StudentenverbindungMänner mit Uniformen und Hütchen

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Der 24-jährige Student Max Müller (l.) bei einem Treffen der katholischen Studentenverbindung Asgard. (Bild: ARTON KRASNIQI)

Der 24-jährige Student Max Müller (l.) bei einem Treffen der katholischen Studentenverbindung Asgard. (Bild: ARTON KRASNIQI)

An langen Tischen sitzen dicht gedrängt alte wie junge Männer. Sie plaudern miteinander, das Kölsch fließt in Strömen. Am Kopfende der Tische thronen nebeneinander die Chefs der Studentenverbindung, die „Senioren“. Sie tragen grüne Uniformen mit Schärpen, auf dem Kopf ein Hütchen, in der Hand der Prunkdegen. Wenn ein Trinkspruch verkündet oder zu einem Studentenlied aus dem 19. Jahrhundert aufgefordert wird, trommeln die Männer mit dem Degen auf ein Brettchen.

Der unvorbereitete Besucher der Stammkneipe, die die „Katholische Studentenverbindung KDStV Asgard“ regelmäßig in der Lindenthaler Villa veranstaltet, ist erst einmal befremdet. Warum schlüpfen erwachsene Männer in Uniformen längst vergangener Zeiten und tragen Waffen? Die Mitglieder von Asgard wissen um den schlechten Ruf der traditionellen Verbindungen: Deutschtümelei, Elitarismus, Alkoholexzesse, despotische Hierarchien lauten die typischen Vorurteile. Ein Relikt vergangener Zeiten seien die Verbindungen. All das haben die Mitglieder schon häufig gehört.

Unterschied zwischen Burschenschaft und Corps

Neben Misstrauen und Ablehnung herrsche jedoch „ein großes Unwissen“, wie eines der Mitglieder findet. „Das beginnt schon mit der Betitelung: Eine katholische Verbindung unterscheidet sich von Burschenschaft und Studentencorps. Letztere sind nämlich schlagende Verbindungen. Das heißt, in diesen Organisationen wird auch heutzutage noch gefochten.“

Für die Mitglieder der Asgard bedeutet die Verbindung Freundschaft, Vernetzung und die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung. Denn am Verbindungsleben nehmen auch die Ehemaligen, die „alten Herren“, teil. Sie unterstützen die Organisation finanziell und verschaffen dem Nachwuchs Kontakte. Unter ihnen tummeln sich Chefärzte, Architekten und Unternehmenschefs, die hier zusammentreffen und den akademischen Nachwuchs kennenlernen.

Die Mitglieder schätzen die komfortable Wohnsituation. Zwölf Studenten wohnen in der großen Villa in Lindenthal. Nach zwei Jahren müssen sie wieder ausziehen. So soll möglichst vielen Verbindungsmitgliedern ermöglicht werden, die günstigen Zimmer zu bewohnen. Bei den Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um in der Villa leben zu dürfen, werden allerdings keine Ausnahmen gemacht: Männlich, katholisch und Student muss der Kandidat sein. Außerdem ist er dazu verpflichtet, in die Verbindung eintreten. Wer das möchte, wird zunächst zum „Fuchs“, dem untersten Rang unter den Mitgliedern. Nach rund einem Jahr kann ein Fuchs zum Burschen aufsteigen. Dazu muss er eine Prüfung bestehen, in der vor allem Kenntnisse über die Geschichte der Studentenverbindungen und der Asgard abgefragt werden.

Diese wurde 1914 als „Arminia“ an der ehemaligen Hochschule für kommunale Verwaltung in Düsseldorf gegründet. Die damals gewählten Grundsätze „Glaube, Wissenschaft, Freundschaft und Vaterlandsliebe“ werden auch heute noch gepflegt. 1923 siedelte die Arminia nach Köln um und nannte sich fortan Asgard. In der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, überlebte die Verbindung nur, indem sie sich als Karnevalsverein tarnte. Das Haus in der Heinestraße ist seit 1958 das Zentrum der Verbindung.

Tricks bei der Mitgliederwerbung

Um neue Mitglieder zu gewinnen, wird trickreich vorgegangen: „An der Uni für die Verbindung zu werben, bringt nichts, die Leute haben alle Vorurteile“, sagt Asgard-Mitglied Max Müller. Deshalb stellt die Asgard zunächst nur eine Wohnungsanzeige online. Interessenten wird dann beim Besichtigungstermin mitgeteilt, dass sie in die Verbindung eintreten müssen, um das Zimmer zu erhalten: „Wir schauen uns den Kandidaten an, und gucken, ob er zu uns passt oder ob er nur billig wohnen will“, erklärt der 24-jährige BWL-Student.

Der 22-jährige Edgar Peters ist so ein Neuer. Erst vor wenigen Monaten ist er in die Villa eingezogen und wurde zum jüngsten „Fuchs“ des Hauses: „In meiner Wohngemeinschaft im Studentenwohnheim war alles anonym, jeder lebte für sich allein. Hier hingegen gibt es ein richtiges Gemeinschaftsgefühl“, sagt Peters. Auch er hatte zunächst Vorurteile über Verbindungen: „Ich habe vorher nur Schlechtes gehört. Aber im Studium habe ich einen Kommilitonen aus der Verbindung kennen gelernt und mir diese mal angeschaut. Nette Leute waren das. Der familiäre Aspekt hat mir gefallen, ich kenne das von meiner Zeit auf einem katholischen Internat.“

Wenn der Medien- und Kommunikationsstudent von der Verbindung erzählt, stößt er oft auf Verwunderung, denn seine Mutter stammt aus Ghana. „Ein Schwarzer in einer Verbindung, das ist für viele Leute undenkbar. Jeder, dem ich davon erzähle, muss da erst mal schlucken.“ Rituale und Uniformen gehörten zwar zum Verbindungsleben dazu, aber die Verbindung wolle weg „vom Image der bierseligen Feiertruppe“ und hin zur Wissenschaft“, so Peters. „Meiner Freundin musste ich erst zeigen, dass nicht die Verbindung mich verändert, sondern dass ich mich mit meinen Ideen in die Verbindung einbringe. Konservativ sind wir, aber wenn hier irgendwelche rechtsextremen Tendenzen zu spüren wären, wäre ich sicher der Erste, der austreten würde.“

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