200 Millionen Euro SchadenDas hat die Flut in Euskirchen angerichtet – ein Überblick

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Teile der Pflastersteine in der Euskirchener Fußgängerzone werden temporär entfernt und durch Splitt und Sand ersetzt, damit die Verletzungsgefahr reduziert wird – nach Rücksprache mit den Geschäftstreibenden.

Teile der Pflastersteine in der Euskirchener Fußgängerzone werden temporär entfernt und durch Splitt und Sand ersetzt, damit die Verletzungsgefahr reduziert wird – nach Rücksprache mit den Geschäftstreibenden.

Euskirchen – Sport, Kultur, Handel, Feuerwehr und Schulen – viele Facetten, die Euskirchen zu einer Stadt mit Gesicht gemacht haben, liegen nach dem Hochwasser vom 14. Juli am Boden. In der Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses gab die Verwaltung nun einen Überblick über die weiterhin geschätzten Schäden.

Aktuell gehen Bürgermeister Sacha Reichelt und seine Fachbereichsleiter von einem Gesamtschaden in Höhe von etwa 200 Millionen Euro aus – rund 120 Millionen bei der Infrastruktur und 80 Millionen Euro bei der städtischen Infrastruktur. „Euskirchen wird stärker zurückkommen“, sagte Reichelt. Ob beim Comeback das City-Forum an seiner bisherigen Stelle stehen wird, ist fraglich.

Sperrmüll

15.700 Tonnen Sperrmüll sind nach Angaben von Ottmar Zwicker, Betriebsleiter des Stadtbetriebs Technische Dienste, in den vergangenen vier Wochen abgefahren worden. Er geht davon aus, dass noch viele hinzukommen werden. Die Gesamtkosten werden seitens der Stadt auf rund zehn Millionen Euro geschätzt – Tendenz steigend. Etwa 1000 Straßenlaternen sind noch nicht wieder am Netz. Das habe etwas mit dem Isolationswert zu tun. „Derzeit könnte es zu einem Stromschlag kommen, wenn wir die Laternen anschließen würden“, so Zwicker.

Große Mengen Sperrmüll wurden abtransportiert.

Große Mengen Sperrmüll wurden abtransportiert.

Kindertagesstätten

Wegen massiver Wasserschäden sind die Kindertagesstätten Nordstraße, Käthe-Kollwitz-Straße, Kiefernweg, Nahestraße, Wißkirchen, Kirchheim sowie Roitzheim und Kreuzweingarten außer Betrieb. Die Behebung der Schäden, die unter Umständen nur durch Neubauten möglich sind, werden mit etwa 20 Millionen Euro beziffert. Übergangslösungen in Form von Containeranmietungen sind darin nicht enthalten. „Das Land hat signalisiert, die Kosten zu übernehmen“, sagte Fachbereichsleiterin Christiane Mermi.

Schulen

Die Grundschulen Franziskusschule, Flamersheim, Kirchheim und Wißkirchen sowie Marienschule (plus Abendgymnasium) und die Gesamtschule sind betroffen. Gleiches gilt für einige Turnhallen. Die Schäden werden von der Verwaltung auf gut zehn Millionen Euro geschätzt. Die zentrale „IT-Landschaft“ in diesen Schulen sei noch nicht abschließend überprüft und werde auch in Teilen ersetzt werden müssen. „Der Schulbetrieb in Wißkirchen verzögert sich um zwei Wochen. Die Kinder werden bis dahin auf Wunsch der Schulleitung an der Grundschule Nordstadt unterrichtet“, sagte Alfred Jaax, Erster Beigeordneter der Kreisstadt.

4700 Anträge bewilligt

Auch das Waldfreibad an der Steinbachtalsperre ist nicht ohne Schäden davon gekommen. Diese belaufen sich laut Verwaltung auf rund 150 000 Euro. Vollständig gereinigt ist das Waldfreibad noch nicht. Für die Beseitigung des Schlamms benötige man unter anderem schweres Gerät. Die Zukunft ließ der Ausschuss offen.

Bei den Soforthilfen für Privatpersonen (3500 Euro je Haushalt) und Unternehmer (5000 Euro) wurden nach Angaben der Stadt bisher etwa 4700 Anträge bewilligt und etwa zehn Millionen Euro ausgezahlt. Die Verwaltung hob zudem die „enormen Schäden“ am Thomas-Eßer-Berufskolleg und der Badewelt hervor. (tom)

Feuerwehr

Im Zuge der Einsätze bei der Flutkatastrophe hat die Feuerwehr insgesamt sieben Fahrzeuge durch Schäden irreparabel verloren – dazu zählt auch die die Drehleiter. Die Schäden werden mit zwei Millionen Euro beziffert. Es wurden aber auch die Feuerwehrgerätehäuser in Euenheim und Palmersheim betroffen.

Kultur

Das City-Forum wurde im Saalbereich vollständig überflutet. Die Stadtbibliothek stand ebenfalls im Erdgeschoss komplett unter Wasser – entsprechend ist auch das Stadtmuseum in Mitleidenschaft gezogen. Der Schaden fürs City-Forum beläuft sich auf mindestens vier Millionen Euro. „Wobei nicht klar ist, ob beispielsweise die benötigte neue Lüftungstechnik überhaupt in die bisher dafür vorgesehen Räume passt“, berichtete Fachbereichsleiter Jürgen Huthmacher. Und dann sorgte Bürgermeister Sacha Reichelt für Aufsehen, indem er den bisherigen Standort des Veranstaltungsgebäude infrage stellte. „Was könnte dort stehen, wenn dort nicht mehr das City-Forum steht. Und wo steht es, wenn es nicht mehr dasteht“, fragte der Verwaltungschef rhetorisch in die Runde, um direkt hinterher zu schieben: „Wir haben dazu ein, zwei interessante Gedanken.“ Mehr ließ er sich aber auch auf Nachfrage nicht entlocken.

Die Euskirchener haben den Humor nicht verloren.

Die Euskirchener haben den Humor nicht verloren.

Der Kulturhof wird wohl mindestens neun Monate geschlossen sein. Man werde versuchen, die Bibliothek früher wieder ans Netz zubringen. Dafür werde aber Räumlichkeiten benötigt – und die seien rar. Schäden haben auch die Aula der Marienschule und das Casino erlitten.

Sportbereich

Die Kunstrasenplätze in Roitzheim und Stotzheim sowie die Sportanlage in Wißkirchen und Im Auel wurden überflutet. Für Roitzheim ist laut Verwaltung mit Umkleidegebäude ein Totalschaden festzustellen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der Platz in Roitzheim an der selben Stelle wieder aufgebaut wird, halte ich für sehr unwahrscheinlich“, sagte Huthmacher. Bürgermeister Reichelt fügte hinzu: „Das hätte den positiven Effekt, dass man dort eine Wasserrückhaltemulde anlegen könnte, die dem Hochwasserschutz dient.“

Brücken

Mindestens acht Brücken sind zerstört worden. Die Schadenshöhe in diesem Bereich beläuft sich auf gut 20 Millionen Euro. Die Brücke am Narzissenweg wird aber noch nicht abgerissen, weil das Technische Hilfswerk sie als Fußquerung nutzen will, wenn die Notbrücke über die Erft erricht wird.

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Sonstiges

Die Eugebau ist mit ihrem Wohnungsbestand betroffen. Den Schaden beziffert sie Stadt mit rund 15 Millionen Euro.

Auch im Bereich des Wasserversorgungsverbandes Euskirchen-Swisttal und der e-regio seien, insbesondere durch die Steinbachtalsperre, Schäden in zweistelliger Millionenhöhe zu erwarten.

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