Als letzte NRW-Strecke wird die Erfttalbahn am 14. Dezember um 7.33 Uhr ihren Betrieb nach der Flutkatastrophe 2021 wieder aufnehmen.
Vier Jahre nach der FlutkatastropheErfttalbahn fährt ab Dezember wieder bis Bad Münstereifel

Vor der neuen Brücke an der Möschemer Mühle blickten die Projektingenieure Sinja Ewald und Tim Rüschenschmidt zurück.
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Sonntag, 14. Dezember, 7.33 Uhr: Wenn nichts mehr schiefgeht, sollen um diese Uhrzeit laut Winterfahrplan 2025/26 zum ersten Mal wieder Fahrgäste mit der S23 von Euskirchen nach Bad Münstereifel befördert werden. Die erste Fahrt in die andere Richtung ist für 8.05 Uhr vorgesehen. Auf den Tag genau vier Jahre und fünf Monate nach der Flutkatastrophe will die Deutsche Bahn den Betrieb der Erfttalbahn als letzte NRW-Strecke im Rahmen des 1,3 Milliarden Euro teuren Wiederaufbaus aufnehmen.
Vorsicht ist für Verkehrsteilnehmer bereits ab dem 8. Dezember geboten: Denn in der Woche vor dem Neustart nimmt die Bahn Testfahrten auf der Strecke vor. Dann kann es zu dem mittlerweile ungewohnten Bild kommen, dass Züge die 21 Bahnübergänge zwischen Kreisstadt und Kurstadt passieren.
Arbeiten an der Erfttalbahn waren herausfordernder als angenommen
Die Arbeiten an der 13 Kilometer langen Strecke sind abgeschlossen und waren laut Bahn herausfordernder, als es zunächst den Anschein hatte. Bei der ersten Begehung habe man die offensichtlichen Schäden erkennen können. Aber: „Wir haben erst Stück für Stück das wahre Ausmaß gesehen“, beschreibt es Projektingenieurin Sinja Ewald, die mit ihrem Kollegen Tim Rüschenschmidt die Baumaßnahmen erläuterte. Das wurde deutlich, als man Bereiche untersuchte, die augenscheinlich nicht beschädigt waren. Doch in den Dämmen wurden Flutrückstände gefunden, sodass Gleise, Schotter und komplette Dämme entfernt werden mussten.
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Im Bahnhof Bad Münstereifel ist der Prellbock neu.
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Solche umfangreichen Projekte werden von der Deutschen Bahn normalerweise lange im Voraus geplant. Es finden Untersuchungen statt, der Ausschreibungsprozess für die Arbeiten geht den gewohnten Gang. Im Falle der Flutkatastrophe war das nicht möglich. „Das hier war keine planbare Maßnahme mit mehreren Jahren Vorlaufzeit“, sagte Rüschenschmidt. Die komplette Bestandsaufnahme fand baubegleitend statt, die Ausschreibungszeit wurde verkürzt.
9100 Meter neue Schienen und 8000 Tonnen Schotter wurden verbaut

Mit Pflastersteinen befestigt wurden die Wasserdurchlässe.
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Allein die Zahlen, die die beiden Projektingenieure vorstellten, sind gewaltig. Auf der 13 Kilometer langen Strecke wurden 9100 Meter neue Schienen verbaut. Bereits vorhandene Schienen, die nicht älter als 30 Jahre alt waren, wurden aufbereitet, also geschliffen und bearbeitet. Verbaut wurden außerdem 8000 Tonnen Gleisschotter. Allein dessen Lagerung sei eine logistische Herausforderung gewesen.
So habe es nicht nur an der Möschemer Mühle in Bad Münstereifel, also unweit des Gewerbegebietes, eine Baustellenfläche gegeben, sondern auch in der Nähe der Zuckerfabrik in Euskirchen, wo sich Schotterberge bis zu 15 Meter hoch türmten. Verbaut wurden neben 4700 neuen Schwellen auch alte. Zum Teil wurden im Bereich der Bahnübergänge noch Holzschwellen unter dem Asphalt entdeckt. „Wir haben hier alle möglichen Schwellen vorgefunden“, sagte Ewald.
Zwei Brücken mussten komplett erneuert werden: die an der Möschemer Mühle und die bei Kirspenich, die nach der Flut gesprengt worden war. Die Bahnbrücke bei Iversheim wurde saniert. Sie war erst 2019 errichtet worden. Hier war die Hinterfüllung durch die Flut weggespült worden.
Pflaster um die Rohre soll für weniger Verstopfungen sorgen
Verbessert wurden außerdem die Durchlässe in den Dämmen. Zwei wurden komplett neu gebaut, 30 wurden instandgesetzt. Der Bereich rund um die Durchlassrohre wurde gepflastert, wodurch verhindert werden soll, dass allzu viel Dreck in die Rohre gelangt. Auch eine neue Tiefenentwässerung wurde auf einer Länge von 840 Metern hergestellt, besonders im Bereich Bahnhof Bad Münstereifel.
Erneuert wurden ebenso alle 21 Bahnübergänge. „Das ist eine enorme Anzahl für eine so kurze Strecke“, sagte Sinja Ewald. Die Arbeiten an einem Übergang seien immer mit einer Sperrung verbunden.

Rund 140 Meter lang ist die Stützmauer, die einen Hang sichert.
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Barrierefreie Bahnhöfe in Arloff, Iversheim und Bad Münstereifel
Während die Bahnhöfe in Stotzheim und Kreuzweingarten instandgesetzt wurden, sind die Bahnhöfe in Arloff, Iversheim und Bad Münstereifel komplett erneuert worden und nun auch barrierefrei. Zurückgebaut wurde der Haltepunkt Zuckerfabrik.
Und dann gibt es ja noch das Bauwerk, dass die Wiederinbetriebnahme um ein Jahr verzögert hat. Denn bereits im Winter 2024 sollten die Züge wieder fahren. Doch dann wurden kurz vor der Freigabe Wasseransammlungen im Hang hinter dem Gewerbegebiet festgestellt. „Dadurch bestand die Gefahr eines möglichen Abrutschens“, erklärt Projektleiter Sebastian Hermanns. Also wurde eine rund 140 Meter lange Stützwand errichtet, die nun den Bahndamm sichert.
212 der 219 Masten für die Elektrifizierung stehen schon
Die einjährige Verzögerung nutzte die Deutsche Bahn auch, um die Elektrifizierung vorzubereiten. So seien die neuen Bauwerke, darunter die Stützwand, auf die Elektrifizierung, die für das Jahr 2028 vorgesehen ist, ausgelegt. „Es ist alles mitgedacht worden“, so Hermanns. Und nicht nur das: 212 der 219 Masten für die Oberleitungen wurden bereits errichtet.
Momentan laufen noch die letzten Abnahmen. Die für die Stützwand und den Prellbock sind bereits erfolgt. Sie sind, so heißt es in der Bahnsprache, „in Betrieb“. Die Leit- und Sicherungstechnik muss allerdings noch abgenommen werden, ebenso gibt es Bereiche im Bahnhof Bad Münstereifel, die noch nicht geprüft worden seien. Aber nichts davon könne die Wiederaufnahme des Betriebes verhindern, so die Bahn, die den Anwohnern, aber auch den Politikern für ihr Verständnis dankt. „Am 14. Dezember geht’s los“, freuen sich alle Beteiligten.
Zwei kleine Wermutstropfen gibt es allerdings doch noch: Wie der Zweckverband Go.Rheinland mittlerweile veröffentlicht hat, wird es im Frühjahr 2026 zwei Sperrungen geben. Vom 21. März bis 4. April wird die Strecke zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel wegen Elektrifizierungsarbeiten komplett gesperrt. Nach derzeitigem Stand fällt die S23 dann aus. Das gilt auch für den Zeitraum vom 19. bis 31. Mai. Eine weitere signifikante Sperrung ist für das Jahr 2026 dann nicht mehr vorgesehen.

