Zum 250. GeburtstagAuf Beethovens Spuren durch Bonn spazieren

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Das Beethovendenkmal auf dem Bonner Münsterplatz.

  • 2020 wird der 250. Geburtstag des berühmten Komponisten in Bonn und Umgebung gefeiert.
  • Mit 22 Jahren verließ Beethoven seine Heimatstadt und siedelte nach Wien über.
  • In Siegburg hat der junge Beethoven auf der Abtei Michaelsberg die Orgel gespielt.

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis – Der berühmte Beethoven, dessen 250. Geburtstag sie in Bonn und Umgebung im nächsten Jahr so ausführlich feiern werden, der hat nicht immer in Bonn gelebt. Ja, der Welt-Beethoven, der Großmeister der Wiener Klassik, der Geistes-Titan, dem die Feierlichkeiten gelten, steht zwar seit bald 175 Jahren mit dem Rücken zur Post auf dem alten Münsterplatz, überlebensgroß, ehern, mit kämpferisch vorgerecktem Kinn, Stift in der Hand  und wallender Künstler-Mähne.

Der Beethoven aber, der ein paar Ecken weiter in der Bonngasse zur Welt gekommen war, der sah in jungen Jahren so aus: „Kurz gedrungen, breit in den Schultern, kurz vom Hals, dicker Kopp, runde Nas’, schwarz-braune Gesichtsfarb’, ging immer was nach vorn’ übergebeugt. Man nannte ihn im Haus als Jungen »Der Spaniol«“ –  der Spanier.

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Beethoven-Skulpturen des Künstlers Klaus Kammerich bei einem Beethoven-Event in Bonn.

Diese präzise Beschreibung  verdanken wir  einem Zeit- und Augenzeugen, dem Bäckermeister Gottfried Fischer, der jahrelang mit den Beethovens unter einem Dach gewohnt hatte und später aufgeschrieben hat, wie das war mit den van Beethovens, der  Handwerkerfamilie  aus Mechelen. Der Kabarettist und Rheinland-Exeget Konrad Beikircher hat Fischers pralle Erinnerungen in ein schönes Programm gepackt und dabei einen schillernden Kosmos aus Lokalkolorit entworfen – rheinisch wohlgemerkt, nicht welt-wienerisch.

Diesen gerne übersehenen Aspekt hat der Bonner Musikwissenschaftler Prof. Ulrich Konrad im Jahr 2015 in einem Vortrag  über den „Bonner Beethoven“ ebenfalls hervorgehoben. Das  Bild selbst des jungen Beethoven   ist unwiderruflich im kollektiven Bewusstsein  verankert  durch viel später entstandene Porträts – und Denkmäler, die um die spektakuläre Bedeutung des Mannes bereits wussten. Was niemanden jedoch kümmert:  wie Beethoven wohl gesprochen und geklungen haben mag. Hochdeutsch? Sicher nicht.

Beethoven sprach breites Bönnsch

„Beethoven“, sagt Prof. Konrad in seinem Vortrag, „ist im Rheinland aufgewachsen und hat zeitlebens den markanten Dialekt seiner Heimatstadt gesprochen – breites Bönnsch.“ Und dann zitiert der Professor  die vielleicht hehrste Textstelle der westlich-weltlichen Musikgeschichte: „Freude schöner Jötterfunken, Töchter aus Ellüsiumm.“ Und es klingt wie eine delikate Mischung  aus   Konrad Adenauer und dem Fußball-Trainer Hennes Weisweiler.

Durch die rheinischen Jahre Beethovens zieht sich als Konstante eine  gewisse Unschärfe. Getauft am 17. Oktober 1770 in der alten St. Remigius-Kirche, geboren aber vielleicht einen oder zwei Tage früher – man weiß es nicht. Den Namen Ludwig trug bereits der erste Sohn der Beethovens  – da dieser Junge aber bereits nach wenigen Tagen  verstarb,  nutzten die Eltern pragmatisch den schönen Namen einfach erneut: Ludwig II., wenn man so will.

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Beethoben-Skulptur vor der Bonner Beethoven-Halle.

Sein erstes Konzert gibt der kleine Ludwig am 26. März 1778 mit siebeneinhalb  Jahren in Köln – im Akademiesaal des Hauses Sternengasse 12, heute braust dort der Verkehr der Nord-Süd-Fahrt. Vater Johann, Hoftenor bei den Kurfürsten,  schummelte bei der Konzertankündigung  und kündigte als Preziose des Musikabends „sein Söhngen von 6 Jahren“ an – bei dieser Verjüngung brach sich wohl  des Vaters Wunsch Bahn, der  Ludwig möge ein Wunderkind sein wie dieser berühmte Mozart in Wien. Hochbegabt war Beethoven ohne Zweifel,  ein Wunderkind war er jedoch eher nicht, dem teils brutalen Drill des  Vaters zum Trotze.

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Dieser Beethoven war 22 Jahre alt, als er seine Geburtsstadt verlassen hat, um nach Wien zu gehen.  „Er hat in Bonn und Umgebung alles gelernt, was ihn zu dem Genius gemacht hat, den wir heute kennen“, sagte Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan am Freitag beim Auftakt der Jubiläums-Feierlichkeiten in Bonn und Umgebung, „anschließend ist er nach Wien  gegangen und gestorben“. Schöne Pointe, so kann man das sehen.

Professor Ulrich Konrad hatte 2015 bereits der ebenso  pointierten Gegenthese widersprochen, der emsige Ludwig  habe in jungen Jahren zwar durchaus  komponiert, aber eben keine Werke von Beethoven, bzw. von beethovenscher Bedeutung.   

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Beethovens Geburtshaus in Bonn.

Immerhin 54 Werke hat der junge Mann zwischen 1782 und 1792 komponiert und veröffentlicht.    Werke, die den Blick freigeben auf das,  was sich da zusammenbraut. „Beethoven ist in diesen wenigen Jahren, um es lapidar zu sagen, Komponist geworden“, sagt Konrad.

Beethoven-Rundgänge durch Bonn

Stefan  Eisel vom Verein  „Bürger für Beethoven“ hat dereinst zusammengestellt, was über des Musikers   Heimaterkundungen bekannt ist, die nun aus Anlass und zum Auftakt des 250-Jahrfeiern in den Rundgängen durch Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis in zweimal elf Stationen begehbar gemacht werden – mal ganz wörtlich auf Beethovens Spuren.

„So wissen wir“, schreibt Eisel, „aus den Aufzeichnungen des Bäckermeisters Gottfried Fischer, dass Vater Johann van Beethoven mit seinem Sohn Ludwig um 1795 zu verschiedenen Musikliebhabern im heutigen Rhein-Sieg-Kreis reiste, darunter zu den »Gerichtsherren«  in Hennef und Siegburg.“ In Siegburg  hat der junge Beethoven auf der Abtei Michaelsberg die Orgel gespielt. „Kann sein“, sagt Eisel, „dass es da dann auch immer etwas zu verdienen gab.“

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