Der „Verein Alter Münstereifeler“ wurde vor 100 Jahren aus der Taufe gehoben. Zum Jubiläum ist eine umfangreiche Festschrift erschienen.
JubiläumWie in Bad Münstereifel ein Ehemaligenverein die Stadtgeschichte beeinflusst

Freuen sich über die Festschrift zum Vereinsjubiläum: der Verfasser Horst A. Wessel (v.l.), Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian, der Vamü-Vorsitzende Michael Nücken und der stellvertretende Vorsitzende Thomas Caro.
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Seit 100 Jahren besteht der „Verein Alter Münstereifeler“ (Vamü). Jetzt ist zum Jubiläum eine umfangreiche Festschrift erschienen.
Dass ein „Ehemaligenverein“ guten Gewissens von sich behaupten kann, ein Stück Stadtgeschichte zu verkörpern, ist keine Selbstverständlichkeit. Doch im Fall des Vereins alter Münstereifeler, der den Zusammenhalt zwischen Schülern, Lehrern und Abgängern der Abiturjahrgänge am St.-Michael- und St.-Angela-Gymnasium fördern will, gehen nicht nur die Vereinsverantwortlichen selbstbewusst genau davon aus. „Was wäre die Stadt Bad Münstereifel ohne Sie“, so Bad Münstereifels Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian im Grußwort der jetzt erschienenen Festschrift „100 Jahre Vamü 1925-2025“. Sie ergänzt: „Unsere Schulen können sich glücklich schätzen, welche Unterstützer sie haben. Der Vamü sieht, wo es an den beiden Gymnasien fehlt, er setzt sich ein und bleibt dran.“
Beweise dafür finden sich in der von Prof. Dr. Horst A. Wessel herausgegebenen 280-seitigen Festschrift – er war 16 Jahre lang bis 2014 Vamü-Vorsitzender und ist seitdem Ehrenvorsitzender – mehr als genug. Ein „Dreivierteljahr“ habe er daran gearbeitet, so Wessel. Vor allem die seit der Vereinsgründung 1925 erscheinende Mitgliederzeitschrift „Nachrichtenblatt“ war dabei seine wichtigste Quelle. Dazu hat er Archive aufgesucht und mit Zeitzeugen gesprochen.
Verein kümmerte sich nach dem Krieg um den zerstörten jüdischen Friedhof
1072 Anmerkungen bilden das Schlusskapitel seines Buches, das in weiten Teilen vor allem die Geschichte des St.-Michael-Gymnasiums zusammenfasst. Erst 1976 kam das St.-Angela-Gymnasium dazu. Bemerkenswert umfassend ist dabei die Bewertung der Bedeutung von Schule und Schulleitung während der Zeit des Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg. Zudem kann Wessel auch anhand einer ganzen Reihe von Beispielen belegen, was Bürgermeisterin Preiser-Marian meint: die Bedeutung des Vereins für die Entwicklung der Stadt in den vergangenen 100 Jahren.
Der Vamü sieht, wo es an den beiden Gymnasien fehlt, er setzt sich ein und bleibt dran.
Da wäre etwa die Instandhaltung der Jesuitenkirche, die für Vamüler am St.-Michael-Gymnasium naturgemäß bis heute eigentlich ihre Schulkirche ist, da sie Teil des einstigen Klosters war, dessen barocker Altbau zur dann mehrfach vergrößerten Schule gehört. Ein weiteres Beispiel für Engagement zugunsten der Allgemeinheit – und auch wichtige Trauerarbeit – war nach dem Zweiten Weltkrieg die Wiederherstellung des zerstörten jüdischen Friedhofs der Stadt.
In Bad Münstereifel lebte eine vergleichsweise große jüdische Gemeinde. Der Vamü sichtete die Gräber und finanzierte die Dokumentation aller Namen. Die Übersicht wurde später dem berühmten Holocaust-Dokumentations- und Erinnerungszentrum Yad Vashem in Israel übermittelt. Der Vamü trug auch die Kosten für einen Gedenkstein an der einstigen Adresse der Synagoge an der Orchheimer Straße.
Alte Münstereifeler setzten sich für Rathaus, Bad und Outlet ein
Nachzulesen in der Festschrift ist auch die Geschichte der Rettung des Roten Rathauses der Stadt. Das Gebäude, das einst schon einmal als Rathaus diente, war zwischenzeitlich an eine Münstereifeler Brauerei „zum Abbruch“, so der Vamü-Vorsitzende Michael Nücken, verkauft worden. Es diente dann als Lagerhaus. Doch die Brauereibesitzer waren Münstereifeler und Abiturienten des St.-Michael-Gymnasiums. Das reichte offenbar, um die Stadt vom Rückkauf des Renaissance-Baus zu überzeugen, der bis heute wieder als Verwaltungssitz dient.
Münstereifel ist heute ein Kurort – doch die Bezeichnung Bad musste man sich durch den Nachweis entsprechender Kur- und Heilbehandlungsangebote erst einmal verdienen. Auch hier spielten Vamü-Vorsitzende, Vorstandsmitglieder oder andere Ehemalige, wie auch bei den Recherchen zum Leben des wohl berühmtesten Münstereifelers, Friedrich Joseph Laurentius Haass, dem „heiligen Doktor von Moskau“, eine entscheidende Rolle, wie in der Festschrift nachzulesen ist.
Vamü-Mitglieder waren schließlich über die Jahrzehnte immer wieder Mitglieder des Stadtrates von Bad Münstereifel oder zogen im Hintergrund die Fäden. Nachzulesen ist in der Festschrift, wie sie auch nach dem Ersten Weltkrieg die Sanierung der Innenstadt von Bad Münstereifel förderten. Die historischen Fachwerkfassaden sollten vom überdeckenden Putz freigelegt werden. Der Verein war auch Befürworter der Umwandlung des historischen Stadtkerns zum Outlet-Center, was Bad Münstereifels Innenstadt nachweislich vor einem neuerlichen Verfall bewahrte.
Die Flut zerstörte 2021 auch das Archiv des Münstereifeler-Vereins
Im Handel ist die Festschrift „100 Jahre Vamü“, die in diesen Tagen im Selbstverlag und einer Auflage von 1000 Exemplaren erschienen ist, in der Bad Münstereifeler Buchhandlung „Die Leserei“ erhältlich. 1000 Stück – das entspreche ziemlich genau der aktuellen Mitgliederzahl, so der Vamü-Vorsitzende Michael Nücken. Und es könnten aus seiner Sicht durchaus mehr sein.
Aber vorbei seien die Zeiten, als Bad Münstereifeler Abiturienten unmittelbar nach der Aushändigung des Zeugnisses den Aufnahmeantrag für den Vamü unterschreiben sollten, schmunzelt Dr. Thomas Caro, stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Auch der Vamü sorgt sich um die Zukunft angesichts der nachlassenden Bindungsfähigkeit der Pennäler an ihre ehemaligen Gymnasien – selbst in Bad Münstereifel.
Apropos Zukunft: Bei seinen Recherchen konnte Horst A. Wessel nicht auf das Vereinsarchiv zurückgreifen. Es wurde wie so vieles bei der Erftflut 2021 zerstört. Seitdem sucht der Vamü händeringend Ersatzräume für den Neuaufbau. Bisher vergebens. Da müsste sich doch für die, die in ihrer Heimatstadt offenbar viel Gutes getan haben, doch ein Wohltäter finden lassen. Die Hoffnung bleibt.
Die 280-seitige Festschrift „100 Jahre Vamü 1925-2025“ von Horst A. Wessel ist im Selbstverlag mit 1072 Anmerkungen erschienen. Sie kostet 25 Euro und ist in der Buchhandlung „Die Leserei“ in Bad Münstereifel erhältlich. Sie kann auch per E-Mail unter info@vamue.de angefordert werden, dann aber zuzüglich 3,50 Euro an Versandkosten.