Corona in NRWMit diesem „Vierklang“ will Laschet die Krise in den Griff bekommen

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Laschet PK Oktober

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet

  • Ministerpräsident Laschet wirbt in der Corona-Krise um Verständnis für Einschränkungen und will private Kontakte auf ein Minimum reduzieren.
  • Eine Entscheidung über Maskenpflicht an Schulen gab es nicht.

Düsseldorf – Kontakte reduzieren, Kontaktnachverfolgung stärken, Risikogruppen schützen, die Durchsetzung der Regeln forcieren. Mit diesem „Vierklang“ will die Landesregierung von NRW das stark steigende Infektionsgeschehen in der Corona-Pandemie in den Griff kriegen. „Wenn uns das gelingt, können wir wie im Frühjahr gut durch diese Krise kommen“, sagt Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Freitag nach einer Sondersitzung des Landeskabinetts und einer Konferenz mit den Oberbürgermeistern und Landräten in der Düsseldorfer Staatskanzlei. „Der Entscheidungspunkt ist heute und deshalb ist es eine wichtige Zeit, die jetzt vor uns liegt.“

Gesundheitsämter geraten an die Grenze der Belastbarkeit

Die jüngsten Entwicklungen in der Pandemie seien besorgniserregend. Das Virus breite sich schnell und stark vor allem in den Ballungsgebieten aus. Einzelne Gesundheitsämter gerieten an die Grenze ihrer Belastbarkeit, die Zahl der schweren Krankheitsverläufe habe zugenommen. „Wir müssen die Kontrolle über den Verlauf der Pandemie behalten“, sagt der Ministerpräsident. Ein Blick in die Nachbarländer zeige, welche Konsequenzen es auch für NRW haben könne, „wenn es uns nicht gelingt, die Pandemie jetzt zu verlangsamen, nämlich volle Krankenhäuser und einen flächendeckenden Lockdown“. Das gelte es zu verhindern. Im Vergleich zu anderen Ländern in Europa habe Deutschland wie im Frühjahr „einen kleinen zeitlichen Vorsprung. Wir müssen alles tun, diesen jetzt zu nutzen.“

Die Zahlen seien nicht zwar nicht vergleichbar mit denen vom März, aber sie stiegen exponentiell. Ziel sei es, die Schwächsten der Gesellschaft zu schützen. „Wir müssen das Infektionsgeschehen unter Kontrolle halten und in der Gesellschaft dafür werben wie ernst die Lage ist“, so Laschet.

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Neue Verordnung ist seit Mitternacht in Kraft

In NRW könne man nicht mehr von Hotspots sprechen. Mittlerweile leben laut Landesregierung 13 der 18 Millionen Einwohner in Gebieten, in denen der Inzidenzwert der erste Alarmschwelle von 35 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner gerechnet innerhalb von sieben Tagen überschritten habe. Für diese und für die 50er Schwelle habe das Land am vergangenen Sonntag Maßnahmen beschlossen, die nach der Konferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Merkel am vergangenen Mittwoch von allen Bundesländern übernommen worden seien. Es sei gut, dass es jetzt bundeseinheitliche Standards und ein Stufensystem gebe, sagt Laschet. Nach der Konferenz mit den Oberbürgermeistern und Landräte werde der Erlass vom vergangenen Sonntag in eine Verordnung gegossen, die in der Nacht zum Samstag in Kraft tritt und landesweit gilt. Das Wichtigste sei die Reduzierung von sozialen Kontakten.

Das bedeutet: In Regionen, die den Inzidenzwert von 50 innerhalb von sieben Tage überschreiten und damit als Risikogebiet gelten, werden die Kontakte auf fünf Personen beschränkt. Das gilt nur für NRW. In den anderen Bundesländern ist das liegt die Grenze bei zehn. Überdies gilt für gastronomische Einrichtungen auch eine Sperrstunde zwischen 23 und sechs Uhr. Auch der Verkauf von Alkohol an Tankstellen und Kiosken ist in dieser Zeit untersagt. An Festen aus herausragendem Anlass außerhalb der Wohnung dürfen dann nur noch zehn Personen teilnehmen. Bei Veranstaltung sind drinnen wie draußen nur noch 100 Personen zulässig. Ausnahmen mit bis zu 250 Personen sind nach Genehmigung durch die Kommune möglich.

Wird der Inzidenzwert von 35 erreicht, gelten mehrere Gefährdungsstufen. Feste aus herausragendem Anlass sind auf 25 Teilnehmer begrenzt, Veranstaltungen auf 1000. Die Maskenpflicht gilt dabei auch in geschlossenen Räumen sowie Sportveranstaltungen. Überdies legen Städte und Gemeinden fest, auf welchen stark besuchten Straßen und Plätzen Masken getragen werden müssen. Eine Sperrstunde könne von den Kommunen bei der 35er Inzidenz angeordnet werden, verpflichtend sei sie aber nicht. Die Landesregierung hat noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob in den Schulen nach den Herbstferien wieder eine generelle Maskenpflicht eingeführt wird, die also auch im Unterricht gilt. Baden-Württemberg und Bayern haben sich dafür entschieden.

Schnelltests für Bewohner und Personal in den Altenheimen

Man mute den Menschen damit viel zu, sagt Laschet. „Wenn wir Schulen, Kitas und das wirtschaftliche Leben offenhalten wollen, müssen wir alles einschränken, was den Freizeitbereich betrifft.“

Um die Gesundheitsämter zu stärken, muss das Personal landesweit um rund 1000 auf 4000 aufgestockt werden. Das soll durch Umschichtungen in den Verwaltungen und befristete Einstellungen geschehen. Laut Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann kommen dafür neben Medizinstudenten auch Menschen in frage, die durch die Pandemie derzeit wenig Beschäftigung hätten. Dabei gehe es vor allem um die telefonische Nachverfolgung von Infektionsketten. Das Finanzministerium habe entsprechende Gelder zugesichert.

Um die Menschen in Altenheimen besser zu schützen, gilt seit Freitag eine neue Teststrategie des Bundes. Pro Bewohner werden den Altenheimen laut Laumann bundesweit 20 Schnelltests pro Monat zur Verfügung gestellt. Rund zehn Millionen seien vom Bundesgesundheitsministerium für Deutschland reserviert. „Der Apothekerverband hat zugesichert, dass es mehr Tests auf den Märkten gibt“, sagt Laumann. „Diese Teststrategie wird einen erheblichen Beitrag zu mehr Sicherheit in unseren stationären Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern leisten. Mit diesem System belasten wir weder Labore noch das niedergelassene Gesundheitssystem.“

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Zehntausende Besucher eines Fußballspiels mit Schnelltests zu untersuchen sei unmöglich, ergänzt Laschet. „Diese zehn Millionen Tests sind ausschließlich vulnerablen Gruppen vorbehalten.“ 

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