Die Gemeinde Blankenheim setzt als erste Kommune im Kreis Euskirchen das New-Work-Konzept im Rathaus um.
New WorkIm Blankenheimer Rathaus können die Mitarbeiter am Schreibtisch radeln

Zufrieden mit der Umsetzung des New-Work-Konzeptes sind Herbert Schmidt (v.l.) und Petra Schumacher-Hendus von der Dienstleistungsgenossenschaft Eifel, Beraterin Khristin Randazzo und Bürgermeisterin Jennifer Meuren.
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Als erste Kommune im Kreis Euskirchen hat die Gemeinde Blankenheim die Verwaltungsbüros nach dem New-Work-Konzept umgestaltet. Wenigstens teilweise. Statt „Zellenbüros“ gibt es die offene Großfläche, und wer will, kann sich wie beim Barfußgehen auf Sand fühlen.
„Ich hatte mehrere Bandscheibenvorfälle“, berichtet Jutta Weingartz-Jüngling, Sachbearbeiterin für Friedhofsangelegenheiten. Sie steht vor ihrem Arbeitsplatz. Die Schreibtischplatte ist auf einem Niveau leicht über Hüfthöhe eingestellt. Sie hat die Schuhe ausgezogen und unter den Füßen nicht den Standardboden, sondern eine schwarze Kybun-Matte. „Das gibt ihr ein Gefühl, als ob sie barfuß auf Sand gehen würde“, so Khristin Randazzo von „Elaan Wellbeing at Work“ aus Niederkassel. Und tatsächlich wirkt Weingartz-Jüngling zufrieden: „Mein Körper wird so bei der Arbeit perfekt ausbalanciert. Die Matte nutze ich fast täglich.“
Durch das Konzept wird auch die Gesundheit gefördert
Die gesundheitsfördernden Effekte bei der Büroarbeit sind gewollt und vom Gemeinderat für den Einzug ins neue Rathaus im einstigen Konsum beschlossen. Über das Unternehmernetzwerk Dienstleistungsgenossenschaft Eifel wurde Kontakt zur Fachfrau Randazzo aufgenommen. Die Kybun-Matten sind jetzt ein Ergebnis des New-Work-Konzeptes, mit dem die Blankenheimer neue Wege bei der Gestaltung der Arbeitsumgebung gehen.
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Schon vor dem Umzug hatte man im Sitzungssaal des alten Rathauses auf einer Testfläche Varianten der neuen Bürolandschaft ausprobiert und wie in einem Großraumbüro verteilte Arbeitsplätze eingerichtet, die offen und flexibel gestaltet sind. Erfahrungen und Tipps für die Umsetzung nach dem Umzug wurden gesammelt. „Das war ein tolles Team“, ist Randazzo begeistert.

Verwaltungsmitarbeiterin Lorena Elz sitzt auf dem Desk Bike, Beraterin Khristin Randazzo deutet an, dass sie den Sattel natürlich stufenlos verstellen kann.
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So wurde bei der Sanierung des Gebäudes im Dachgeschoss auf Trennwände für herkömmliche Zellenbüros verzichtet. Stattdessen kann sich auch Lorena Elz, Sachbearbeiterin für Grundstücksangelegenheiten, ihren Arbeitsplatz weitgehend frei gestalten. Sie sitzt auf einem Desk Bike und radelt zur Entspannung, während sie am PC arbeitet.
Wenn sie mag, kann sie auch ihren Job-Laptop nutzen und etwa ein paar Meter weiter in den Besprechungs- und Pausenraum „Falkennest“ umziehen. Alles mit dem unstrittig schönsten Blick auf die Burg, den man aus dem kernsanierten Altbau haben kann. Mit der bloßen Einrichtung und der Bereitstellung von mobilen Trennwänden zur Gestaltung von etwas mehr Rückzugsraum ist es bei New Work aber nicht getan.
Es geht auch um Achtsamkeit. Jeder Mitarbeitende muss das Gefühl haben, dass er seinen eigenen Arbeitsplatz hat.
„Es geht auch um Achtsamkeit. Jeder Mitarbeitende muss das Gefühl haben, dass er seinen eigenen Arbeitsplatz hat“, so Beraterin Randazzo. Dafür wurde der etwas pathetisch klingende Begriff des „Heimathafens“ gefunden. Das soll innerhalb des Verwaltungsbaus der Arbeitsplatz sein, der jedem immer garantiert ist, auch wenn er, was laut Bürgermeisterin Jennifer Meuren vorkommt, fast die komplette Arbeitswoche im Homeoffice ist.
Alle Räume haben Namen mit einem Bezug zu Blankenheim
Ist der Mitarbeitende so lange gar nicht an seinem „Heimathafen“, kann das durchaus im Widerspruch zum Prinzip des „Clean Desk“ der schönen neuen Büro-Arbeitswelt stehen. „Sauberer Tisch“ meint, dass er möglichst frei von persönlichen Gegenständen sein soll, da einige Arbeitsplätze auch von anderen genutzt werden können. Die Büros der Bürgermeisterin oder der Fachbereichsleiter sind davon eher ausgenommen. Der Grundgedanke dahinter geht so weit, dass sogar das Aufhängen von Bildern oder anderem an den Bürowänden nur nach Überprüfung durch den Wandplan erlaubt ist. Das hat aber auch ganz praktische Gründe: Hinter manchen Vertikalen verbirgt sich schlicht die Heizung.
Anderes wiederum soll identitätsstiftend fürs Rathausteam wirken: Alle Ebenen und Räume haben Namen, die das Team vorgeschlagen hat. Statt beispielsweise einem Raum 1.020 gibt es in Blankenheim im Erdgeschoss den Besprechungs- und Sitzungsraum Süntelbuche. Alle Räume haben einen Bezug zu Örtlichkeiten im Gemeindegebiet. Die drei Geschossebenen heißen zudem Natur, Wasser oder Burg.
Im Werben um neue Fachkräfte kann New Work den Blankenheimern helfen
Martin Peetz, Sachbearbeiter Tiefbau/Grünflächen, gehört zur älteren Generation im „Drei-Generationen-Haus“ der Verwaltung, wie es Bürgermeisterin Meuren nennt. Wie findet er für seine letzten Monate vor der Rente die neue Umgebung? „Man gewöhnt sich dran“, sagt er eifeltypisch knapp. Rundum glücklich klingt irgendwie anders. Positiv sei, dass er von seinem Schreibtisch im Großraumbüro des Dachgeschosses den direkten Draht zu seinem Team habe.
Offen ist sein der Wunsch nach einem eigenen Raum fürs Team. Wichtig ist ihm, dass er sich aus den bereitgestellten mobilen Trennelementen einen Sicht- und Schallschutz bauen kann. Und was ihm einfach fehlt ist „die Wand im Rücken, die ich gerne habe“. Das sind keine besonderen Extrawürste. Es geht um Kompromisse.
Rund 38.000 Euro für zum Teil neue Büromöbel – einiges wurde mit umgezogen – hat die Gemeinde die New-Work-Ausstattung gekostet, dazu kommen 2500 Euro Beratungskosten für Khristin Randazzo. Als Vorbild diente der vielgelobte neue Campus der Zurich Versicherung in Köln, den Bürgermeisterin Meuren 2022 besichtigt hatte. Es ist ein Projekt nicht nur zum Wohle der Gesundheit.
Genauso wichtig ist, dass sich die Gemeinde Blankenheim bei der Fachkräftesuche in Konkurrenz nicht nur zu anderen Verwaltungen behaupten muss. „Junge Bewerber schauen genau hin, was ihnen geboten wird“, so Beraterin Randazzo. Nicht nur ihr sei klar: Attraktiv gestaltete Arbeitsplätze sprechen Bewerber und Bewerberinnen eher an – und versprechen bessere Leistungen.

