An der neuen Freitreppe zur Erft wird an die Flutkatastrophe vor vier Jahren erinnert. Erstmals nach sechs Jahren ehrt die Stadt wieder „Köpfe“.
Jahrestag der FlutkatastropheBad Münstereifel gedenkt der Opfer und genießt Normalität

Sonnenblumen in der Erft, die vor vier Jahren Leid und Zerstörung brachte: Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian und die Bad Münstereifeler halten inne und erinnern an die Katastrophe.
Copyright: Cedric Arndt
Wer durch Bad Münstereifel bummelt, entlang der Erft den Blick über den historischen Ortskern schweifen lassen, sieht sie nicht mehr, die Spuren, die die Flutkatastrophe hinterlassen hat. Seit vier Jahren haben Stadt und Anwohner alles darangesetzt, diese zu beseitigen. Schaut man jedoch genauer hin, in die verwinkelten Seitenstraßen, fallen die verbliebenen Baustellen auf: Fenster sind noch zugenagelt, Pflaster kaputt, die Wasserlinien an den Fassaden deutlich erkennbar.
Vier Jahre ist es jetzt her, dass die Erft für Leid und Zerstörung sorgte. Fünf Menschen im Stadtgebiet verloren ihr Leben.
An der Erft ist ein Ort der Erinnerung und der Begegnung entstanden
„Wir alle haben die Ärmel hochgekrempelt, gemeinsam angepackt, uns gegenseitig getröstet“, sagt Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian bei der offiziellen Gedenkveranstaltung. Sie steht auf einer kleinen Bühne in der Erft, die an diesem Sonntag leise vor sich hinplätschert.

In einigen Seitengassen sind die Schäden noch deutlich sichtbar.
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Genau an dieser Stelle rissen die Wassermassen in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021 ein riesiges Loch in die Erftmauer. Diese Wunde wurde im Zuge des Wiederaufbaus nicht beseitigt. Stattdessen hat die Stadt mit der Freitreppe einen Ort des Erinnerns und der Begegnung geschaffen. „Hier verweilen täglich Jung und Alt, Bürgerinnen und Bürger genauso wie Gäste der Stadt“, so die Bürgermeisterin. Gleichzeitig erinnern Foto-Pflastersteine von Joachim Rieger an das Ausmaß der Zerstörung.
Für mich und viele andere Bad Münstereifeler wird der Jahrestag dieser Katastrophe immer ein emotionaler Tag sein.
„Für mich und viele andere Bad Münstereifeler wird der Jahrestag dieser Katastrophe immer ein emotionaler Tag sein“, sagt Preiser-Marian. Neben dem Plätschern des Wassers und dem Zwitschern der Vögel ist während dieser Schweigeminute nur das leise Summen einer Biene zu hören, die auf der Suche nach Nektar die in der Erft aufgestellten Sonnenblumen besucht.
Bad Münstereifel genießt wieder Momente der Normalität
Vier Jahre nach der Flut sei es wichtig, auch wieder Momente der Normalität zu genießen, betont Preiser-Marian. Etwa den Weihnachtsmarkt oder die Kirmes, die am kommenden Wochenende stattfindet. Auch aus diesem Grund wolle die Stadt wieder Personen würdigen, die Herausragendes geleistet haben, die sogenannten „Köpfe“. Bis 2019 ehrte Bad Münstereifel damit Menschen, die sich durch besonderes Engagement hervorgetan haben. Dann kamen Corona und die Flut. „Erstmals nach der Flutkatastrophe wollen wir die Köpfe wieder ehren und vorstellen, die verpassten Jahre nachholen und ihnen den verdienten Raum schenken“, so Preiser-Marian.
Zwölf sind es dieses Mal, darunter auch Menschen, die während der Flutkatastrophe oder danach Herausragendes leisteten. Wie Michael Mönks, Christine Gottwald und Dorothee Wald von der Psychosozialen Hilfe Bad Münstereifel. Mönks initiierte dieses Angebot nach der Flut, um sich mit anderen Freiwilligen um das Aufarbeiten der psychischen Folgen zu kümmern. In den vergangenen vier Jahren wurden mehr als 1000 Gespräche geführt, darunter nach Angaben der Stadt auch viele mit Kindern.
„Die unsichtbaren Wunden in den Herzen werden sich vielleicht nie ganz schließen“, sagt Bürgermeisterin Preiser-Marian. Das müsse aber nichts Schlechtes sein. Denn es bedeute, dass die Bad Münstereifeler nicht vergessen, was war. Die noch sichtbaren Spuren allerdings sollen ganz beseitigt werden. Dafür stehen der Stadt laut Bürgermeisterin im Wiederaufbauplan bis 2030 insgesamt rund 204 Millionen Euro zur Verfügung. „Dies wird zwar noch eine Weile dauern und viele Genehmigungen brauchen, dennoch sehe ich mit großer Zuversicht den bevorstehenden Aufgaben entgegen“, so Preiser-Marian.
In den nächsten Jahren sollen die jetzt noch vorhandenen Schäden der Flut beseitigt werden, damit dann auch der zweite Blick in die Seitengassen der Kurstadt diese nicht mehr offenbart.