„TeddyComedy“Arbeitgeber: YouTube

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Der schwäbelnde Schauspieler Tedros Teclebrhan übt für neue Charaktere Kölsch. (Bild: Badke)

Der schwäbelnde Schauspieler Tedros Teclebrhan übt für neue Charaktere Kölsch. (Bild: Badke)

Eigentlich ist es ja ein Riesenkompliment. Ein Schauspieler, der so überzeugend agiert, dass die Zuschauer die Fiktion nicht erkennen – obwohl er seine Pointen maßlos zuspitzt. Der Kölner Schauspieler Tedros Teclebrhan hat die inzwischen zum Kult avancierte Figur Anton erfunden, die im YouTube-Video über die Venloer Straße läuft und von einem TV-Reporter auf den Integrationstest angesprochen wird.

Freundlich willigt der Mann, ein junger dunkelhäutiger Typ, in eine spontane Befragung ein. Der Gesprächspartner, mit dem er über sein Smartphone am Ohr verbunden ist, wird kurzerhand zum Telefonjoker umfunktioniert. Es entspinnt sich ein aberwitziger Dialog. Der aktuelle Bundeskanzler? Da ist er sich nach kurzer Rücksprache mit seinem Kumpel ganz sicher: Angelo Merte. Der Bundeskanzler davor? Kaum ein Zögern: Hitler. Die Hauptstadt Deutschlands verlegt Anton nach Luxemburg, dazu passt, dass Deutschland nur aus drei Ländern besteht und insgesamt, also „mit EU“ so „ 20- bis 30 000 pipapo“ Leute dort wohnen. In Mathematik, gibt Anton unumwunden zu, war er nie besonders gut.

Mitte Mai hat Teclebrhan das Video auf die Internet-Plattform gestellt, drei Monate später ist es bereits 9 281 960 Mal angeklickt worden. Würde man die Aufrufe der vielen Kopien mitzählen, wäre die Zehn-Millionen-Marke längst überschritten. „Wahnsinn“, sagt der Comedian, der 2008 seine Ausbildung an der Schauspielakademie Crearte in Stuttgart, abgeschlossen hat. „Arbeitgeber: YouTube“ hat er in sein Facebook-Info-Feld geschrieben. Doch nach einigen Fernsehdrehs, seiner Rolle im Musical „Hairspray“ in Köln und dem Erfolg seines YouTube-Channels „TeddyComedy“ wird er sein Profil überarbeiten können.

Seine Fans erkennen ihn auf der Straße, sprechen Zitate aus Videos nach und zücken ihre Handys, um ihn zu fotografieren. Es ist schön, sagt Tedros „Teddy“ Teclebrhan, angesprochen zu werden und auch noch Freude auszulösen. Denn inzwischen hat fast jeder kapiert, dass es sich bei dem Beitrag wie auch bei den anderen Videos um geradezu liebevoll gesponnene Satiren handelt.

Über die Herkunft seiner Figur Anton lässt sich kaum spekulieren, sein Slang gleicht dem machohaften Mischmasch nicht nur Jugendlicher ausländischer Herkunft. Lustvoll lässt Tedros Teclebrhan seinen Heimatdialekt einfließen – der 27-Jährige ist in Schwaben aufgewachsen. Nach Köln kam „Teddy“, wie er sich in seiner Rolle als Comedian nennt, wegen des Musicals „Hairspray“.„Ich liebe meine Figuren“, sagt Teclebrhan. Kaum zu glauben, dass er die Szenen mit Freunden, einer Maskenbildnerin und einem Kameramann, improvisiert: „Ich habe die Figur im Kopf und erwecke sie zum Leben. Die anderen bitte ich um Impulse, das klappt sehr gut.“Da ist der indisch angehauchte Percy, der die Nähe zu seinem Vater sucht und immer wieder über Eskalationen in der Familie spricht. Der schwäbische Wutbürger, der ostdeutsche rechte Ringo, der Türsteher-Proll, der seine Freundin über eine Fernsehsendung zurückgewinnen will und alles falsch macht.

Der Comedian spricht über sie wie über gute Bekannte. „Sie speisen sich aus Menschen, die ich kenne.“ Seit seiner Kindheit macht Teclebrhan andere Menschen aus seinem Umfeld und aus Filmen nach, studiert Gesten und die Sprache. An Kölsch feilt er zurzeit.Was ihn interessiert, betont Teclebrhan, sind menschliche Schwächen. „Ich finde es lustig, wenn kulturelle Unterschiede aufeinanderprallen, wenn man im ersten Moment gar nicht lacht, bis einem das Missverständnis aufgeht.“ Ihm gehe es nicht um die politischen Debatten um Integration und Ausländer. Als er nach Deutschland kam, war er ein Baby. Dass seine Geschichte oft auf seinen Migrationshintergrund reduziert wird, ärgert Teclebrhan: , „Ich bin Künstler, ich arbeite an meiner Schauspielerei.“ Nach einem Jahr Musical hatte er die Nase voll von fast allabendlichen Auftritten. jetzt zieht es ihn wieder dorthin, wo er angefangen hat: „Ich will wieder auf die Bühne“, erzählt er, und meint das Theater sowie die Stand-up-Comedy, mit der er gern durch die Clubs tingeln würde. Am liebsten würde er irgendwann etwas gemeinsam mit seinen Brüdern machen, die ebenfalls künstlerisch tätig sind, Musiker und Bühnenbauer.

Dann werden seine YouTube-Videos wohl Geschichte sein. „Auf gar keinen Fall“, verspricht Tedros Teclebrhan. Einige Produktionen sind schon abgeschlossen und bereit zum Hochladen. Und dann ist da noch Mario, eine neue Figur, von der er noch nichts verraten will.

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