„Als ob wir Basteltanten wären“NRW liefert Kitas Millionen Masken – in Einzelteilen

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Birgit Josephs beschwert sich bei der Landesregierung. „Es wird uns noch unnötige Arbeit aufgehalst.“

Birgit Josephs beschwert sich bei der Landesregierung. „Es wird uns noch unnötige Arbeit aufgehalst.“

  • Das Land NRW hat rund drei Millionen Schutzmasken gegen das Coronavirus an Kitas geliefert.
  • Die Krux: Die Nasen-Mund-Schutze kommen in Einzelteilen. Etwa als Bausatz für Kita-Kinder und Erzieher?
  • Eine Kölner Erzieherin hat sich mit Kollegen zusammengetan und übt nun scharfe Kritik am Land und NRW-Familienminister Joachim Stamp.

Köln/ Düsseldorf – Birgit Josephs ist seit 38 Jahren Kita-Erzieherin. Es gibt wenige Dinge, die die 58-Jährige noch aus der Ruhe bringen können. In dieser Woche war es allerdings soweit. In einer offenen Tüte wurden in der Kita rund 100 Schutzmasken angeliefert. „Allerdings nicht gebrauchsfertig, sondern in Einzelteilen“, schimpft Birgit Josephs. „Wir sollen die Dinger selbst zusammensetzen. Das ist doch eine Frechheit. Als ob wir Basteltanten wären, die nichts besseres zu tun hätten!“

Das Land NRW hat die Kitas mit fünf Millionen Schutzmasken ausgestattet, bei drei Millionen handelt es sich allerdings um Bausausätze, die noch montiert werden müssen. „Alle sprechen davon, wie wichtig die systemrelevanten Berufe seien“, sagt Birgit Josephs. „Die Masken-Bausätze beweisen aber, dass das nur Sonntagsreden sind. Wir bekommen keinen Bonus, – und es wird uns noch mehr unnötige Arbeit aufgehalst.“

Erzieher aus Köln richten Wutbrief an NRW-Familienminister Stamp

In einem Brief an NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) haben sich die Erzieherin aus Köln und neun weitere Kolleginnen auch über die aus ihrer Sicht unsinnigen Auflagen für den Kita-Alltag beschwert. So müssen Kinder, die oft nachmittags auf dem Spielplatz zusammen herumtollen, in der Kita penibel voneinander getrennt werden. „Das ist doch Schwachsinn“, ärgert sich Josephs.

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Die Opposition im Landtag teilt die Kritik. Dennis Maelzer, Familienexperte der SPD, erklärte, der Vorgang sei ein „Unding“: „Anstatt ihnen den bestmöglichen Schutz zu bieten, werden sie jetzt zur Bastelstunde aufgefordert. Das ist respektlos und unverantwortlich. Wir haben das Thema für die nächste Sitzung des Familienausschusses angemeldet.“

Josefine Paul, Vize-Fraktionschefin der Grünen, sieht das ähnlich: „Erzieherinnen und Kitas brauchen von der Landesregierung klare Konzepte und vor allem die Zusicherung, dass Corona-bedingte Mehrkosten für Hygiene und Personal vom Land übernommen werden. Der Familienminister darf die Kitas nicht mit einem Gesundheitsschutz zum Selberbauen allein lassen.“

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Das NRW-Gesundheitsministerium erklärte auf Anfrage, in der vergangenen Woche seien über die Jugendämter insgesamt fünf Millionen Mundschütze an die rund 10 000 Kitas in NRW verteilt worden. Die drei Millionen Bastelsets wurden danach Ende März bestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Markt für Schutzausrüstungen so gut wie leer gefegt gewesen, hieß es. „Angesichts der damaligen Notsituation wurden deshalb auch Masken erworben die noch fertig zu montieren sind“, erklärte ein Sprecher.

Auch NRW-Familienminister Stamp reagierte auf die Wut der Erzieherinnen. „Die Krise verlangt allen Beteiligten viel ab und dabei verläuft nicht alles reibungslos“, räumte der FDP-Politiker auf Anfrage ein. „Aber wenn wir weiter gemeinsam eng zusammenarbeiten, werden wir diese schwierige Situation bewältigen“, fügte Stamp hinzu.

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