Dressurturnier in OberwichterichSchlechte Struktur im Kreisverband angeprangert

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Dressurchampionat

Vor allem junge Pferde traten am ersten Turnierwochenende in Oberwichterich zu Dressurprüfungen an. 

Euskirchen-Oberwichterich – Die Ortschaft Oberwichterich ist übersichtlich klein. Doch an den beiden vergangenen Wochenenden waren viele Reiter mit ihren Pferden aus Deutschland und Luxemburg zu Prüfungen und zum Championat im Dressurreiten vor Ort, darunter deutsche Meister und Ausbilderinnen von Olympia-Gold-Pferden und Weltmeistern. Rolf Radzuweit, Vorsitzender des ausrichtenden Reitvereins St. Georg Euskirchen, führt das auf die Prüfungsangebote, Preisgelder, Platzverhältnisse und das stimmige Ambiente zurück.

Jungpferdeprüfung im Vordergrund

In den Prüfungen wird der Ausbildungsstand der Pferde festgestellt. Am ersten Wochenende standen unter anderem die Jungpferde im Vordergrund. „Wir beginnen die Ausbildung der Pferde meist mit vier Jahren“, erklärt Barbara Hilgers aus Neuss, die mit ihrem Pferd und Nicole Fahrig als Reiterin angereist ist. „Die L-Prüfung ist beispielsweise nur für Pferde bis sechs Jahren da. Pferde müssen sich entwickeln. Wer zu früh sein Pferd überlastet, riskiert spätere gesundheitliche Schäden.“

Erste Prüfungswertung: Mia Rick mit Pferd Nydal’s Pretty Boy Sean.

Erste Prüfungswertung: Mia Rick mit Pferd Nydal’s Pretty Boy Sean.

Aus den Gesprächen am Rande des Turniers wird schnell deutlich, dass das Tier im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht und nicht nur kurzfristige Erfolge. So tritt eine der wenigen Euskirchener Reiterinnen, Tina Buchstaller, mit dem 22 Jahre alten Pferd Hohenzollern Quatro an. Obwohl es das älteste Pferd der Veranstaltung ist, lässt es die Konkurrenz hinter sich. Buchstaller, die für den Ausrichter antritt, verzichtet diesmal auf den ausgelobten Titel „Beste Reiterin im Kreis Euskirchen“. Ohne Mitstreiter aus dem Kreis sei der Titel nicht fair.

Erftbastei in Euskirchen einer der schönsten Turnierplätze

Dass so wenige Teilnehmer aus dem Kreis Euskirchen präsent sind, findet Radzuweit sehr bedauerlich. Für ihn ist das die Folge jahrelanger Vernachlässigung des Pferdesports im Kreis: „Die Erftbastei in Euskirchen galt einmal als einer der schönsten Reitturnierplätze Deutschlands. Schockemöhle und Winkler sind dort geritten und viele andere Größen des internationalen Reitsports.“ Heute befindet sich an der Stelle der Erfttreff mit dem „Grünen Klassenzimmer“. Von den früheren Reitplätzen ist nichts mehr zu sehen. Kleinliches und eigennütziges Denken der Beteiligten und eine schlechte Struktur innerhalb des Kreisverbandes für Pferdesport seien ursächlich.

„Junge talentierte Reiter melden sich heute in Vereinen anderer Kreise an, weil es hier kaum noch Möglichkeiten gibt, an Turnieren teilzunehmen und ernstzunehmende Erfolge zu erzielen“, ärgert sich Radzuweit. Mehr als 13 Reitturnierveranstalter seien in den vergangenen 25 Jahren im Kreis Euskirchen ohne erkennbare Reaktion des Kreisverbandes verschwunden.

Irmgard Schewe kennt Porblematiken des Turniersports

Auch die inzwischen 100-jährige Irmgard Schewe, die selbst 65 Jahre geritten ist, kennt die Problematik des Turniersports im Kreis Euskirchen. Bis heute ist sie Sponsorin des RV St. Georg und denkt wehmütig an die Tage zurück, als der Kreis Euskirchen im Reitsport eine Größe war: „Leider geht der Turniersport zurück.“ Ohne Sponsoren wie sie, ließen sich Turniere überhaupt nicht durchführen.

Ihr Sohn, Stefan Schewe, ist mit mehr als 150 Siegen im Springen, darunter beim Weltcup in Dortmund gegen internationale Elite, der wohl erfolgreichste Springreiter im Kreis.

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Anwesend sind auch Tierärztin Ricarda Landenberger und ihr junger Kollege Philipp Jansen, der noch studiert. Sie überprüfen die Impfpässe und den Gesundheitszustand der Pferde. „Ohne gültigen Impfpass darf hier kein Pferd teilnehmen“, erklärt sie. Von ihr ist auch zu erfahren, dass es um Tierärzte für Pferde schlecht bestellt ist: „Selbst Tierkliniken haben nicht mehr das Personal, an Wochenenden Notdienste anzubieten.“ Neue Arbeitsschutzbestimmungen verbieten es Tierärzten, weniger als elf Stunden Pause zwischen den Einsätzen zu haben. Damit bleiben Notdienstzeiten unbesetzt, was für Pferde riskant werden kann.

„Die teilnehmenden Pferde können mit guter Ausbildung schon mal 500 000 Euro kosten. Wir hatten auch schon Pferde von über einer Millionen dabei,“ erinnert sich Radzuweit und macht damit deutlich, welche Bedeutung Prüfungen für den Wert eines Pferdes haben.

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