Nach der Flut in EuskirchenDie Eifel kämpft gegen den Borkenkäfer

Lesezeit 4 Minuten
Ein etwa 1,70 Meter tiefes Loch zeigt Markus Wunsch. Die Wassermassen haben es in den Waldweg gegraben.

Ein etwa 1,70 Meter tiefes Loch zeigt Markus Wunsch. Die Wassermassen haben es in den Waldweg gegraben.

Schleiden – Eigentlich ist der Wald am Hang des Gemünder Wackerbergs ein Musterbeispiel für einen gesunden Mischwald. Kiefern wechseln sich mit Fichten ab. Eichen und Buchen sind hier auch zu finden. Unter den alten Fichten arbeiten sich die jungen Bäume in die Höhe. Doch das Bild vom gesunden Wald täuscht. Auch dieser Bestand ist krank. Bei jedem Windstoß rieseln braune Nadeln aus der Höhe. „Seit der Flut sehen wir nur noch solche Bilder“, sagt Markus Wunsch, Revierförster in Schleiden vom Regionalforstamt Hocheifel/Zülpicher Börde.

Zu Heiterkeit sind die Forstleute ohnehin seit mehr als drei Jahren nicht aufgelegt. Der Borkenkäferbefall der Fichten und die trockenen Sommer haben für große Schäden gesorgt. Das kühle Frühjahr und viel Regen ließen die Förster aber hoffen – die Lage schien sich dieses Jahr etwas zu entspannen.

„Vor der Flut dachten wir, wir hätten die Situation einigermaßen im Griff“

Aber seit der Hochwasserkatastrophe ist auch im vierten Jahr der Käferkalamität die Lage wieder sehr bedenklich. Dabei ist die wieder aufgeflammte Borkenkäferplage streng genommen nur eine indirekte Folge des Starkregenereignisses. „Vor der Flut hatten wir den Eindruck, wir hätten die Situation einigermaßen im Griff“, sagt Wunsch. Drei Dürrejahre in Folge mit zu wenig Niederschlägen waren eine Ursache für die massive Ausbreitung von Borkenkäfern in den deutschen Wäldern. Denn die Bäume wehren sich mit Harz gegen die Käfer, mit dem sie sie einschließen. Dazu aber benötigen die Fichten Wasser – und das gab es nicht in ausreichender Menge.

Eigentlich sei in den Eifeler Wäldern – wie am Wackerberg, an dem Wunsch und Regionalforstamtsleiter Christoph Böltz die Situation zeigen – vor zwei Monaten noch nichts nennenswertes in Sachen Borkenkäfer zu sehen gewesen. Und wenn doch ein kranker Baum entdeckt wurde, kamen die Forstarbeiter und entfernten ihn so zügig wie möglich.

Flutkatastrophe: „Wir waren etwa sechs Wochen nicht im Wald“

Doch dann kam die Flut – und die Forstarbeiter wurden in den Katastrophengebieten dringend gebraucht. „Wir waren etwa sechs Wochen nicht im Wald“, so Wunsch. Seitdem seien alleine in seinem Revier rund 8000 Festmeter befallenes Fichtenholz sichtbar geworden.

Er selbst sei in der Katastrophenhilfe eingesetzt worden, so Wunsch. Die Unternehmer und ihre Mitarbeiter haben über Wochen mit ihren Harvestern und Maschinen geholfen, den Flutmüll aus den Katastrophengebieten zu schaffen oder Brückendurchlässe frei zu machen.

Dazu sei das Regionalforstamt, das im ebenfalls überschwemmten Holzkompetenzzentrum in Nettersheim untergebracht ist, zuerst einmal nicht voll einsatzfähig gewesen. Das Erdgeschoß werde derzeit saniert. Mehrere Mitarbeiter seien im Homeoffice, sagt Böltz.

Das könnte Sie auch interessieren:

Durch das zerstörte Wegenetz seien viele Stellen im Wald nicht erreichbar gewesen. Denn die Flutkatastrophe hatte ihren Ursprung auch in den Wäldern, die die enormen Regenmengen nicht mehr aufnehmen konnten. In seinem Revier seien die Wege bereits gegen Mittag des 14. Juli überspült gewesen, als andernorts noch kaum etwas zu sehen gewesen sei, berichtet Wunsch. „Ich habe den Unternehmern nur noch gesagt, sie sollen sofort raus aus den Wäldern und ihre Maschinen in Sicherheit bringen“, sagt er.

So hat auch das Wegenetz im Wald massive Schäden davongetragen. Rund 1,70 Meter tief ist ein Loch im Weg, das Wunsch zeigt. „Hier kann keine 16-Tonnen-Maschine entlangfahren“, sagt Wunsch. Das sei allerdings dringend nötig. Denn genau in dem angrenzenden Waldstück sei wieder Käferbefall zu sehen. „Doch über diesen Weg bekommen wir das Holz nicht aus dem Wald“, sorgt er sich. Ein Unternehmer sei auch in den nächsten zwei Wochen nicht verfügbar, weil er wieder in Schleiden im Räumeinsatz sei.

„Man fühlt sich wie ein Totengräber“

Die augenblickliche Situation zehre an den Nerven aller Beteiligten. „Man fühlt sich wie ein Totengräber“, sagt Wunsch. Dabei stehe der Wald und die Natur eigentlich für Leben. „Jetzt geht der Käfer sogar in die Altbestände“, stellt Böltz fest. Und noch ein Umstand erschwere die Erkennung: Durch den vielen Regen sei das Bohrmehl weggespült worden. Und das sei ein sicherer Indikator für den Borkenkäferbefall. Auch die Regenmengen in diesem Jahr helfen in diesen Wochen noch nicht. „Bäume reagieren langsam“, erläutert Wunsch. Zwar sei mittlerweile genügend Wasser im Boden. Doch nach den Dürrejahren haben die Fichten Probleme, das Wasser aufzunehmen. „Die Feinwurzeln der Bäume sind in den trockenen Zeiten geschädigt worden“, so Böltz.

Bis zum nächsten Februar werde der Borkenkäferbefall die Förster in Atem halten, erwartet Böltz. Erst über den Winter bilden die Bäume Harz aus und können sich im nächsten Frühjahr gegen die Parasiten wehren. Denn dann kommen die Borkenkäfer aus ihren Winterquartieren im Boden oder der Rinde und wollen ihren Vernichtungsfeldzug fortsetzen. „Das ist ihre Biologie“, so Böltz.

KStA abonnieren