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Drei ProjekteDahlemer Politiker sagen Ja zur Photovoltaik und Nein zu weiteren Windrädern

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In einer Wiese steckt ein rot-weißer Markierungsstab. Auf dem Areal bei Dahlem-Schmidtheim soll eine Photovoltaik-Anlage gebaut werden.

Jetzt darf gebaut werden: Der Gemeinderat hat der Flächennutzungsplanänderung für eine Wiese nördlich von Schmidtheim zugestimmt.

Der Dahlemer Gemeinderat trifft seine letzten Entscheidungen und bilanziert die vergangenen fünf Jahre.

Bevor der neue Gemeinderat mit der konstituierenden Sitzung am 13. November das Ruder übernimmt, war für die bisherige Konstellation Zeit, Bilanz zu ziehen, Abschied zu nehmen – und die letzten Beschlüsse zu fassen. So wurden Änderungen des Flächennutzungsplans für zwei umstrittene PV-Freiflächenprojekte bei Schmidtheim genehmigt. Insgesamt 28 Hektar Grünland und Weidefläche können nun mit aufgeständerten PV-Modulen bebaut werden.

130 Sitzungen der politischen Gremien haben in den vergangenen fünf Jahren stattgefunden, davon 36 Sitzungen des Gemeinderates. Es wurden 1200 Beschlüsse gefasst, davon 1050 einstimmig. Was Bürgermeister Jan Lembach vortrug, vermittelte den Eindruck eines schiedlich-friedlichen politischen Betriebs. Das stimmt zwar im Großen und Ganzen, aber eben nicht immer.

Zwei Photovoltaik-Projekte bei Schmidtheim können realisiert werden

Das zeigte sich auch in der Abschlusssitzung. Es ging erneut um die Pläne der MK solutions & consulting, auf insgesamt gut 28 Hektar bei Schmidtheim zwei Freiflächen-Photovoltaikanlagen umzusetzen. An der B51 (13 Hektar) hatte die Absicht zwischenzeitlich zum Baustopp geführt, ein routinemäßig eingesetzter Kampfmittelräumdienst musste die Sondierung unterbrechen. Knackpunkt: Auf Teilen der Fläche ist der FFH-Lebensraumtyp 6510 und 6511 nachgewiesen und eine Überbauung nach Bundesnaturschutzgesetz untersagt.

Zudem mahnen Kritiker – neben einem Anlieger auch Bündnis 90/Die Grünen – eine aus ihrer Sicht nicht korrekte Biotopkartierung auf Basis einer nicht fachkundigen Begehung des Areals im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) an. Sie fordern ein zweites Fachgutachten.

Zwei Frauen und vier Männer stehen im Sitzungssaal des Rathauses in Schmidtheim.

Zum Abschied gab es Blumen und Geschenke für sechs ausscheidende Gemeinderäte. Manfred Raspe (SPD) war 21 Jahre dabei, lange auch Manfred Braun (CDU), Ortsbürgermeister von Berk. Kürzere Ehrenamtszeiten hatten Verena Brandenburg (SPD), Pascal Mertens und Charlotte Hütter (beide CDU) sowie Markus Schäfer (FDP).

Alle Kritikpunkte werden von der Verwaltung in ihrer Stellungnahme zu den Bedenken aus der zweiten Offenlagerunde zurückgewiesen. Auch die UNB sieht derzeit keine berechtigten Beanstandungen. Es würden ausreichende Ausgleichsflächen in gleicher Biotopqualität geschaffen. Bei zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen erhielt das Projekt grünes Licht.

Ein anderes Detail, das die weiteren Planungen nicht beeinträchtigt, könnte dagegen noch für Spannung sorgen: Parallel zur B51 verläuft in dem Bereich die einst von den Römern gebaute Agrippastraße zwischen Köln und Trier. Deren exakter Trassenverlauf ist wenige Kilometer weiter Richtung Blankenheim unweit der B51 auf rund 300 Metern in einem Feld markiert. Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege hat auch für den Agrippastraßen-Streifen nahe des geplanten PV-Areals – heute ein Feldweg – festgestellt, dass sich hier eine genauere Untersuchung anbieten würde. Ob und wann das geschieht, ist derzeit offen.

Eine Hecke wird nun anderes bewertet und kann weg

Auch für die zweite, 15,7 Hektar große Anlage erhielt MK solutions mit Geschäftsführer Michael Kohlstadt nun das gemeindliche Okay. Zuvor hatte die Untere Naturschutzbehörde aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen eine Art Kehrtwende in ihrer Einschätzung des ökologischen Werts einer Hecke mit „Überhältern“ auf dem Areal rund 200 Meter nördlich von Schmidtheim und unmittelbar am Waldrand vollzogen. Ratsherr Ulrich Böttger sprach von „umfallen“.

In einer ersten Stellungnahme hatte die UNB den Heckenerhalt gefordert, was die Rentabilität des ganzen Vorhabens aus Sicht von Kohlstadt gefährdet hätte.

Politiker lehnen zwei weitere Windräder bei Berk ab

Dann korrigierte sich die Behörde im Anschluss an eine erneute Begehung. Die Hecke werde „abweichend von der Stellungnahme aus der Beteiligung öffentlicher Belange als nicht besonders ökologisch wertvoll eingeschätzt, so dass diese entfallen kann, wenn die Struktur entsprechend kompensiert wird“, heißt es in der Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt.

Das bezeichnete Böttger als „nicht nachvollziehbar“, seine Fraktion lehne die PV-Anlage daher nach wie vor ab. Auch Martin Diefenbach, der stellvertretende Fraktionschef der CDU, sprach sich dagegen aus: „Das ist für mich zu nah am Ort und am Friedhof von Schmidtheim.“

Nach einer erneut hitzigen Debatte – Bürgermeister Lembach entzog Böttger offiziell das Wort und sprach von „politischer Hetze, die wir in diesen Zeiten am wenigsten gebrauchen können“ – musste über die Beschlussvorschläge einzeln abgestimmt werden. Mal gab es zwei, mal vier Gegenstimmen und zwei oder drei Enthaltungen. In beiden Fällen regelt nun der aufzustellende Bebauungsplan nur noch die Details.

Ihr Einvernehmen verweigert die Gemeinde dagegen weiterhin dem Bau von zwei weiteren Windkraftanlagen westlich von Berk, die eine Nabenhöhe von 162 Metern und eine Gesamthöhe von 249,50 Metern haben sollen. Die Standorte befänden sich außerhalb der im künftigen Regionalplan ausgewiesenen Windkraftflächen. Ein Moratorium der Landesregierung setzt eine mögliche Entscheidung an solchen Standorten zudem bis Mitte Februar 2026 aus. Bei vier Enthaltungen wurde das Nein bestätigt.


Bürokratie-Irrsinn verlangt: „Wir sind keine Terroristen“

Eine scharfe Bürokratiekritik übte Bürgermeister Jan Lembach im Rahmen der Bilanz zur abgelaufenen Wahlperiode: „Das ist erdrückend.“ Anforderungen, die Behörden an die Gemeinde stellten, nötige Belege, Nachweise, Kontrollen, der Datenschutz – das alles belaste den Arbeitsalltag im Schmidtheimer Rathaus massiv.

Eine Besserung sei nicht in Sicht. Stattdessen ist Lembachs Eindruck: „Eine Spirale, die sich immer weiterdreht.“ Ein Beispiel machte den Gemeinderat dann wahlweise sprachlos, sorgte für Empörung oder löste Heiterkeit aus: Für den Förderantrag „Revier gestalten“ der Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH habe die Gemeinde schriftlich bestätigen müssen, „dass wir nicht zu einer terroristischen Vereinigung gehören und auch die beantragten Gelder nicht zur Förderung einer terroristischen Vereinigung dienen“. 


Die Kassenlage ist nicht so schlimm wie befürchtet

Bei allen Unstimmigkeiten in Sachen Photovoltaikanlagen: Eröffnet wurde die Tagesordnung mit einem erfreulichen Haushaltsminus – wenn man so will. Der Etat 2024 weist einen Fehlbetrag in Höhe von 646.586,68 Euro auf. Er wird über die Allgemeine Rücklage ausgeglichen. Vor allem aber: Gegenüber dem im Haushaltsplan angenommenen Fehlbetrag in Höhe von 2.814.150,00 Euro sind das 2.167.563,32 Euro weniger.

Kein Wunder, so Kämmerer Frank Hütter. Man habe vielmehr hohe Gewerbesteuermindereinnahmen angenommen, stattdessen aber fast eine Million mehr als erwartet von anderer Seite erhalten. Zudem wurde statt investiert eher im Bestand saniert. Darüber hinaus fehlen im Personaletat noch die Gehaltskosten des neuen Energiemanagers der Gemeinde Dahlem, die erst in diesem Jahr anfallen werden.