Betriebe schließenBäckern im Kreis Euskirchen fehlt der Nachwuchs

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Will verkaufen: Toni Möres aus Harperscheid. Seit mehr als 20 Jahren führt der 63-Jährige schon die Bäckerei.

Will verkaufen: Toni Möres aus Harperscheid. Seit mehr als 20 Jahren führt der 63-Jährige schon die Bäckerei.

  • Wie viele Branchen haben auch die Bäcker im Kreis Euskirchen mit dem Mangel an Nachwuchs zu kämpfen.
  • Dabei wird die Zahl der Verkaufsstellen eigentlich kaum kleiner: nur die kleinen Bäckereien sterben aus.
  • So wie die von Toni Möres. Der Haperscheider sucht einen Käufer für seinen Betrieb.

Kreis Euskirchen – Ein Stück vom Teig abtrennen, wiegen, kneten und aufs Blech legen – die Handgriffe sind für Toni Möres längst Routine. Der Bäckermeister bereitet die Ware für den nächsten Tag vor: Weckmänner. Es ist 16.30 Uhr. Die Bäckerei hat längst geschlossen, Feierabend hat Möres trotzdem nicht. Er ist allein in der großen Backstube. Um ihn herum stapeln sich leere Brotkisten.

Seit mehr als 20 Jahren führt er nun schon die Bäckerei in Harperscheid, nun will er sie verkaufen. Als er sie 1997 von Franz-Josef Jansen übernahm, habe er noch mit sechs bis acht Gesellen in der Backstube gestanden. Mehr als 20 Beschäftigte seien es damals gewesen. Heute hat Möres noch rund zehn Mitarbeiterinnen. Alle im Verkauf, alle auf 450-Euro-Basis. Der Blick des 63-Jährigen auf sein Berufsleben fällt ernüchternd aus. Viel Arbeit, kaum Freizeit, wenig Geld. Und am Ende nicht einmal ein Nachfolger. „Das geht schon alles an die Substanz.“

Was ausstirbt, sind die kleinen Bäckereien

Erschöpft schaut Möres ins Leere. Er hat die Backstube kurz verlassen und sitzt am Küchentisch. Seine Bäckerei ist wohl nicht die einzige im Kreis Euskirchen, die bald schließt. Innungsobermeister Siegwin Zimmer aus Sistig weiß allein von vier anderen Betreibern, die höchstwahrscheinlich keinen Nachfolger finden werden. Im Innungsbezirk Düren-Euskirchen sind noch 47 selbstständig geführte Bäckereien verzeichnet, 22 davon im Kreis Euskirchen.

1990, als die Innung gegründet wurde, seien es noch mehr als 100 gewesen, so Zimmer. Laut Brigitte Ehlen von der Kreishandwerkerschaft ist die Zahl der Bäckereien in den vergangenen zehn Jahren sowohl im Kammerbezirk als auch in Nordrhein-Westfalen um etwa 30 Prozent gesunken. Sterben die Bäcker also aus? Nein, sagt Zimmer. Die Zahl der Betriebe sinke zwar, aber die der Verkaufsstellen sei eigentlich gleich geblieben. „Was leider ausstirbt, sind die kleinen Bäckereien.“ Also Betriebe wie die von Toni Möres.

Keine Berufsschulklassen für Bäcker in Kall

Vor gut sechs Jahren habe er sich zum ersten Mal Gedanken über seine Rente gemacht, erzählt der Harperscheider. Er war bei der Innung und bei der Handwerkskammer, immer auf der Suche nach einem Nachfolger. „Die sagen dir alle, sie helfen dir, aber sie können dir nicht helfen, weil es keine gibt.“ Möres zuckt mit den Achseln. Irgendwann hat er die Suche aufgeben. „Es ist fast aussichtslos, einen Nachfolger zu finden“, bestätigt Zimmer. Er selbst hat Glück: Sein Sohn will den Betrieb eines Tages übernehmen.

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Doch warum wollen nur wenige junge Menschen Bäcker werden? Möres glaubt, es liege an den Arbeitszeiten und der im Vergleich dazu eher geringen Bezahlung. Sieben Tage die Woche arbeite er, immer mindestens zwölf Stunden. „Wenn ich alles hochrechne, gehe ich für drei, vier Euro die Stunde arbeiten. Wer macht das denn?“ Brigitte Ehlen sieht noch ein anderes Problem: die Berufsschulen. Seit Ende des Schuljahres 2013/2014 gibt es am Berufskolleg Kall keine Klassen mehr für Bäcker. Die müssen jetzt nach Aachen, Köln oder Bergheim fahren. Für 16 Jahre alte Auszubildende ohne Führerschein sei das schwierig. Der allgemeine Fachkräftemangel und die Konkurrenz durch Ketten und Discounter machten der Branche zusätzlich zu schaffen.

Kunden fordern Kreativität und Vielfalt

„Es reicht einfach nicht mehr, als Bäcker einfach nur dein Brot zu backen“, meint Zimmer. Heute sei Kreativität gefordert. Die Kunden forderten Vielfalt. Dann aber sei es durchaus möglich, als Bäcker erfolgreich zu sein. So sieht das auch sein Sohn Patrick. Der 30-Jährige glaubt fest an seine Zukunft als Eifelbäcker. Wichtig sei es dabei, mit der Zeit zu gehen. So sollte eine Bäckerei heutzutage auf Facebook, Instagram und Co. vertreten sein.

Für so etwas hat Toni Möres keine Zeit. Er hofft darauf, dass jemand die Bäckerei samt angrenzendem Wohnhaus kauft. 250.000 Euro hat der Makler als Kaufpreis angesetzt. Geld, das Möres für seine Rente braucht. Könnte er heute noch einmal so entscheiden wie 1997, er würde die Selbstständigkeit ablehnen, sagt er. Das Backen gefällt ihm nach wie vor, nur nicht die Arbeit und die Sorgen drumherum.

Möres steht vom Küchentisch auf. Im Flur ist eine Lampe kaputt. „Aber wann soll ich sie reparieren?“, fragt er seufzend. Dann geht er zurück in die Backstube. Die Weckmänner warten.

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