AusserirdischeEidgenossen suchen E. T.

Lesezeit 3 Minuten
Ein Rudel fein herausgeputzter Schweizer wandte sich über den Astropeiler Stockert an den erholungssuchenden Außerirdischen.

Ein Rudel fein herausgeputzter Schweizer wandte sich über den Astropeiler Stockert an den erholungssuchenden Außerirdischen.

Bad Münstereifel-Eschweiler – „Fidirullala, Fidirullala.“ Ungewohnte Klänge waren am Montagmittag in der Schaltzentrale des Astropeilers auf dem Bad Münstereifeler Stockert zu hören. Und weit darüber hinaus, denn über die Sendeanlage des Radioteleskopes wandte sich eine Gruppe von zünftig gekleideten Entlebuchern an eine Hörerschaft weit außerhalb irdischen Einzugsbereiches, um ihnen die Region Entlebuch im Kanton Luzern als möglichen Urlaubsort schmackhaft zu machen. Das Entlebuch sei als weltweit erstes Unesco-Biosphärenreservat so außergewöhnlich, dass es auch für Außerirdische wie etwa den Filmhelden E.T. das schönste Reiseziel des Universums sein müsste.

Bereits in den 70er-Jahren stattete die Nasa ihre Voyager-Raumsonden mit goldenen Platten aus, auf denen irdische Klänge und Zeichen festgehalten waren, sollte einmal ein Lebewesen aus einer anderen Welt die Geräte in die Alienhände bekommen. Beethoven und Louis Armstrong sind da zu hören, während der neugierige Außerirdische Bilder von nackten Menschen und unserem Sonnensystem betrachten kann.

Die Schweizer gingen jetzt weiter. In einer Live-Sendung über Megakurzwelle auf der Frequenz 1 Gigahertz, die in Richtung des Sternbilds Schwan gerichtet war, luden sie die kosmische Hörerschaft auf Entlebucher Dialekt in ihre Heimatregion ein. Zwei Landeplätze soll es dort geben, und in mehreren tausend Jahren, wenn zum ersten Mal mit dem Eintreffen extraterrestrischer Gäste zu rechnen sei, sähe es dort immer noch so schön aus wie heute, so teilte Theo Schnider, Direktor des Biosphären-Reservates, dem Universum mit.

Etwas schwammig waren die Ausführungen von Schnider darüber, wie die Aliens von der Eifel in die Schweiz finden würden. Schließlich hat der Künstler Rochus Aust bereits in Kall-Scheven einen Ufo-Landeplatz eingerichtet und in den Kosmos hinaus verbreitet. Der Außerirdische habe ein körpereigenes Navigationssystem, meinte Schnider, der sei technisch so weit entwickelt, dass neben dem Verstehen des Schweizer Dialektes auch die Anreise kein Problem darstelle.

Was die Schweizer tun, wenn die Aliens wirklich kommen, blieb ebenfalls unklar. Denn die Eidgenossen haben ja kürzlich in einer Volksabstimmung sich gegen die Einwanderung von Außerschweizerischen ausgesprochen. Inwieweit es da Kontingente für bisher unbekannte Lebensformen geben wird, werden wohl die nächsten Jahrtausende zeigen.

In etwas unsicherer Intonation besang die Entlebucher Delegation noch das „Morgenrot“ und betätigte pflichtschuldig das mitgeführte Alphorn. Außerdem präsentierten sie einen Klangteppich, der nach eigenen Angaben aus verschiedenen Klängen des Entlebuchs zusammengesetzt sei und die Atmosphäre in der Urlaubsregion wiedergeben soll. Das dumpfe Wabern, das im Internet heruntergeladen werden kann, wirkt für unbedarfte Ohren aber eher wie die akustische Untermalung eines besonders blutrünstigen Ego-Shooters. Der fotogerecht auf dem Arm gehaltene Käse ging dagegen nicht auf Sendung.

Denn natürlich war die Veranstaltung mit reichlich lokaler und überregionaler Presse ein Werbegag der Tourismusbranche im Entlebuch. Auf alberne Journalistenfragen wurde albern geantwortet und vom „Gästemix“ zwischen Menschen und Außerirdischen geschwärmt. Ein halbe Million Besucher im Jahr kommen in die Region, und da könnten sich noch ein paar hinzugesellen, meinen die Verantwortlichen.

Der Bad Münstereifeler Astropeiler als eine der wenigen Einrichtungen, die mit einem Sender ausgestattet ist und auch die größte von einem privaten Verein betriebene Radioastronomie-Station machte den Spaß, wie der Vereinsvorsitzende Wolfgang Hermann erzählte, gern mit. Normalerweise widmet sich die Station allerdings ganz seriös und weniger publikumswirksam der Erforschung von Pulsaren und der Bewegung der Sterne in der Milchstraße.

Bis zu welcher Entfernung die Sendung in das All hinausgehen wird, konnte Hermann nicht sagen. Theoretisch werde die Botschaft aus dem Entlebuch bis in alle Ewigkeit durch das All ziehen, sagte er. Das Signal werde, während es sich in Raum und Zeit verbreitet, schwächer werden, doch hoch entwickelte Geräte könnten es immer noch in Tausenden von Jahren empfangen. Beethoven kann einpacken, hier kommen die Schweizer. Fidirullala. (sev)

KStA abonnieren