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Eine der größten AnlagenAuf 300 Metern wird an der B51 Strom aus Wind und Sonne gespeichert

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Auf 300 Metern wird an der B51 ein großes Batteriespeicherwerk gebaut. Ein roter Kran setzt die Elemente auf die Fundamente.

70 Batteriespeichereinheiten und 35 Mittelspannungsblöcke bilden das Speicherwerk bei Dahlem. Die Anlage, die im Herbst 2026 ans Netz gehen soll, wird eine der größten ihrer Art in Deutschland.

Für um die 100 Millionen Euro entsteht bei Dahlem die Großspeicheranlage. Sie soll 2026 ans Netz gehen und hat eine Kapazität von 203 Megawattstunden.

Einer der größten Batteriegroßspeicher Deutschlands wird derzeit an der B51 bei Dahlem gebaut. Die Anlage der Münchner Kyon Energy Solutions GmbH wird eine Nennleistung von 100 Megawatt und eine verwendbare Speicherkapazität von 203 Megawattstunden haben. Die Investition der Total-Energies-Tochter Kyon liegt im hohen zweistelligen Millionen-Bereich. Für Herbst 2026 ist die Inbetriebnahme geplant.

Auf vier Containerschiffen, verladen als TEU (Twenty-Foot Equivalent Units, der 20-Fuß-Standardgröße für Schiffscontainer), haben die 70 Batteriespeichereinheiten des französischen Herstellers SAFT aus dessen chinesischem Werk Europa erreicht. Die 35 ebenfalls 20-Fuß großen Mittelspannungsleistungsstationen sind aus Sizilien auf den Weg in die Eifel geschickt worden.

105 Container sind zur Baustelle an der B51 bei Dahlem gebracht worden

Insgesamt 105 Container sind zur Baustelle an der B51 bei Dahlem gebracht worden und die Elemente des Speicherwerks direkt mit einem 400-Tonnen Schwerlastkran auf das wie ein Steckfeld aussehende Muster der Betonfundamente aufgestellt worden. Über eine Strecke von mehr als 300 Metern war genau vorgegeben, wo ein Batteriespeichercontainer steht und wo, leicht versetzt, die benötigte Mittelspannungsleistungsstation.

Das Kran-Team des Schwerlast-Logistikers Colonia machte sich an die Arbeit. Es war einiges zu bewegen. Jeder der 70 Batteriecontainer wiegt 33,5 Tonnen, ohne das Trägerelement für die vier Betonblöcke an den Ecken. Ein Block ist 6,05 Meter lang, 2,44 Meter breit und 2,59 Meter hoch, aufgestellt sind sie in Zweierreihen. Daneben sind die 35 jeweils 18 Tonnen schweren Mittelspannungsleistungsstationen.

Sechs weiße 20-Fuß-Container sind auf Fundamente gesetzt worden.

33,5 und 18 Tonnen wiegen die Blöcke, die per Schwerlastkran auf die Fundamente gesetzt werden.

Das Porträt zeigt Dr. Markus Reichenberger von der Firma Kyon Energy vor einer grünen Wand.

Dr. Markus Reichenberger, Head of Project Management bei Kyon Energy, ist Leiter des Projekts in Dahlem.

Anlagen wie diese sind ein Schlüsselelement für die Energiewende. Sie dienen dazu, Energie bei Überschuss im Stromnetz aufzunehmen, zwischenzuspeichern und bei Bedarf ins Umspannwerk des Verteilnetzbetreibers Westnetz nebenan einzuspeisen. Eingesetzt werden sie zur Bereitstellung von Primär- und Sekundärreserven für die Stabilisierung des Stromnetzes sowie zum Handel am Strommarkt.

Für diesen Prozess müssen die 110.000 Volt Spannung des Stromnetzes auf 20.000 Volt Mittelspannung und dann auf die 1500 Volt Niederspannung für die Batterieeinheiten heruntertransformiert sowie Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt werden. Bei der Einspeisung entsprechend umgekehrt. „Deshalb bauen wir ein eigenes Umspannwerk, dazu kommen die Gebäude für Schaltanlagen und die Steuerung“, so Dr. Markus Reichenberger, Head of Project Management bei Kyon und Leiter des Projektes in Dahlem.

Der Speicher in Dahlem zählt zu den größten in Deutschland

Ein Speicher dieser Dimension wird von Kyon nach eigenen Angaben auch im niedersächsischen Alfeld gebaut. „Deutschlandweit werden die Batteriegroßspeicher in Dahlem und in Alfeld derzeit zu den größten gehören“, so Reichenberger. Jedoch: Zur Erreichung der Energiewende, wie sie die Bundesnetzagentur plant, werden nach Einschätzung Reichenbergers weitere 674 ebenso dimensionierter Anlagen deutschlandweit nötig. Angestrebt wird im Netzentwicklungsplan eine Leistung von mindestens 67,6 Gigawatt bis 2037. Bezogen auf die derzeit verbauten 2,3 GW an Großbatteriespeicher-Leistung wird ein Ausbau um das 30-Fache benötigt.

Deutschlandweit werden die Batteriegroßspeicher in Dahlem und in Alfeld derzeit zu den größten gehören.
Dr. Markus Reichenberger, Projektleiter Kyon Energy

Man sei mit dem Großprojekt bislang vor dem Zeitplan, so Reichenberger zum Baufortschritt an der B51. Im November beginnt die Arbeit an der Elektroinstallation, dafür sind mehrere Monate geplant. Die Transformatoren für das Umspannwerk werden bis Ende des Jahres geliefert. Der Netzanschluss ist für das erste Quartal 2026 geplant, der kommerzielle Betrieb soll im Herbst 2026 beginnen.

Der Batteriespeicher wird die Gemeinde Dahlem mit einem Schlag noch weiter nach vorne in die Champions League der, bezogen auf die Einwohnerzahl, leistungsstärksten Kommunen bei der Erzeugung regenerativer Energien bringen. Der neue Speicher speist sich aus dem Strom der zahlreichen Windkraftanlagen in der Umgebung, ebenso aus den im Gemeindegebiet auf 100 Hektar vorgesehenen Photovoltaik-Freiflächenanlagen, wenn diese denn gebaut sind. Nach Angaben von Kyon ist die Anlage recht langlebig. „Der Speicher wird 17, vielleicht sogar 20 Jahre lang laufen“, so Reichenberger.

Die Anlage soll der Gemeinde eine Million Euro Gewerbesteuer bescheren

Die Verantwortlichen im Rathaus wird's freuen: Pro Jahr dürften rund eine Million Euro an Gewerbesteuereinnahmen in die Gemeindekasse fließen. Das ist für einen einzelnen Gewerbesteuerzahler in der kleinen Gemeinde genauso rekordverdächtig, wie das Investitionsvolumen. Seit der Projektvorstellung in den politischen Gremien im Oktober 2023 kursiert unwidersprochen die Summe von 100 Millionen Euro. Von einem hohen zweistelligen Millionen-Bereich spricht Reichenberger.

Derzeit kann man den Fortgang der Bauarbeiten von der B51 aus verfolgen, künftig wird das etwas unterhalb des Straßenniveaus liegende Betriebsgelände nicht mehr so einfach einzusehen sein. Teil des Bebauungsplans ist auch die Anpflanzung einer Sichtschutzhecke mit klimaresistenten Baumarten. Einen Blick auf die Anlage gibt's dann von einer Brücke über die B51, die zu einzelnen Bauernhöfen führt.

So wuchtig der Batteriespeicher von oben dann wirken mag – auf den Naturschutz habe man geachtet, so Reichenberger: „Wir haben beispielsweise in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde eine rund 50 Meter breite Flugschneise zwischen unserem Umspannwerk und dem Speicherblock gelassen, um den Austausch von Nachtschwärmern – eine Schmetterlingsart – zwischen den beiden benachbarten Naturschutzgebieten zu ermöglichen.“ Ausdrücklich bedankt er sich für die pragmatische und wertschätzende Zusammenarbeit mit der Gemeinde, mit den verschiedenen Ämtern und den Anwohnern: „Wir erhalten viel positiven Zuspruch und fühlen uns hier sehr willkommen.“

Wer künftig von der Brücke aus auf die Anlage schaut, wird dort in der Regel niemanden sehen. Das Betriebsgelände des Großspeichers wird stark gesichert und videoüberwacht sein. Per Remote-Schnittstelle wird es online gesteuert und kontrolliert.


Die Funktionsweise

Wie funktioniert ein Batteriespeicher? Das Medium sind Lithium-Ionen-Batterien, die elektrische Energie elektrotechnisch zwischenspeichern können. Die Speicheranlage nimmt überschüssige Energie auf oder gibt benötigte Energie ins Versorgungsnetz ab. Der Wechselrichter wandelt die im Speicher vorhandene Gleichspannung während des Entladens in Wechselspannung um.

Während des Ladens wiederum läuft dieser Vorgang entgegengesetzt ab: Aus Wechsel- wird Gleichspannung. Die Wechselrichter sind über die Transformatoren mit dem 110 kV-Netz zum nahen Umspannwerk verbunden. Aufgrund der hohen Anschlussleistung muss die Anbindung auch möglichst nahe erfolgen, ein alternativer Standort war daher von vorneherein ausgeschlossen.