 wird auf Staatspräsident Charles de Gaulle ein Attentat verübt, organisiert von der Terroreinheit AOS, die es de Gaulle nicht verzeiht, dass er Algerien in die Unabhängigkeit entlässt. 187 Schüsse treffen den Wagenkonvoi, 14 de Gaulles Wagen, alle bleiben unverletzt. „Diesmal war es knapp“, sagt de Gaulle.

Das Attentat löst die bis dahin größte Menschenjagd in Frankreich aus. Frederick Forsyth nutzt es als Vorlage für den Thriller „Der Schakal“, 1973 von Fred Zinnemann verfilmt. An diesem Rosenmontag 1963 beantragt der Staatsanwalt die Todesstrafe für den Kopf der Bande: Jean Bastien-Thiry. Er wird am 11. März 1963 liquidiert. Es ist die letzte Hinrichtung durch ein Erschießungskommando in Frankreich.

Rosenmontag 1969

Schnee und Kälte, in den Karnevalshochburgen frieren die Jecken. Immerhin kommt auch an diesem Montag die „Bravo“ raus. Auf dem Cover-Foto: Barry Ryan. In diesen Tagen ist sein symphonischer Hit „Eloise“ der Ohrwurm. Seit dem 15. Januar steht er auf Rang Eins in den Charts. Karel Gott beeilt sich mit einer tschechischen Coverversion. Was erfährt der „Bravo“-Leser sonst noch aus dieser Rosenmontagsausgabe: John Lennon und George Harrison: Die Beatles in der Krise - 17 Tage nach dem letzten Live-Konzert der Band auf dem Dach von Apple Corps in der Savile Row 3. Die Heftmitte gehört dem Bravo Starschnitt Barry Gibb. Und der Test für Mädchen: „Fällst du auf seine Lügen rein?“

Rosenmontag 1972

Motto des Kölner Zuges: Wir sind alle kleine Sünderlein. Die britischen Bergarbeiter müssen an diesem Tag die Standpauken der konservativen Regierung Edward Heath über sich ergehen lassen. Ihre monatelangen Streiks führen auch rosenmontags zu Stromabschaltungen, tauchen das Land in Dunkelheit. Viele Betriebe stellen die Produktion ein. Dabei trifft es die Bergarbeiter selbst am härtesten. Es ist ihr erster Streik seit 1926. Im Februar lenkt Heath ein und stimmt einer massiven Lohnerhöhung zu.

Rosenmontag 1991

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US-Black Hawk-Hubschrauber im Golfkrieg 1991

Seit dem 17. Januar läuft die „Operation Desert Storm“, ein massiver Luftkrieg der internationalen Koalition gegen den Irak Saddam Husseins. CNN-Reporter Peter Arnett kommentiert die Luftschläge vom Dach eines Bagdader Hotels. Die US-Zensur inszeniert den Krieg wie ein Videospiel. Viele Kölner hängen Bettlaken aus den Fenstern: „Stoppt den Wahnsinn“. Angesichts der Opfer und der TV-Bilder vergeht den Karnevalisten die Feierlaune.

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Mainz und Düsseldorf sagen den Zoch ab, so auch die Kölner – und ziehen dann bei dichtem Schneefall doch los: ein Anti-Kriegs-Geisterzug mit rund 100.000 Menschen.

Rosenmontag 1995

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Nick Leeson

Das Motto des Kölner Zoch lautet: Colonia ruft die Narren aller Länder. In Singapur erklärt der britische Derivatenhändler Nick Leeson, seine Bank beschäftige viele Schwachköpfe vor allem im Controlling. An diesem Rosenmontag rächt sich das:  Die altehrwürdige Traditionsbank Barings ist zahlungsunfähig. Leeson hatte sich über Monate hinweg verzockt und Verluste von 1,4 Milliarden US-Dollar angehäuft. Für ein symbolisches Pfund Sterling wird die Privatbank am 6. März 1995 verkauft. Leeson sitzt in Singapur die Haftstrafe ab. Heute lebt er in Irland und hält Vorträge. 

Rosenmontag 2013

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Papst Benedikt XVI

Viele dachten, es handele sich um einen Faschingsscherz der Vatikanstadt. Eigentlich sind die Kardinäle zusammengekommen, um über neue Heiligsprechungen abzustimmen. Da verkündet Papst Benedikt XVI. in lateinischer Sprache seinen Rücktritt. Um das „Schifflein Petri zu steuern", fehle es ihm an körperlicher und geistiger Kraft.

Er zieht sich ins Vatikankloster Mater Ecclesiae  zurück. Es ist das erste Mal seit gut 700 Jahren, dass ein Papst sein Amt freiwillig niederlegt. „Ich muss jetzt versuchen, das zu verstehen", sagt der schockierte Kardinal Meisner.

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