Work & Travel auf eigene Faust

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Bei Work & Travel-Aufenthalten bleibt man selten allein. In Hostels oder bei der Arbeit finden sie schnell Gleichgesinnte aus aller Welt.

Bei Work & Travel-Aufenthalten bleibt man selten allein. In Hostels oder bei der Arbeit finden sie schnell Gleichgesinnte aus aller Welt.

Reisen und dabei nebenher arbeiten - das istein Traum, den viele Schulabgänger haben. Denn so werden auch längereAuslandsaufenthalte möglich. Und ein Job in einer australischenStrandbar ist ein angenehmer Kontrast zum Schulalltag. SogenannteWork & Travel-Programme machen das möglich. Ein Auslandsjahr mitkleinen Jobs lässt sich aber auch auf eigene Faust organisieren.

Diese Erfahrung hat Mira Bangel gemacht. Drei Tage nach ihremAbitur in Osnabrück ist die heute 24-Jährige mit dem Flugzeug nachAustralien aufgebrochen. Sie wollte einen Tapetenwechsel und für einegewisse Zeit allein auf der anderen Seite des Planeten leben. WarumMira ihr Australienjahr selbst organisiert hat? "Zum einen habe ichdadurch das Geld für eine Reiseorganisation gespart und zum anderenhabe ich durch die Recherche- und Organisationsarbeit auch eine Mengegelernt", erzählt sie.

Die Frage, ob man mit oder ohne professionelle Hilfe zu"Working-Holidays" aufbricht, steht zu Beginn jeder Reiseplanung."Das ist eine sehr persönliche Entscheidung", findet Mira. DennVoraussetzung für die Eigenorganisation sind nicht nurSelbstbewusstsein und eine gründliche Planung. Auch am Ort muss manoffen auf Menschen zugehen, um sich Jobs und Unterkünfte selbst zuorganisieren. Leute, die mit einem Veranstalter reisen, haben meistein Büro am Ort, das ihnen bei Fragen und der Jobsuche weiterhilft.

"Wer sowieso eine Veranlagung zum Chaoten hat, wird es schwerhaben, das Vorhaben alleine durchzuführen", sagt Ramon Tissler vomZentrum für Internationale Bildung und Karriere in Münster. Reisendemüssten sich zutrauen, auch in schwierigen Situationen, etwa wenn sielänger keinen Job finden, einen kühlen Kopf zu bewahren. "Dann isteine Eigenorganisation durchaus zu empfehlen."

Bei der Planung des Auslandsaufenthaltes hilft vor allem dasInternet: Hier erfahren künftige Work & Traveller zum Beispiel, dasssie sich ein Working-Holiday-Visum, eine Auslandskrankenversicherungund ein ausländisches Konto mit Kreditkarte organisieren müssen.

"Die Organisation ist sehr einfach", findet Sabine Hopf ausBerlin. Die 52-Jährige pflegt das Online-Magazin "Reisebine", dassich auf Work & Travel-Aufenthalte in Australien spezialisiert hat.Informationen zur Flugbuchung, Jobsuche, Unterkunft und zum Gepäckwerden auf der Internetseite durch Erfahrungsberichte von Menschenwie Mira Bangel ergänzt. "Ich habe für meine Reise auch vieleMenschen befragt, die mir aus ihren Erfahrungen berichten konnten",erzählt Mira. Nun gibt sie ihr Wissen bereitwillig weiter. 

Sabine Hopf weiß aus Vorbereitungsseminaren, wovor sich diemeisten zu Beginn der Reise fürchten: Ohne Job im Outback zu stehen.Um das Abenteuer mit einem beruhigenden Gefühl zu beginnen, rät sie,ausreichend Geld mitzunehmen. "So hat man nicht gleich Druck, wennman erst keinen Job findet." Mira sieht die Jobsuche dagegen entspannt: "Das Land ist auf Reisende, die Arbeit suchen,eingestellt." An vielen Stellen finde man Aushänge mit Jobangeboten.

Work & Traveller können bis zu sechs Monaten bei einem Arbeitgeberbleiben. Sie verdienen umgerechnet etwa sechs bis neun Euro proStunde. Der Betrag variiert jedoch stark.

Als Unterkunft empfiehlt sich meist das örtliche Backpackerhostel,was preislich und organisatorisch einer Jugendherberge ähnelt. "Hierfindet man übrigens auch die besten Jobideen", verrät Mira. "Ambesten ist es, wenn man im Waschraum auf seine Wäsche wartet undvielen Leuten erzählt, dass man einen Job braucht." Gerade inAustralien, wo Sabine Hopf zufolge die meisten Work & Travellerunterwegs sind, fühle man sich schnell in einer Gemeinschaft. "Datankt man neue Kraft für die nächste Etappe und wird mit Jobtipps undGeschichten versorgt", sagt Mira.

Statt möglichst viel von zu Hause aus zu organisieren, sollte manbesser nur grob planen, rät Mira: "Vieles ergibt sich dort von einemTag auf den anderen." Wer seine Reise mit einer festgelegten Routebeginnt und die Hostels bereits für ein halbes Jahr vorab gebuchthat, nimmt sich selbst Flexibilität. Das gilt auch für die Dauer desAufenthalts: Ob man nun drei, sechs oder zwölf Monate wegbleibt, kannruhig unterwegs entschieden werden. "Eine Mitreisende ist nach einemhalben Jahr nach Hause geflogen", erzählt Mira. "Das war für siegenauso gut, wie es für mich richtig war, dass ich noch ein halbesJahr geblieben bin!"

Bei Work & Travel-Aufenthalten steht Australien an der Spitze derbereisten Länder. Laut der Reiseorganisation Travelworks in Münsterfolgen darauf Neuseeland und Kanada. Für alle drei Ziele gibt esspezielle Visaformen, die bei der jeweiligen Botschaft online oderper Post beantragt werden können. Allerdings ist das Kontingent fürKanada so stark begrenzt, dass nur wenige ihr Jahr dort verbringenkönnen. Das Visum dient gleichzeitig als Arbeitsgenehmigung und wirdausschließlich an Menschen zwischen 18 und 35 Jahren ausgestellt, dienoch kinderlos sind. Außerdem müssen sie ein Startgeld vonumgerechnet etwa 3000 Euro nachweisen. Das Visum können Reisende nureinmal bekommen. Es kostet je nach Reiseziel rund 100 Euro.

Wer auf seiner Australienreise zwischendurch in der Landwirtschaftjobben möchte, kann getrost auf eine Bewerbung und einen Lebenslaufverzichten. "Für Aushilfsjobs in Restaurants zum Beispiel, sollte manaber in jedem Fall ordentliche Kleidung und englischsprachigeBewerbungsunterlagen im Gepäck haben", rät Sabine Hopf aus Berlin,die das Onlineportal "Reisebine" pflegt.

(dpa)

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